Nachhilfe

Wenn schon fördern, dann richtig

Online-Nachhilfe ist beliebt, aber nicht immer sinnvoll. Vor allem Jüngere brauchen den persönlichen Austausch.
Online-Nachhilfe ist beliebt, aber nicht immer sinnvoll. Vor allem Jüngere brauchen den persönlichen Austausch.gettyimages
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Wie sich das unterstützende Lernen gewandelt hat, warum es doch noch den Rechenschieber braucht und wie ehrenamtliche Lernbuddys ganzheitlich fördern.

Denkt der Pädagoge Rainer Saurugg an die Nachhilfestunden, die er selbst genommen hat, kommen ihm gleich seitenweise ins Heft geschriebene Anleitungen ins Gedächtnis. „Als Hausaufgabe gab es 30 Beispiele, in der nächsten Stunde stellte ich Fragen, die für mich offen geblieben waren.“ Ein einfach gestricktes Modell, denn „im Gegensatz zu heute gab es keine Kopien, Webseiten oder Apps zur Veranschaulichung.“ Jedoch hat sich im Bereich des unterstützenden Lernens abseits der Schule einiges getan: Online-Tutoring, eine Vielfalt an digitalen und analogen Materialien und neue methodische Zugänge kommen zum Einsatz. Vieles sei aber gleich geblieben: „Nichts kann das eigene Nachdenken, Üben, Fehlermachen und Wieder-Üben ersetzen“, betont der Nachhilfelehrer.

Licht in die Materie

Eine Fülle an Materialien generiere auch nicht automatisch mehr Wissen und Verstehen: „Damit Nachhilfe bestmöglich gelingt, braucht es stoffliche Klarheit seitens der Schule. Daran kann man andocken und vermeidet, ins Blaue zu unterrichten“, erklärt Saurugg. Lernvideos und Apps können die Nachhilfe zusätzlich unterstützen, weil sie Inhalte in neuer Form präsentieren, was sie zu einer kostengünstigen Hilfe macht. Allerdings sollten Apps die Beispiele nicht eins zu eins vom Papier auf den Bildschirm übertragen. Das ergebe laut Saurugg wenig Sinn: „Da braucht es auf alle Fälle Schritt-für-Schritt Hilfestellungen.“
Die seit der Pandemie sehr verbreitete Online-Nachhilfe funktioniere vor allem bei älteren Schülern und Schülerinnen, zum Beispiel zur Maturavorbereitung. „Jüngere brauchen oft mehr Anleitung, etwa im Umgang mit Lineal und Zirkel.“ Und es sind auch analoge Mittel, die Licht ins Dunkel bringen: Ein Rechenschieber kann Rechenregeln veranschaulichen, biografische Details können Leben in die trockene Materie bringen. „Euklid, Pythagoras, Euler oder Gauss – hinter jedem dieser Genies steckt eine persönliche Geschichte“, sagt Saurugg. Diese Flexibilität in der Gestaltung von Nachhilfe unterstreicht auch Angela Schmidt, Unternehmenssprecherin von Lernquadrat. Obwohl sich auch dort in der Pandemie Online-Lösungen bewährt haben, bleibt der Fokus auf einem permanenten persönlichen Austausch. „Viele Kinder und Jugendliche, die zu uns kommen, brauchen genau das, um konzentriert und koordiniert arbeiten zu können. Sie können sich mit Apps und Videos nicht selbst helfen.“ Regelmäßige Lernstunden vor Ort stellen außerdem sicher, so Schmidt, dass Nachhilfe durch eine Integration in den Wochenablauf an Selbstverständlichkeit gewinnt.

Lernbuddys an der WU

Jedoch hat nicht jede Familie das Geld, um sich eine regelmäßige externe Nachhilfe leisten zu können. Die Wirtschaftsuniversität Wien hat darum gemeinsam mit der Caritas und dem Roten Kreuz die Initiative „Lernen macht Schule“ ins Leben gerufen. Dabei begleiten und fördern Studierende als ehrenamtliche Lernbuddys junge Menschen aus sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen und unterstützen sie in ihrer schulischen und sozialen Entwicklung. Das etablierte Angebot verfolge einen „ganzheitlichen Aspekt des Lernens“, betont die Projektleiterin Steffi Mackerle-Bixa. Das Ziel ist, dass „beide Gruppen auf Augenhöhe voneinander lernen“ – für die Schule, aber auch für mehr Optionen in den (vorgelebten) Bildungswegen sowie für die Persönlichkeitsentwicklung, problemanalytische Fähigkeiten und künftige Führungsaufgaben. Die Lernbuddys treffen sich einmal pro Woche mit den betreuten Kindern und Jugendlichen, richten sich aber nach dem Bedarf der Kinder. In den Vorbereitungskursen der Studierenden stehen die Vermittlung und Stärkung pädagogischer, didaktischer und sozialer Kompetenzen auf dem Studienplan. Eine Teilnahme an dem Programm kann als freies Wahlfach im WU-Studium anerkannt werden. „Lernen macht Schule“ ist aber grundsätzlich auch für Studierende anderer Universitäten offen und wurde 2016 um das Angebot von Musikbuddys und 2022 um jenes von Sportbuddys erweitert. „Es gibt sehr viel Bedarf“, sagt Mackerle-Bixa.

INFOBOX

Kostenlose und kostengünstige Nachhilfe im Sommer bieten beispielsweise die Wiener Volkshochschulen (www.vhs.at/wienerlernhilfe), die Lerntafel (www.lerntafel.org), das Ferienprogramm der Stadt Wien (www.summercitycamp.at), die Lerncafès der Caritas (www.caritas.at) oder die steirische Bit Group (www.bitsocial.at). Die Plattform Weiterlernen.at vermittelt kostenlose Lernbegleitung mit digitalen Buddys.

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