Impulstanz

Grand Jeté mit Übergewicht

Ein Showman, der den Glitzer gar nicht braucht: Olivier Dubois.
Ein Showman, der den Glitzer gar nicht braucht: Olivier Dubois.Impulstanz / Julien Benhamou
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Olivier Dubois verausgabt sich in seinem Solo auf der Burgtheaterbühne. Mit dem spröden Wiener Publikum hat er es schwer.

Am Ende genießt Olivier Dubois das Bad in der Menge. Mit jeder Menge Glitzer, der an seinem schweißnassen Körper von allein kleben bleibt, und im Fake-Pelz, den er für seine Strahlkraft gar nicht braucht, tanzt er mit dem Publikum. Zwar hat er in „My body of coming forth by day“ (noch einmal: heute, 22.7., 21 Uhr, Burgtheater/Seiteneingang) mehr als eine Stunde lang vorexerziert, dass man sich beim Tanzen auch dann ins Zeug legen darf, wenn man keinen schlanken Körper hat und/oder nicht perfekt ist – aber die meisten shaken dann doch eher verhalten mit. Wenn überhaupt.

Dubois hatte es an diesem Abend nicht leicht. Dabei ist er so etwas wie eine Naturgewalt. Mitreißend. Fordernd. Schonungslos. Ein Tänzer, der sich verausgabt, bis er so nach Atem ringt, dass man befürchtet, er könnte gleich zusammenklappen. Und der auch von den Zuschauern ihren Einsatz fordert. Aber es ist wie im Zirkus. Kaum jemand will hinaus gehen und sich auf den Sessel setzen, ohne zu wissen, was dann geschehen wird. Spoiler: Alles ganz harmlos.

Narben, Schweiß und Blut

Dubois lässt das Publikum Kärtchen ziehen. Darauf stehen Choreografien, die er im Lauf seiner Karriere getanzt hat – für Sasha Waltz, Jan Fabre, Angelin Preljocaj und andere. Dann erklärt er die Szenerie und zeigt einen kleinen Ausschnitt. Er befragt sein Körpergedächtnis, das trotz Übergewicht noch immer weiß, wie eine Pirouette geht oder ein Grand Jeté, wie man eine Julia verhalten anhimmelt oder sich in einem zwölf Kilo schweren Opernkostüm bewegt ohne sich zu bewegen. Sein Körper, sagt Dubois, habe ein langes Gedächtnis. Es sind nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch solche an Narben, Schweiß und Blut.

Diese hässliche Seite der schönen Kunst bekommen Zuschauer nicht zu sehen. Bei Dubois, der 2011 zu einem der weltbesten Tänzer gekürt wurde, kann man sie zumindest erahnen. Es wird klar, welche Höchstleistungen im Tanz gefordert werden. Dubois ist sich für nichts zu schade. Ihm ist auch nichts peinlich. Bald steht er in Unterhosen und schwarzen Socken auf der Bühne und müht sich mit Bewegungen ab, für die sein Körper längst nicht mehr adäquat ist. Trotzdem wirkt das nie lächerlich. Es ist lustig, weil er das so will. Und berührend. Dubois ist nicht nur ein herausragender Tänzer. Immer noch. Er ist ein Showman. Und was für einer.

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