Expertenkritik: „Urteil nicht nachvollziehbar“

Selbst Bilder, die man publizieren darf, dürften nun nicht gemacht werden, sagt Anwalt Zöchbauer.

Wien/Aich. Ein Fotograf geht in den Park, um zum Thema Frühlingsbeginn ein Bild zu machen. Bisher war es kein Problem, wenn auf dem Foto Personen zu sehen waren, die im Park saßen. Da es nichts Unanständiges ist, im Grünen zu sein, konnte das Bild auch problemlos veröffentlicht werden. Der Entscheid des Obersten Gerichtshofs (siehe Artikel links) ändert die Situation schlagartig: Nehme man das Urteil ernst, sagt Medienrechtsanwalt Peter Zöchbauer, könnten die auf dem Foto sichtbaren Personen nun vor Gericht gehen. Und zwar nicht wegen einer Veröffentlichung (die bleibt laut Gesetz erlaubt), sondern weil das Foto angefertigt wurde. Denn laut OGH kann man nun klagen, wenn man ungefragt abgelichtet wurde.

Zöchbauer ist verwundert, dass sich der OGH auf deutsche Urteile beruft. In Deutschland sei das Gesetz „gegenteilig“ zum österreichischen, betont der Jurist im Gespräch mit der „Presse“. Hierzulande gebe es Normen, die klar erlauben, dass Bilder von Personen publiziert werden dürfen, solange sie keine intime Situation zeigen. „Das Urteil ist mit der österreichischen gesetzlichen Lage systematisch unvereinbar und nicht nachvollziehbar“, kritisiert der Jurist.

Fotos werden „hochriskant“

Leute ohne Einwilligung zu fotografieren, könne man sich künftig kaum noch trauen, sagt Zöchbauer. Zulässig wäre es etwa noch, Politiker während einer Rede abzulichten. Aber ansonsten „muss man sich noch mehr als bisher um Einverständniserklärungen kümmern“, erklärt der Anwalt.

Das Urteil betrifft nicht nur Berufsfotografen, sondern alle, die Bilder anfertigen. Raum für Interpretationen bietet freilich die Interessenabwägung zwischen Fotograf und Fotografiertem, die der OGH vorschreibt. Fotos ohne Einwilligung würden aber nun „hochriskant“ werden, warnt Zöchbauer. Wer erfolgreich auf Unterlassung geklagt wird, muss jedenfalls die Prozesskosten tragen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2013)

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Bisher konnte man grundsätzlich jeden ablichten. Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs drohen bei ungefragten Fotos nun aber Klagen.

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