Praktika: Mehr als reine Pflichtübungen

Generation Praktikum? Für viele FH-Studenten ist die Praxis in einer Firma Sprungbrett in einen fixen Job. Und auch wenn Geld nicht das Wichtigste ist: So manches Praktikum ist gar nicht schlecht bezahlt.

Praktika sind an den heimischen Fachhochschulen eine Selbstverständlichkeit – vor allem bei Vollzeitstudien. Für die Studenten stellen sie eine gute Möglichkeit dar, das erlernte Wissen in der Praxis anzuwenden oder ein Gefühl dafür zu bekommen, wohin die berufliche Reise gehen könnte. Angesichts der in der Regel engen Kooperation mit der Wirtschaft haben sie es weitaus einfacher als etwa Universitätsstudenten, zu einem interessanten Praktikumsplatz zu kommen. Viele Unternehmen bekunden ihr Interesse auch direkt bei den Fachhochschulen. Nicht selten folgt auf ein Praktikum ein Jobangebot.

Zwölf Wochen „on the job“

Grundsätzlich gilt an allen heimischen Fachhochschulen die gesetzliche Vorgabe, dass in Vollzeitstudien inskribierte Studenten ein mindestens zwölf Wochen dauerndes Praktikum absolvieren müssen. Zu welchem Zeitpunkt dieses zu erfolgen hat, ist nicht definiert und unterscheidet sich in der Regel von Studium zu Studium. An der FH Vorarlberg hat man dafür im Bachelorstudium „Informatik – Software and Information Engineering“ etwa den Zeitraum zwischen dem vierten und fünften Semester vorgesehen, wie die Studiengangsleiterin Regine Bolter erklärt. Ihre Studenten sind offensichtlich heiß begehrt seitens der Wirtschaft. „Die Unternehmen kommen auf uns zu“, sagt sie.

Ein Praktikumsleitfaden soll verhindern, dass sich die Studenten einen Lenz machen oder nur für niedere Dienste wie Wurstsemmelholen eingeteilt werden. „Es muss sich um einen projektbezogenen Einsatz handeln, der zum Ausbildungsgegenstand passt“, so Bolter. Gleichzeitig lege man auch Wert darauf, dass nicht zu viele kleine Projekte absolviert werden, maximal drei sind vorgesehen. Die gesammelten Eindrücke müssen im Rahmen einer Arbeit wissenschaftlich reflektiert werden. Aber auch die Mitstudenten sollen von den Erfahrungen anderer profitieren. So ist nach dem erfolgten Praktikum ein Erfahrungsaustausch angesetzt. „Auf diesem Wege können die Mitstudenten erfahren, welche Praktikumsplätze gut waren“, so Bolter.

Während die Bewerbung selbst Sache der Studenten ist, greifen ihnen viele Fachhochschulen bei der Vorselektion unter die Arme. Einige führen Listen von Unternehmen, mit denen man in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hat und die studienrelevante Projekte anbieten, andere setzen auf Informationsveranstaltungen, bei denen die Studenten mit Tipps und Tricks versorgt werden.

Dass ein Praktikum in vielen Fällen ein Fuß in der Tür zu einem späteren Arbeitgeber ist, ist eine unbestrittene Tatsache. Nicht wenige Absolventen des Masterstudiums Biomedizinische Informatik der Fachhochschule Oberösterreich kehren in die USA oder nach England zurück – wo sie ihre Praktika absolviert haben –, um einen Arbeitsplatz in der Forschung anzutreten, wie die Studiengangsleiterin Karin Pröll bestätigt. An der Fachhochschule Vorarlberg sei das nicht anders, wie Bolter meint: „Mehr als die Hälfte unserer Studenten bekommen nach ihrem Praktikum ein konkretes Jobangebot.“ Nachsatz: „Viele nehmen dieses auch wahr.“

„Die Studenten werden sehr gut bezahlt“, so Pröll. Viele ihrer Studenten entscheiden sich für ein ein- bis zweisemestriges internationales Praktikum – wie etwa am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) oder an der University of Cambridge in England. Wer einen der begehrten Plätze ergattere, könne durchaus mit einem Monatsgehalt von bis zu 1600 Euro rechnen. „Geld ist allerdings nicht das Wichtigste“, erinnert Pröll an das primäre Ziel eines Praktikums – sprich, während des Studiums berufsrelevante Praxis zu sammeln.

Für Studenten der Fachhochschule Vorarlberg liegt es in geografischer Hinsicht auf der Hand, nicht nur im eigenen Saft zu schmoren, sondern sich auch über die Ländle-Grenzen hinaus nach einem Praktikumsplatz umzusehen. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich der Verdienstmöglichkeiten. Laut Bolter zahlen Vorarlberger Firmen ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von 1500 Euro. In der Schweiz wären sogar bis zu 4000 Euro drinnen. Deutlich geringer seien die Verdienstmöglichkeiten in Deutschland: Praktikanten müssten sich hier mitunter mit 400 bis 700 Euro begnügen – selbst die Studenten technischer Studien, die normalerweise besser vergütet werden.

Zuschüsse sind möglich

Nicht unwesentliches Detail am Rande: All jene, die es ins Ausland zieht, können um eine Praktikumsförderung ansuchen. An Studenten richtet sich etwa das Erasmus-Stipendium. Hier muss der Förderungsantrag spätestens sechs Wochen vor dem Beginn des Praktikums eingereicht werden. Nach Bewilligung werden – je nach Gastland – zwischen 328 und 435 Euro pro Monat zugeschossen. Studierende mit Kind oder solche mit besonderen Bedürfnissen können um einen Sonderzuschuss ansuchen. Das Leonardo-da-Vinci-Programm greift wiederum FH-Absolventen unter die Arme. Die Unterstützung reicht hier von einem Unterhaltspauschale bis hin zu Sprachkurskosten.

Praktika: Dos und Don'ts

Dos:

•Chance nutzen: Oft folgt aufs Praktikum ein Job.

•Kollegen über deren Praktikumserfahrungen befragen.

•Bei Auslandspraktika über Fördermöglichkeiten informieren.

Don'ts

•Praktikum nach Verdienstmöglichkeiten auswählen.

•Praktika einfach absitzen.

•Unkollegiales Auftreten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2013)

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