Griechenland

Keine Entwarnung auf Rhodos: Drehende Winde und noch zwei Tage Hitze

Auf Rhodos ist eine Fläche, die größer als jene der Stadt Graz ist, abgebrannt.
Auf Rhodos ist eine Fläche, die größer als jene der Stadt Graz ist, abgebrannt.Imago / Str
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Die Lage auf der Insel Rhodos ist weiterhin prekär: Bisher wurden 150 Quadratkilometer Wald und Nutzfläche zerstört, viele Tiere verendeten. Das Wetteramt warnt am Dienstag und Mittwoch vor extrem hohen Temperaturen. In Nordafrika toben ebenfalls tödliche Waldbrände.

Starke Winde erschweren den Kampf gegen die Waldbrände auf der griechischen Ferieninsel Rhodos. Sechs Dörfer nördlich und westlich der antiken Stätte von Lindos waren am Dienstag bedroht. Mit dem ersten Tageslicht wurden erneut Löschflugzeuge und -helikopter eingesetzt, um die Flammen in den Griff zu bekommen, wie die Feuerwehr am Dienstagmorgen mitteilte. Noch zwei Tage herrscht in dem Land Extremhitze, danach sollen die Temperaturen zurückgehen.

„Die Löscharbeiten gestalten sich (auf Rhodos) wegen der drehenden Winde sehr schwierig“, sagte ein Sprecher der Feuerwehr im staatlichen Rundfunk. Auch auf der Insel Euböa im Nordosten Athens toben rund um die Hafenstadt Karystos Brände, die Dörfer bedrohen. Nach Angaben des Wetteramts werden am Dienstag und vor allem am Mittwoch in weiten Teilen Griechenlands Temperaturen deutlich über 40 Grad herrschen. Im Westen des Landes soll es den Meteorologen am Mittwoch sogar mehr als 46 Grad heiß werden. Am Donnerstag wird dann eine Abkühlung auf etwa 35 Grad erwartet.

Ermittlungen: Wie sind die Brände ausgebrochen?

Unterdessen sind nach Angaben des Ministeriums für Bürgerschutz Untersuchungen eingeleitet worden, die klären sollen, wie diese Brände ausgebrochen sind. Auch die Justiz ermittle, ob die Feuerwehr richtig gehandelt habe, als der Brand im Südosten von Rhodos noch kleine Dimensionen hatte, berichtete das Staatsfernsehen am Dienstag.

Vertreter der Gewerkschaft der Polizei und der Feuerwehr dämpften jedoch die Erwartungen, dass die Verantwortlichen überhaupt gefunden werden. Die Chancen seien erfahrungsgemäß gering, dass diejenigen ermittelt würden, die absichtlich und heimlich Feuer gelegt hätten, sagte die Gewerkschaften im Staatsrundfunk.

In den meisten Fällen wurde in der Vergangenheit festgestellt, dass es sich um fahrlässige Brandstiftung gehandelt habe. So war in Athen Anfang Juli ein Großbrand im Westen der Stadt ausgebrochen. Zwei Männer wurden letztlich dafür verantwortlich gemacht; sie hatten den Ermittlungen zufolge im Freien Schweißarbeiten vorgenommen.

Damhirsche auf Rhodos bedroht

Schlimm ist die Lage im Südosten der Ferieninsel Rhodos. Dort wehen starke Winde und fachen immer wieder die Flammen an. Am Montag brannten mehrere Häuser auf den Bergen der Insel aus, wie das staatliche Fernsehen berichtete. Reporter vor Ort befürchteten, dass diese Brände erneut Hotelanlagen bedrohen könnten. Dort wurden zuletzt Tausende Touristen und Bewohner in Sicherheit gebracht. Laut Außenministerium in Wien wurden bisher mehr als 100 Österreicherinnen und Österreicher aus den akuten Brandgebieten in Rhodos evakuiert. Montagmittag wusste die Behörden von keinen Landsleuten, die sich direkt im Brandgebiet befinden.

Der Schaden auf Rhodos ist enorm: Nach Schätzungen von Experten wurden etwa 150 Quadratkilometer Wald und landwirtschaftlich genutzte Fläche zerstört, sagte Regierungschefs Kyriakos Mitsotakis. Zum Vergleich: Graz hat eine Fläche von 127 Quadratkilometern. Zudem seien nach Schätzungen von Tierschützern zahlreiche Rehe, Schildkröten und andere Wild- und Nutztiere verbrannt. Von den Feuern bedroht ist auch eine seltene Damwildart, die Dama-Dama genannt wird. Viele dieser Tiere verendeten während der Waldbrände. Tiere, die überlebt haben, suchten nun nach Nahrung und Wasser in bewohnten Regionen, berichtete das Staatsfernsehen weiter.

Damhirsche suchen in den verbrannten Gebieten nach Nahrung.
Damhirsche suchen in den verbrannten Gebieten nach Nahrung.APA / AFP / Angelos Tzortzinis

Hilfe für Betroffene

Betroffene können sich jederzeit an das österreichische Außenministerium (+43 501150-4411) oder die Botschaft in Athen (+30 6944278148) wenden. Die griechischen Behörden haben am Flughafen einen Helpdesk eingerichtet. Urlauber, deren Pässe bei der Evakuierung abhanden gekommen sind, bekommen dort eine Bestätigung. Reisende können damit auch ohne Reisedokument ins Flugzeug einsteigen, sagte eine Sprecherin.

Die meisten Reiseveranstalter haben bis einschließlich Mittwoch Reisen in den Süden Rhodos ausgesetzt, sagte eine Verkehrsbüro-Sprecherin. „Alle sind in Sicherheit, es wurde niemand verletzt“, betonte sie. Pauschalurlauber werden nun wie ursprünglich geplant zurück nach Österreich gebracht. 322 Österreicherinnen und Österreicher, die über Ruefa bei verschiedenen Veranstaltern gebucht haben, befinden sich derzeit auf Rhodos, viele davon im Norden. „Wir haben die allermeisten schon erreicht, alle sind wohlauf“, sagte die Sprecherin.

Auch TUI Österreich reagierte: „Alle Buchungen von TUI-Reisen nach Rhodos werden bis einschließlich Freitag, 28. Juli 2023 storniert. Es werden keine Gäste bis einschließlich Freitag auf die Insel gebracht. Alle geplanten Flüge nach Rhodos finden ohne Urlaubspassagiere statt, um Gäste wieder in ihre Heimatländer zurückzubringen. Gäste mit Buchungen, deren Urlaub in den kommenden Tagen bis einschließlich Sonntag, 30. Juli 2023, beginnt, können kostenlos auf andere Destinationen umbuchen oder ihre Reise stornieren. Die TUI empfiehlt allen Reisenden nach Rhodos mit einem geplanten Urlaubsstart in den kommenden Tagen, auf andere Destinationen auszuweichen. Alle Buchungen von TUI Reisen in den südöstlichen Teil der Insel werden darüber hinaus bis einschließlich Sonntag, 30. Juli 2023 storniert.“

Auch auf der Insel Euböa im Nordosten Athens toben rund um die Hafenstadt Karystos Brände, die Dörfer bedrohen. Betroffen ist vor allem die Region der kleinen Hafenstadt Karystos. Der Feuerwehr ist am Montag gelungen, einen Brand auf der Ferieninsel Korfu einzudämmen. Rund 1000 Touristen, die in Sicherheit gebracht worden waren, kehrten nach und nach in ihre Hotels zurück, wie der örtliche staatliche Regionalsender ERA-Korfu am Montagabend berichtete.

Tagelange Stromausfälle auf Malta wegen Hitze, 34 Tote in Algerien

Mit Hitze und Trockenheit haben auch andere Länder im Mittelmeerraum zu kämpfen. Eine hohe Waldbrandgefahr bestand zu Wochenbeginn etwa in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal. Auf Malta führten die hohen Temperaturen auch zu Stromausfällen, die teils sogar bis zu 36 Stunden andauerten. Das staatliche Stromversorgungsunternehmen Enemalta machte die hohen Temperaturen für die Beschädigung vieler seiner unterirdischen Kabel verantwortlich.

Dramatisch ist auch die Situation in Nordafrika. Bei Waldbränden in Algerien sind 34 Menschen ums Leben gekommen. Nach Angaben des algerischen Innenministeriums vom späten Montagabend, sind unter den Toten 24 Zivilisten und zehn Mitarbeiter des Militärs. Rund 8.000 Retter seien im Einsatz gewesen, um die Brände zu löschen. Sie wüteten am Montag unter anderem in der algerischen Region Beni Ksila östlich der Hauptstadt Algier. Rund 1.500 Menschen wurden in Dörfern in Sicherheit gebracht. Die Flammen breiteten sich angesichts starker Winde schnell auch auf andere Regionen des Landes aus.

Auch das benachbarte Tunesien kämpfte am Montag mit Bränden und einer Hitzewelle, die weite Teile des Landes erfasste. In der Hauptstadt Tunis herrschten 48 Grad Celsius. In Wäldern nahe der algerischen Grenze kämpften Feuerwehrleute gegen Brände, die dort seit mehreren Tagen wüteten. Rund 2.500 Menschen wurden Medienberichten zufolge in Sicherheit gebracht. Mehrere Menschen erlitten einen Hitzeschlag und kamen in Krankenhäuser.

In der südtürkischen Urlaubsregion Antalya ist ebenfalls ein Waldbrand ausgebrochen. Aus Sicherheitsgründen seien zehn Häuser im Bezirk Kemer evakuiert worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi am Dienstag. Touristen seien zunächst nicht betroffen gewesen. Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy sei an Ort und Stelle, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Elf Flugzeuge und 22 Helikopter sind nach offiziellen Angaben im Löscheinsatz. Starke Winde erschwerten demnach die Arbeiten. Die Türkei kämpft zurzeit wie die anderen südeuropäische Länder mit einer Hitzewelle.

Rotes Kreuz warnt vor Gefahr von Explosionen alter Munition

Die Hitzewelle und die Waldbrände auf der nördlichen Erdhalbkugel erhöhen laut dem Roten Kreuz die Gefahr von Explosionen alter Munition. In früheren Kriegsgebieten könnten die Zünder von Blindgängern ausgelöst werden, warnte Erik Tollefsen, Waffenexperte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf. Das gelte auch für nicht geräumte Munition auf militärischen Schießplätzen und verlassenen Munitionsdepots, die sich oft in entlegenen Gebieten befänden.

„Das Problem ist das zusätzliche Risiko für Feuerwehren und Ersthelfer“, sagte Tollefsen. Die Einsatzkräfte müssten sich wegen der Munitionsgefahr gegebenenfalls zurückziehen und könnten die mit der Klimakrise zusammenhängenden Waldbrände nicht bekämpfen, erklärte der Experte. Aufgrund der hohen Temperaturen steige das Risiko, dass die Zünder ausgelöst werden, hieß es.

Als Beispiel nannte Tollefsen den Balkan, wo im Vorjahr während eines Brandes zahlreiche Blindgänger aus dem Ersten Weltkrieg explodiert waren. Grundsätzlich seien aber alle ehemaligen Kriegsschauplätze potenziell betroffen - von der jüngeren Vergangenheit bis zurück zu den Napoleonischen Kriegen, die 1815 zu Ende gingen. Das Rote Kreuz forderte Staaten auf, sich einen Überblick über mit Munition belastete Gebiete zu verschaffen und den Rettungskräften die Risiken zu kommunizieren.

(APA/dpa/red.)

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