Salzburger Festspiele

„Amour“ nach Haneke: So sieht die heutige Pflegehölle aus!

Der verzweifelte pflegende Mann: André Jung als Georges mit seiner Frau Anne (Joel Small)
Der verzweifelte pflegende Mann: André Jung als Georges mit seiner Frau Anne (Joel Small)Matthias Horn
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Karin Henkel macht aus dem intimen Filmdrama ein drastisches Stück über Pflege und Sterbehilfe: so drastisch wie unsere Realität.

Dieser Georges hat doch, so aus der Ferne, eine Ähnlichkeit mit Michel Houellebecq, denke ich mir, und den ganzen Uraufführungs-Abend im Salzburger Landestheater hindurch geht mir der französische Autor nicht aus dem Kopf. Ich sehe ihn auf der Bühne vor mir, als Ehemann, der sich um seine halbseitig gelähmte, nur noch zum Leiden fähige Frau kümmert, Tag und Nacht. Ein alter, erschöpfter Mann mit einer Aufgabe, die auch jeden Jungen ganz schnell in die Verzweiflung treiben würde. Aber Georges hat seiner Frau Anne versprochen, dass sie nicht mehr ins Spital, nicht ins Heim muss. Dass sie überhaupt nicht mehr will, will er lange nicht akzeptieren. Sein letzter Liebesdienst besteht dann doch darin, dass er sie mit einem Kopfpolster erstickt.

Sterbehilfe also – das, wogegen der französische Autor Michel Houellebecq seit Jahren anschreibt. Kein gesellschaftliches Anliegen ist ihm wichtiger. Am Umgang mit Alten und Kranken zeigt sich seiner Meinung nach, wie viel Liebe und Sorge eine Gesellschaft für Schwache, „Nutzlose“ aufbringt. Deswegen bringt die aus der Ferne leichte Ähnlichkeit des Schauspielers André Jung mit dem Autor eine unbeabsichtigte Pointe ins Stück: als Georges dann doch zum Sterbehelfer wird.

Wenig Haneke, viel Kot

Die meisten werden bei diesem Georges aber nicht an Houellebecq gedacht haben, sondern an Jean-Louis Trintignant. Er spielte Georges in Michael Hanekes 2012 erschienenen Film „Amour“. Das gleichnamige Stück, das nun am Sonntag bei den Salzburger Festspielen in Kooperation mit den Münchner Kammerspielen uraufgeführt wurde, trägt den Hinweis „Nach dem Film von Michael Haneke“. Was allerdings falsche Erwartungen weckt.

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