Frankreichs Präsident unter Zugzwang: Zuerst der Budgetminister, nun steht auch sein früherer Schatzmeister im Verdacht zwielichtiger Finanzgeschäfte. Die Opposition fordert ein Köpferollen.
Der französische Staatschef Francois Hollande müsse "seine Regierung komplett austauschen, den Regierungschef (Jean-Marc Ayrault) und die Minister", sagte der Oppositionschef Jean-François Copé. Ferne sollte Hollande endlich "seiner Verantwortung" gerecht werden, denn seine Regierung befinde sich "nur elf Monate nach der Wahl in der totalen Sackgasse".
Der Grund für Copés drastische Worte sind zwei Polit-Skandale: Einerseits die Affäre um Hollandes ehemaligen Budgetminister Jérôme Cahuzac, andererseits Erkenntnisse über den früheren Schatzmeister des Präsidenten, Jean-Jacques Augier.
Affäre Nr 1: geleugnetes Konto
Der vor zwei Wochen zurückgetretene Cahuzac hatte am Dienstag nach monatelangem Leugnen den Besitz eines Auslandskontos mit 600.000 Euro eingeräumt. Aktuell läuft gegen ihn ein Verfahren wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Ermittlungen der Genfer Staatsanwaltschaft zufolge wurde das Konto Anfang der 1990er-Jahre bei der Schweizer Bank UBS eröffnet, später zu einer diskreteren Privatbank transferiert und zuletzt sogar über eine Niederlassung in Singapur geführt. Das Geld soll aus Beratungstätigkeiten für die Pharmaindustrie stammen.
Die Opposition will nun wissen, wann Hollande von Cahuzacs heimlichem Konto erfahren hat. Der Präsident beteuert, dies erst am Dienstag erfahren zu haben. Das Magazin "Le Point" bestritt diese Darstellung am Donnerstag jedoch. Demnach soll die Regierung bereits im Dezember über das Geheimkonto informiert worden sein.
Affäre Nr 2: Schatzmeister als Aktionär
Neben der Cahuzac-Affäre, bringen Berichte über Jean-Jacques Augier, seines Zeichens ehemaliger Schatzmeister des Wahlkampfteams von Hollande, seinen früheren Chef in Erklärungsnot. Er soll laut einem Bericht von "Le Monde" Aktionär von zwei Offshore-Firmen auf den Kaiman-Inseln sein. Augier habe demnach 2005 über seine Finanzholding Eurane zusammen mit weiteren Aktionären das Unternehmen International Bookstores gegründet, das in dem bekannten Steuerparadies ansässig sei, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht. Drei Jahre später habe er auf den Kaiman-Inseln eine weitere Offshore-Firma gegründet.
Augier bestätigte "Le Monde" am Donnerstag die Beteiligung an den beiden Firmen. Er betonte aber: "Nichts ist illegal". Er habe zudem "weder ein eröffnetes persönliches Bankkonto auf den Kaiman-Inseln, noch direkte persönliche Investitionen in diesem Territorium".
Hollande im Umfragetief
Das Thema Steuerflucht oder Steuervermeidung ist besonders heikel für den sozialistischen Präsidenten, weil Hollande bereits im Wahlkampf in Abgrenzung zu dem konservativen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy eine saubere Regierungsführung versprochen hatte und im ersten Jahr seiner Amtszeit Steuern in Frankreich erhöht hat.
Ankündigungen, die er offenbar nicht umsetzen konnte und für die er nun die Rechnung präsentiert bekommen zu scheint: Nach einer neuen Umfrage vertrauen dem Sozialisten nur noch 27 Prozent der Franzosen. In der März-Umfrage des Instituts TNS Sofres für das Magazin des "Figaro" hatte Hollande noch bei 30 Prozent gelegen.
(APA/AFP)
