Netanjahus Zores mit Lieberman

Netanjahus Zores Lieberman
Netanjahus Zores Lieberman c REUTERS POOL
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Seit Sonntag steht Israels Ex-Außenminister vor Gericht. Das Verfahren hat das Bündnis des Premiers nicht nur Stimmen gekostet, es erschwert auch die Regierungsbildung.

Jerusalem. Der Auftritt war mit Spannung erwartet worden – doch nach kaum 15 Minuten war alles schon wieder vorbei: Am Sonntag begann im Jerusalemer Friedensgericht der Prozess gegen Ex-Außenminister Avigdor Lieberman. Der streitbare, extrem rechts stehende Politiker erschien im dunklen Anzug zur Verlesung der Anklageschrift. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Betrug und Vertrauensbruch vor, der Angeklagte erklärte sich für nicht schuldig.

Ginge es nach Lieberman, dann würde die Zeugenanhörung gleich nach den Pessachferien beginnen, also schon Anfang April. So rasch wie möglich will der ehemalige Außenminister nämlich in sein altes Amt zurück, aber er muss sich noch etwas gedulden.

Die drei Richter setzten den 28. April als Termin für die erste Vernehmung fest, was unwahrscheinlich macht, dass es noch vor Ende Juni ein Urteil geben wird.

Sitz für Lieberman warmhalten

Erst im Dezember war Lieberman von seinem Amt zurückgetreten, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft zugunsten einer Anklage entschieden hatte. Die Affäre überschattete den Wahlkampf und ist mit ein Grund für das überraschend schlechte Ergebnis von Likud und Israel Beiteinu („Israel ist unser Haus“), Liebermans Partei.

Mit ganzen 31 Sitzen musste sich die vereinte Liste bei der Wahl Ende Jänner zufriedengeben, was Regierungschef Benjamin Netanjahu in diesen Tagen große Probleme bei den Koalitionsverhandlungen bereitet.

Netanjahu scheint von der Unschuld seines Politpartners überzeugt und versprach dem 54-jährigen Angeklagten, ihm den Chefstuhl im Außenamt warmzuhalten. Liebermans Ambitionen auf seinen alten Posten erschweren die Koalitionsverhandlungen zusätzlich, denn Jair Lapid, der Chef der liberalen Partei Jesh Atid („Es gibt eine Zukunft“), der mit überraschenden 19 Mandaten auf Platz zwei kam, hätte das Außenamt auch sehr gern.

Der Prozess hätte für Netanjahu zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt kommen können. Dabei war von den langjährigen Untersuchungen am Ende kaum etwas übrig geblieben, das vor Gericht Bestand haben könnte. Ging es anfangs um Geldwäsche, international agierende Scheinfirmen, Unterschlagung und Schmiergelder in Millionenhöhe, muss sich Lieberman in den nächsten Wochen nur noch in einer Sache verantworten: der Beförderung des Ex-Botschafters in Minsk, Seew Ben-Arie, zum Missionschef in Riga.Über die Tatsachen sind sich beide Seiten einig, offen bleibt die Auslegung. Ben-Arie hatte Lieberman Informationen über die laufenden Untersuchungen gegen ihn zugesteckt, was der Außenminister zugibt. „Ich habe den Zettel angesehen, in die Toilette geworfen und die Sache vergessen“, meinte er später. Dass er niemanden über den Vorfall informierte, werden ihm die Staatsanwälte zum Vorwurf machen. Wenig später wurde Ben-Arie befördert. Hier muss die Anklage nun nachweisen, dass Lieberman, der mit mehreren Topanwälten vor Gericht zieht, Ben-Arie dessen Konkurrenten vorzog, weil dieser sein Informant war, und nicht aufgrund seiner besonderen Fähigkeiten als Diplomat.

Die Rache des Danny Ayalon

Die Beamten, die Lieberman verhörten, und führende Mitarbeiter des Außenamtes werden vor Gericht geladen, um ihre Aussage zu machen. Hauptperson im Zeugenstand ist Danny Ayalon, Liebermans Nummer zwei im Außenministerium. Weil Ayalon zu viel plapperte, so verlautete zunächst aus dem Umfeld Liebermans, hatte ihn der Parteichef nicht noch einmal für die Wahl aufstellen lassen.

Der Prozess ist für Ayalon ein gefundenes Fressen und perfekte Gelegenheit, sich für den Rausschmiss aus der Parteiführung zu revanchieren. Lieberman habe sich aktiv für die Nominierung Ben-Aries zum Botschafter in Lettland starkgemacht, zitierte „Channel 10“ den scheidenden Vizeaußenminister Ayalon, der zur Zeit der umstrittenen Beförderung für Personalangelegenheiten im Außenamt zuständig war.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2013)

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