Wein

(Nicht nur) Urlaub im Glas: Wie sich der Rosé gemausert hat

Johanna Markowitsch widmet sich seit drei Jahren dem Rosé. Sie ist nicht die einzige Winzerin in Österreich, die dem Rosé ein neues Image verpassen will.
Johanna Markowitsch widmet sich seit drei Jahren dem Rosé. Sie ist nicht die einzige Winzerin in Österreich, die dem Rosé ein neues Image verpassen will.Clemens Fabry
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Früher war Rosé teilweise zu Recht als zweitklassiges Gschloder verrufen, inzwischen liegt er im Trend, vor allem bei den Jungen. Luft nach oben gibt es freilich immer noch.

Das ist ein seriöser Wein und kein Zuckerl“, sagt Johanna Markowitsch über ihren Rosé. Vor drei Jahren hat die Jungwinzerin sich im Weingut ihrer Familie in Göttlesbrunn darangemacht, die Roséproduktion umzukrempeln.

„Der Rosé war immer so ein Nebenprodukt der Rotweinproduktion“, sagt die 28-Jährige. „Ich wollte das richtig wertig machen.“ Seitdem produziert sie in eigenen Weingärten am Spitzerberg den Mardonna, aus Blaufränkischtrauben, zum Teil im Holzfass ausgebaut, einen lachsfarbenen, trockenen Wein, der vom Stil her an Weine der Provence erinnert. „Was schnell klar war: Wenn ich das richtig machen will, dann muss ich das ganz anders machen als zuvor.“

Markowitsch ist nicht die Einzige: Immer öfter findet man inzwischen Rosé auf den Weinkarten des Landes – und während man sich mit rosa Wein bis vor ein paar Jahren damit noch fast blamiert hat, hat sich auch so mancher hartgesottener Rosé-Verweigerer inzwischen damit versöhnt. Der Wein, einst verrufen als zweitklassiges Gschloder, das bestenfalls Frauen trinken, hat einen Imagewandel durchgemacht. Wie kein anderer symbolisiert er freilich weiterhin Sommer, Sonne, Ferien und die Erinnerung an Picknicks an den Klippen der Provence, dem Epizentrum des Rosé (siehe Artikel unten). Parallel dazu haben Winzerinnen und Winzer aber auch begonnen, den rosafarbenen Wein weiterzuentwickeln.

Die Protagonistin: Pia Strehn

Die Hauptfigur der österreichischen Rosészene ist zweifellos Pia Strehn: Seit die 40-Jährige das Weingut ihrer Mutter im burgenländischen Deutschkreutz übernommen hat, hat sie es sukzessive vom Rotwein weggeführt – und produziert inzwischen zu 85 Prozent Rosé. „Ich hab immer gern Rosé getrunken und war immer wieder enttäuscht, warum der bei uns keinen gescheiten Stellenwert hat“, sagt sie. „Bei Rot- und Weißwein widmet man einer Rebsorte sehr viele verschiedene Kategorien – dagegen hatte jedes Weingut, wenn überhaupt, immer nur einen fruchtigen Einstiegsrosé.“

Bevor es weitergeht, eine kurze Antwort auf die Frage, die sich die wenigsten noch zu stellen trauen: Rosé wird aus Rotweintrauben gemacht – während für einen Rotwein aber der Saft mit den Schalen vergoren wird, wird er beim Rosé nach wenigen Stunden davon getrennt. Früher stand der Rosé dabei oft gar nicht wirklich im Fokus, sondern entstand aus dem Saft, der bei der Rotweinproduktion weggenommen wurde, damit sich Farbe und Aromen aus den Schalen im verbleibenden Rotwein konzentrieren: ein klassisches Nebenprodukt, manche sagen sogar: Abfallprodukt.

Strehn wollte das von Grund auf anders machen – und ihr ganzes Weingut diesem Thema widmen. Heute hat sie sechs verschiedene Roséweine in ihrem Portfolio, von einem fruchtigen Sprudel über einen klischeehaften, leichten Rosé bis zu einem, der ganze 1,5 Jahre im Barriquefass gelegen ist, aus einem Filetstück ihres Weingartens. Ihren ersten im Holzfass ausgebauten Rosé nannte sie als kleine Vorwarnung an alle, die sich etwas Leichtes erwartet hätten: „Elefant im Porzellanladen“. „Zuerst hat sich niemand ausgekannt, was ich da will mit einem barriquevergorenen Rosé“, sagt sie. „Man braucht ein bisschen Geduld, um das den Leuten zu erklären – und ich habe schon auch gemerkt, wie das zu einem Umdenken führt.“ 

Ein Rosé um 180 Euro

„Es ist ein allgemeiner Trend zur Wertschätzung dieses Produkts“, sagt Dorli Muhr, die die Weinszene kennt wie kaum eine andere und als Winzerin neben ihren charakteristischen gereiften Rotweinen auch einen Rosé im Programm hat. „Man lernt langsam, dass Rosé nicht eine Mischung aus Rot und Weiß ist – und dass er wirklich anspruchsvoll sein kann“, sagt sie. „Wir machen ihn aus den gleichen Trauben wie den Rotwein, die gleiche Bewirtschaftung, die gleichen Erträge: Der einzige Unterschied ist, dass er nicht zwei Wochen auf der Maische steht, sondern nur eine Nacht.“

Interessant ist insofern der südfranzösische Winzer Gérard Bertrand, Aushängeschild des biodynamischen Weins und mit seinem Clos du Temple internationale Speerspitze beim Rosé. „Er macht einen Rosé, der 180 Euro pro Flasche kostet“, sagt Muhr. „Das ist einer der ganz großen Produzenten, und dass der sagt: ‚Jetzt mach ich aus einem bestimmten Weingut, einer bestimmten Parzelle einen ganz speziellen Rosé, der sehr hochwertig ist und der einfach richtig viel Geld kostet‘, das hilft einer ganzen Branche: weil die Wahrnehmung von dem, was ein Rosé sein kann, endlich hochgeschraubt wird.“

Zwei Prozent Marktanteil

Auch wenn der große Rosé-Trend schon öfter ausgerufen wurde – zuletzt sprach das Deutsche Weininstitut 2022 vom Jahr des Rosé: Die Riesenwelle ließ zumindest hierzulande noch auf sich warten. Die Österreich Weinmarketing sieht ein konstantes Wachstum – wenn auch auf niedrigem Niveau: Knappe zwei Prozent Marktanteil hat der Rosé in Österreich, immerhin mehr als doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Aus internationalen Zahlen schließt man, „dass auch auf dem österreichischen Markt für Rosé-Wein noch spürbar Luft nach oben ist“.

In der Spitzengastronomie ist man eher zurückhaltend. In der Weinbank in Ehrenhausen hat Sommelier Christian Zach mehr als 4000 Weine – und einen einzigen Rosé auf der Karte. Im Steirer­eck sind es üblicherweise zwei, drei – und zufällig hat Sommelier René Antrag gerade auch einen Rosé in der Getränkebegleitung. „Zum zweiten Mal in 15 Jahren“, sagt er. Er sieht in seinen Gefilden keinen wirklichen Trend zum Rosé, anders als in anderen Bereichen. „Ich sehe zwei Steigerungen: einerseits beim Natural Wine, andererseits beim leichten, frischen, knackigen Terrassenrosé: Das ist halt der Alltagskonsument.“

Pia Strehn will hier durchaus mehr: Ihren Elefanten im Porzellanladen kelterte sie einst, um den Menschen überhaupt einmal zu zeigen, dass Rosé lagerfähig sein kann und dass man ihn nicht nur zum Aperitif auf der Terrasse trinken, sondern auch als Speisenbegleiter einsetzen kann. „Heute kann ich mit meinen Rosés komplette Weinmenüs begleiten“, sagt sie. „Es stimmt, der Rosétrend war immer wieder da, aber ich denke, er ist jetzt wirklich gekommen, um zu bleiben – weil die Qualität einfach besser ist, weil so viele Winzer sich Gedanken machen.“

Eine Generationenfrage

Das sieht auch Weinexpertin Dorli Muhr so: „Wir haben wirklich gute Produzentinnen. Wenn man den Rosé ernsthaft macht – mit ein bisschen Rotweincharakter, aber gleichzeitig mit dieser Leichtigkeit und Frische –, dann ist er ein hoch ernsthafter Wein.“ Wie gut der Rosé ankommt, sei z. T. wohl auch eine Generationenfrage: „Die Boomergeneration ist in einer Zeit aufgewachsen, als Rosé wirklich ein Mist war. Für Menschen, die 30 sind oder jünger, für die hat Rosé einen anderen Stellenwert, da das nie der Mistwein war. Für sie ist Rosé ein anspruchsvolles Lifestylegetränk.“

Rosé

Mit knapp zwei Prozent Marktanteil ist beim Rosé in Österreich noch Luft nach oben, die Zahlen steigen aber. Die Pionierin der neuen Rosékultur ist Pia Strehn: Auf ihrem Weingut im Burgenland produziert sie inzwischen zu 85 Prozent Roséwein – nicht nur leichten, frischen, sondern auch barriquevergorenen und lagerfähigen Wein (strehn.at). In Niederösterreich hat Johanna Markowitsch – Tochter von Winzer Gerhard Markowitsch – vor Kurzem ihr Rosé-Projekt Mardonna gestartet (markowitsch.at).

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