Papstwahl: Erster Erfolg für Kirchenreformer

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Die Kardinäle wehren sich gegen einen frühen Termin. Und diskutieren intensiv die Probleme von Kirche und Kurie.

Vatikanstadt/Wien. Wann wird (endlich) der neue Papst gewählt? Eine Woche nach dem Rückzug Benedikts XVI. bewegt diese Frage die 1,2 Milliarden Katholiken – und darüber hinaus eine breite Weltöffentlichkeit. Auch am Donnerstag fällten die 152 in Rom aus der ganzen Welt versammelten Kardinäle keine Entscheidung. Unter ihnen befinden sich jene 115, die die Altersgrenze von 80 Jahren noch nicht überschritten haben und daher am Konklave teilnehmen dürfen. Als letzter Papstwähler ist am Donnerstagabend der Vietnamese Jean-Baptiste Pham Minh Mân eingetroffen. Wann das Datum des Konklaves bekannt gegeben werden soll, ist immer noch unklar.

In Rom hat sich die Mehrzahl der Kardinäle bisher erfolgreich dagegen gewehrt, die Papstwahl rasch, ohne viel Federlesens, unter Weglassen langer Beratungen über den Kirchenkurs abzuwickeln. Ein erster Erfolg jener Kardinäle, für die Reformen der Kurie, des Zusammenspiels zwischen Zentrale und Ortskirchen sowie der Seelsorge unumgänglich sind. Benedikt XVI. hat noch knapp vor seinem Rückzug die Tür für jene geöffnet, die die Wahl des neuen Papstes durchpeitschen wollten. Er hat verfügt, dass ein Konklave auch schon vor dem 15. Tag nach Beginn der Sedisvakanz durch Tod oder Rücktritt des Papstes abgehalten werden darf.

In der Kurie und unter den immerhin 28 wahlberechtigten italienischen Kardinälen gab es hohes Interesse an einem raschen Festsetzen eines möglichst frühen Termins für das Konklave. Nicht, weil sie die Zeit der Sedisvakanz als für die katholische Kirche schädlich finden würden, sondern aus machtpolitischen Gründen. Seit Monaten wurden Seilschaften gebildet, um zu erwirken, dass nach dem – als in diesen Kreisen viel zu lange empfundenen – Intermezzo mit einem Polen und einem Deutschen als Bischof von Rom wieder ein Italiener zum Zug kommen kann. Und nicht wenige wollten verhindern, dass sich die Kardinäle mit den Zuständen im Zentrum der Weltkirche, der Kurie, befassen. Genau das tun nun aber die herbeigereisten „Senatoren“ der Kirche.

Neue Enthüllungen?

Stichwort „VatiLeaks“: Erst am Donnerstag hat die Zeitung „La Repubblica“ neue Enthüllungen angekündigt und einen anonymen Informanten zitiert, dem zufolge 20Personen an der Veröffentlichung geheimer Schriften des Heiligen Stuhls beteiligt gewesen sein sollen. Die Lektüre eines knapp vor dem Abtritt Benedikts XVI. verfassten Dossiers über die internen Untersuchungen sollte dem nächsten Papst vorbehalten bleiben. Kurienkardinal Antonio Maria Vegliò bestätigt nun öffentlich die Diskussionen über die dubiosen Vorgänge. Auch die Geldwäschevorwürfe gegen die Vatikanbank (mehr dazu ...) beunruhigen viele Kardinäle.

In einem aufschlussreichen Detail hat die Kurie jedoch einen kleinen Sieg erringen können: Die mediengewieften US-amerikanischen Kardinäle schweigen fortan über ihre Vorstellungen von einem neuen Kirchenkurs. Sie haben in Rom ihre täglichen, von Journalisten gestürmten Briefings abgesagt – auf sanften Druck des Vatikans.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2013)

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