Immofinanz: „Holen Sie die Herren von ihren hohen Rössern“

Immofinanz-Prozess
Immofinanz-ProzessAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der Ex-Chef der Immofinanz Karl Petrikovics wurde wegen Untreue schuldig gesprochen. Er habe sich Begünstigungen in Höhe von 20 Millionen Euro ohne rechtliche Grundlage auszahlen lassen.

[Wien] „Petrikovics hat die Bank beherrscht. Er war das Mastermind.“ Mit diesen Worten leitete Richterin Moravec-Loidolt am Freitagabend ihr Urteil gegen Karl Petrikovics, Exchef der Constantia Privatbank (CPB) und der von ihr gemanagten Immoeast und Immofinanz, ein. Dieser wurde zu sechs Jahren Haft wegen Untreue verurteilt. Der ebenfalls angeklagte Ex-Aufsichtsratschef der Immofinanz Helmut Schwager erhielt 4,5 Jahre, der ehemalige Prokurist Christian Thornton zwei Jahre, die allerdings auf drei Jahre bedingt ausgesprochen wurden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.„Wir haben hier gelernt, dass die wirtschaftliche Betrachtungsweise von der strafrechtlichen abweist“, begründete die Richterin ihren Spruch. Die Angeklagten hätten Befugnisse, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht. So hätten sich Petrikovics und Schwager Gewinne in Höhe von 20 Millionen Euro auszahlen lassen, ohne zuvor Kapital eingesetzt zu haben. „Oberste Prämisse war: Niemand sollte etwas erfahren.“ Das sei eine unrechtmäßige Bereicherung gewesen.

„Von Rössern runter holen“

„Hohes Gericht, holen Sie diese Herren von ihren hohen Rössern auf den Boden der Realität – nützen Sie jetzt diese Gelegenheit.“ Mit diesem Appell beendete Staatsanwalt Volkert Sackmann zuvor am 14. Verhandlungstag im Immofinanz-Prozess sein überaus emotional gehaltenes Schlussplädoyer. Eine Stunde lang zitierte der Ankläger aus Verhörprotokollen sowie aus Aussagen der Angeklagten und Zeugen im Verfahren – und verwies auf die Widersprüche, in die sich die Angeklagten mehrfach verwickelt hatten.

Sackmann warf Petrikovics, und Schwager Arroganz, Abgehobenheit und Lügen vor. „Diese Abgehobenheit, diese Gleichgültigkeit, mit der man fremdem Vermögen gegenübersteht, den Anlegergeldern, und behauptet, ,Das stand mir zu‘ – was glauben Sie, wie sich geschädigte Anleger fühlen?“, stellte Sackmann empört die rhetorische Frage in den Raum. Um gleich nachzulegen: „Glauben Sie wirklich, dass man ohne einen Cent zu investieren 20 Mio. Euro machen kann? Ohne dass ein anderer einen Vermögensnachteil hat? Ich glaube, diese Frage beantwortet sich von selbst.“
Die Jovialität, mit der Petrikovics und Schwager zu Beginn des am 22. Jänner gestarteten Prozesses agierten, war ihnen längst vergangen. Mit steinerner Miene verfolgten sie nach dem Schlusswort Sackmanns auch die stundenlangen Plädoyers ihrer Anwälte.

Hable wurde freigesprochen

In dem ersten Teilprozess der Causa Immofinanz ging es um schwere Untreue (Strafrahmen bis zu zehn Jahre) und Bildung einer kriminellen Vereinigung. Petrikovcs, Schwager und Ex-Vorstand Norbert Gertner (dessen Verfahren wegen Krankheit ausgesondert wurde) sollen das verschlungene und undurchsichtige Firmenkonstrukt der CPB/Immofinanz/Immoeast-Gruppe genutzt haben, um sich durch – vom Aufsichtsrat nicht genehmigte – Aktienoptionsgeschäfte um rund 20 Mio. Euro unrechtmäßig zu bereichern. Sie sollen dafür selbst kein Geld eingesetzt und auch keine Optionsprämie gezahlt haben. Die Mittel seien aus diversen Gesellschaften gekommen, wodurch diese geschädigt worden seien, so die Anklage. Über den Treuhänder Ernst Hable und über Scheinrechnungen seien die Gewinne Ende 2006 und Anfang 2007 ausgezahlt worden. Hable wurde zwischenzeitlich schon überraschend freigesprochen. Er habe keinen Untreuevorsatz gehabt, so die Justiz.

Alle Angeklagten bekannten sich von Anfang an als nicht schuldig. Petrikovics und Gertner beteuerten mehrfach, dass ihnen die Millionen zustünden. Dennoch haben sie (und auch Gertner) einen Teil der Summe – 8,66 Mio. Euro – als „Schadenswiedergutmachung“ schon zurückgezahlt.
Zurück zum Staatsanwalt, der die Vorgangsweise als „Unverfrorenheit“ bezeichnete: „Sie haben wissentlich Ihre Befugnis über fremdes Vermögen missbraucht“, lautete seine Schlussfolgerung. Um auf einen der vielen Sager von Schwager hinzuweisen: „Wenn man nur mit dem Aktiengesetz und Bankwesengesetz herumgeht, dann werden Sie keine Gewinne machen, die Praxis und das Leben sind anders, als sich das Rechtsprofessoren vorstellen“, hat Schwager, langjähriger Mitarbeiter und Vertrauter von Konzerngründer Herbert Turnauer, gemeint.

Zuvor hatte Sackmann das Verfahren noch einmal mit seinen „Lieblingsstücken“ Revue passieren lassen. Dabei verwies er unter anderem auf einige Zeugen, die als Vertreter der Eigentümer der CBP ausgesagt hatten, dass die Angeklagten keine Genehmigung für ihre Aktienoptionsgeschäfte hatten.

Auf einen Blick

Der Immofinanz-Prozess um Aktienoptionsgeschäfte gegen Karl Petrikovics, Norbert Gertner, Helmut Schwager, Christian Thornton und Ernst Hable ist Teil der umfangreichen Immofinanz-Causa. Die Justiz ermittelt weiterhin in dem Fall um mutmaßliche riesige gruppeninterne Aktientransaktionen wegen der Vorwürfe der Marktmanipulation und des Anlegerbetrugs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2013)

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