Fall Oliver: Vater bleibt Prozess in Graz fern

Fall Oliver Vater bleibt
Fall Oliver Vater bleibt(c) REUTERS (SCANPIX DENMARK)
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Der Däne habe "kein Vertrauen in die österreichische Rechtssicherheit". Heute wird in Graz der Prozess gegen ihn wiederholt.

Graz. Schwere Nötigung und Kindesentziehung lauten die Anklagepunkte, deretwegen Thomas S. heute, Donnerstag, in Graz erneut vor Gericht stehen sollte. Am 3. April 2012 hat der Däne seinen damals fünfjährigen Sohn gegen den Willen der Mutter in sein Auto gesetzt und ist mit ihm nach Dänemark gefahren. Ende September 2012 wurde Thomas S. am Grazer Straflandesgericht zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt. Wegen eines Formalfehlers wurde das Urteil aufgehoben. Nun wird der Vorfall ein zweites Mal verhandelt.

Vor Journalisten sagte S. am Mittwoch, dass er nicht nach Österreich kommen werde, wie die Austria Presse Agentur berichtet; er habe nach der Behandlung, die ihm zuvor in Österreich entgegengebracht wurde, „schlicht und einfach kein Vertrauen in die österreichische Rechtssicherheit". Bei Nichterscheinen wird ein internationaler Haftbefehl gegen S. erlassen. Olivers Mutter Marion W. hat inzwischen keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn. Am 27. Dezember, Olivers Geburtstag, habe sie zum letzten Mal mit ihm gesprochen, so W. zur „Presse". Seit dem 13. Februar sei der Kontakt auch zu Thomas S. völlig abgebrochen: „Er hebt einfach nicht mehr ab."

Barbara Prasthofer, Anwältin des Vaters, fragt sich, wieso W. Oliver nur ein einziges Mal in Dänemark besucht habe. W. entgegnet, nur wenn sie alle dänischen Gerichtsurteile anerkennen würde, könne sie Oliver sehen. Prasthofer sieht das anders: „Besuchsrecht ist losgelöst von der Sorgerechtsentscheidung zu sehen." Gesehen hat W. Oliver während der letzten zwölf Monate einmal, als sie im Zuge einer Gerichtsverhandlung in Dänemark war.

Alle Instanzen bereits durch

2010 ist Marion W. - gegen den Willen von Olivers Vater - mit dem Buben von Dänemark in ihre Heimatstadt Graz gezogen, seitdem steht das Kind zwischen den Fronten: Thomas S. hat die alleinige Obsorge in Dänemark inne, Marion W. in Österreich - und auch international. Aus Dänemark kann Thomas S. mit Oliver nicht ausreisen. „Oliver ist im Fahndungsraum Schengen als vermisste Person gemeldet", sagt Britta Schönhart, Anwältin von Marion W.

Im heutigen Verfahren geht es um den Vorfall vom 3. April 2012. In Sachen Obsorge ist der Weg durch die österreichischen und dänischen Instanzen beendet: Mitte Jänner hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters abgewiesen - er hatte das alleinige Sorgerecht für den Buben beantragt. Marion W. wiederum wollte den Fall vor das dänische Höchstgericht bringen. Dies wurde aber von der zuständigen Stelle, dem Prozessbewilligungsamt, abgelehnt.

Auf europäischer Ebene bleibt noch die Möglichkeit, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen. „Aber das kann sehr lange dauern, bis es da zu einer Entscheidung kommt", sagt Anwältin Schönhart.
W. hat sich auch an das Europaparlament in Brüssel gewandt. Dänemark ist zwar Vollmitglied der EU, hat aber in einigen Bereichen, so auch in der Justiz, Ausnahmeregelungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 4. April 2013)

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