Frankreich: Hollande im Strudel eines Rücktritts

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Hollande (c) REUTERS (POOL)
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Die Auslandskonten des Ex-Budgetministers Cahuzac bringen Präsident Hollande in Verlegenheit. Mit drakonischen Strafen versucht er einen Befreiungsschlag.

Paris. Der Rücktritt des früheren Haushaltsministers Jérôme Cahuzac zieht in Frankreich weite Kreise. Auf seinem Weblog gestand der Ex-Minister, seit 20 Jahren ein geheimes Bankguthaben zu besitzen, wie dies das Online-Magazin Mediapart behauptet hatte. Cahuzac hatte die Existenz dieses Kontos bei der Schweizer UBS seit Monaten vehement abgestritten. Als vor zwei Wochen die Staatsanwaltschaft eine gerichtliche Voruntersuchung anordnete, zog Cahuzac die Konsequenzen.

Offenbar wusste er, dass ihm die Justiz auf die Schliche kommen würde. Auf Anraten seines Anwalts ging er von sich aus zum Untersuchungsrichter, um ein volles Geständnis abzulegen. Er bestätigte dabei, dass er dem Fiskus die Existenz von rund 600.000 Euro vorenthalten hatte.

Gegen Cahuzac wird nun wegen „Geldwäscherei im Zusammenhang mit Steuerbetrug“ ermittelt. Er riskiert bei einer Verurteilung eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren. Moralisch ist er als Politiker bereits erledigt. Premierminister Jean-Marc Ayrault sagte, er sei aus allen Wolken gefallen.

Schadensbegrenzung

In einer kurzen Fernsehansprache versuchte Präsident Hollande am Mittwoch, den Schaden in Grenzen zu halten. Er sprach von einem „schweren und unverzeihlichen Verstoß“ eines Ministers, der nicht nur ihn persönlich verraten, sondern die ganze Nation belogen habe. Hollande kündigte ein Gesetz an, das Politikern bei einer Verurteilung wegen Betrugs und Korruption verbieten soll, je wieder für ein Amt zu kandidieren.

Hollande weiß nur zu gut, dass dieser Skandal auf ihn und seine Regierung zurückfallen wird. Im Namen der Opposition verlangte der frühere Parlamentspräsident Bernard Accoyer eine offizielle Entschuldigung durch Hollande. UMP-Parteichef Jean-François Copé meinte, der Präsident sei entweder naiv gewesen, oder er habe in sträflicher Weise bei der Kontrolle des von ihm nominierten Ministers versagt. Der rechtspopulistische Front National forderte gleich Neuwahlen.

Vielleicht wäre Cahuzacs Rechnung aufgegangen, wenn Mediapart nicht hartnäckig geblieben wäre. Jetzt sind ihm Spott und Häme sicher. Wegen seiner faustdicken Lügen wird er schon als „Pinocchio“ karikiert. Die Zeitung „Midi Libre“ zog aber auch bereits einen Vergleich mit der Affäre um den EX-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn: „Zwei Lügen, zwei von der Justiz belangte Politiker, zwei enorme Pleiten und eine vom Verrat erniedrigte politische Führung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2013)

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