Israels Ex-Außenminister Lieberman angeklagt

Israels ExAussenminister Lieberman angeklagt
Israels ExAussenminister Lieberman angeklagt(c) EPA (ABIR SULTAN)
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Dem Hardliner werden Betrug und Vertrauensbruch vorgeworfen. Lieberman nennt indes den Rücktritt Abbas' als Bedingung für neue Friedensverhandlungen mit den Palästinensern.

Zwei Wochen nach seinem Rücktritt hat die israelische Staatsanwaltschaft Anklage gegen den früheren Außenminister Avigdor Lieberman erhoben. Ihm werde Betrug und Vertrauensbruch vorgeworfen, teilte das Justizministerium am Sonntag in Jerusalem mit. Der Anklageschrift zufolge soll Lieberman 2009 einen Bekannten zum Botschafter in Lettland gemacht haben, nachdem dieser ihn illegal über Details zu Korruptionsermittlungen gegen ihn informiert hatte. Der erzkonservative Lieberman weist die Anschuldigungen zurück.

Vor zwei Wochen war er wegen des Untreueverdachts von seinem Amt als Außenminister sowie als stellvertretender Regierungschef zurückgetreten. Lieberman führt weiter die ultranationalistische Partei Yisrael Beitenu (Unser Haus Israel), die mit dem Likud von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu eine Koalition bildet.

Gegen den einflussreichen Politiker wird seit Jahren wegen einer ganzen Reihe von Anschuldigungen ermittelt. Die Staatsanwaltschaft verdächtigt den 54-Jährigen unter anderem, illegal Geld von Unternehmern erhalten und es mithilfe von Briefkastenfirmen gewaschen zu haben. Lieberman wurde in Moldawien geboren und emigrierte 1978 nach Israel. Er lebt in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland.

Bei der bevorstehenden Parlamentswahl am 22. Jänner will Lieberman ungeachtet der Anklage antreten. Dabei bildet Unser Haus Israel ein Wahlbündnis mit Netanyahus Likud, das laut Meinungsumfragen gute Chancen auf einen Wahlsieg hat. Allerdings könnte der Ärger mit der Justiz die Chancen Liebermans auf einen erneuten Ministerposten in der künftigen Regierung schmälern. Sollte er verurteilt werden, dürfte er keinen Posten mehr in einem neuen Kabinett bekleiden.

Lieberman verlangt Abbas-Rücktritt

Friedensverhandlungen mit den Palästinensern können aus Sicht Liebermans nur fortgesetzt werden, wenn der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas zurücktritt. Lieberman reagierte damit am Freitag auf Äußerungen von Abbas vom Vortag, der in einem Interview mit der israelischen Tageszeitung "Haaretz" gesagt hatte, dass er als Leiter der Palästinensischen Autonomiebehörde zurücktreten werde, falls Israel die Friedensverhandlungen nach der Wahl nicht fortsetze."Wir warten gespannt auf eine öffentliche Ankündigung vom Büro Abbas über seinen Ruhestand", hieß es in dem am Freitag in der Tageszeitung "Haaretz" verbreiteten Erklärung von Lieberman. Der Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern liegt seit September 2010 auf Eis. Abbas fordert, dass Israel den Bau und Ausbau von Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem stoppt. Außerdem verlangen die Palästinenser einen Zeitplan für Friedensgespräche. Die israelische Führung lehnt Vorbedingungen ab.

Karikatur von arabischer Abgeordneter erlaubt

Israels Höchstes Gericht hat unterdessen die Kandidatur einer umstrittenen arabischen Abgeordneten bei den Parlamentswahlen erlaubt. Neun Richter wiesen damit am Sonntag einstimmig eine Entscheidung der israelischen Wahlkommission zurück. Diese hatte beschlossen, die 43 Jahre alte Hanin Soabi nicht zur Wahl zuzulassen. Die Kommission stützte sich dabei auf ein Grundgesetz, demzufolge niemand bei den Wahlen antreten darf, der die Existenz Israels als jüdischer Staat zurückweist oder den bewaffneten Kampf unterstützt. Das Höchste Gericht wird seine Urteilsbegründung zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlichen.

Soabi war 2010 an Bord eines Schiffes der Gaza-Solidaritätsflotte mitgereist. Sie hatte im Parlament der Regierung vorgeworfen, mit der Erstürmung des türkischen Passagierschiffes "Mavi Marmara" einen Akt der Piraterie begangen zu haben. Israelische Soldaten hatten bei dem Einsatz neun türkische Aktivisten getötet. In der Knesset wurde Soabi wegen ihrer Aktion heftig angefeindet. Ihre arabische Balad-Partei verfügt über drei der 120 Sitze im Parlament. Auch bei einer Gerichtsdebatte über den Ausschluss Soabis war es am Donnerstag zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. "Es gibt keine Grundlage für meine Disqualifizierung", sagte Soabi. Sie habe kein Gesetz gebrochen. "Die Rassisten sollten vor Gericht gestellt werden, nicht ich."

(APA/dpa/Reuters)

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