Fabrikseinsturz in Bangladesch: Warnungen missachtet?

700 Personen wurden bei dem Einsturz einer Textilfabrik in Savar verletzt, rund 100 kamen ums Leben.
700 Personen wurden bei dem Einsturz einer Textilfabrik in Savar verletzt, rund 100 kamen ums Leben.(c) REUTERS (ANDREW BIRAJ)
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Rund Hundert Menschen kamen ums Leben, mehr als 700 wurden verletzt. Am Vortag wurden Risse am Gebäude entdeckt, Arbeiter hätten nicht in die Fabrik gelassen werden dürfen.

Beim Einsturz eines achtstöckigen Gebäudes mit Textilfabriken und einem Einkaufszentrum in Bangladesch sind nach offiziellen Angaben fast 100 Menschen ums Leben gekommen. In dem Gebäude hätten sich rund 2000 Menschen aufgehalten, als es am Mittwoch zusammengebrochen sei, sagte ein Feuerwehrmann am Ort des Geschehens. Die Regierung hat den Donnerstag zum offiziellen Trauertag erklärt. Auf Regierungsgebäuden und vielen Privathäusern würden schwarze Flaggen gehisst, um der Opfer zu gedenken, sagte ein Sprecher in Dhaka.

Gegen 9 Uhr, als viele Arbeiterinnen am Platz waren und die Geschäfte geöffnet hatten, knallte es plötzlich und das Gebäude stürzte in sich zusammen. In dem Haus befanden sich im Erdgeschoß und in der ersten Etage viele Geschäfte und eine Bankfiliale, im zweiten bis sechsten Stock nähten Textilarbeiter, wie Rettungskräfte berichteten. Die meisten der Toten sind nach offiziellen Angaben Frauen, die in den vier Fabriken arbeiteten. Bilder zeigten, dass das Betongebäude im Gebiet Savar, etwa 20 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Dhaka, im hinteren Teil fast ganz in sich zusammengefallen war.

Rettungskräfte suchten unter den Trümmern des Rana-Plaza-Gebäudes in Savar, rund 30 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Dhaka, nach Überlebenden. Behördenangaben zufolge wurden bis zum späten Nachmittag 96 Todesopfer bestätigt. Mehr als 700 Menschen seien verletzt worden.

Das Militär wurde zu Hilfe gerufen. Auch zahlreiche Freiwillige kamen und versuchten fieberhaft, durch den Schutt zu den Verletzten vorzudringen. Die Zeitung "Daily Star" berichtete online, aus den Trümmern drängen Rufe nach Wasser. Andere Verschüttete würden zu Allah beten oder religiöse Gesänge anstimmen.

Risse entdeckt: Warnung missachtet

Überlebende berichteten, dass das Haus "Rana Plaza" bereits am Dienstag Risse zeigte und sie deswegen nicht mehr darin arbeiten wollten. "Aber die Manager der Fabrik zwangen uns", sagte die 29 Jahre alte Textilarbeiterin Aklima Begum nach dem Unglück. Der Direktor der Polizeieinheit für Industrie, Mustafizur Rahman, beschuldigte die Fabrikbesitzer, sie hätten Warnungen der Polizei nicht beachtet. "Sie haben nicht auf uns gehört." Innenminister Muhiuddin Khan Alamgir sagte Medien, das Gebäude könnte wegen fehlerhafter Bauweise eingestürzt sein.

Die Textilfabriken in Bangladesch, in denen auch viele europäische Handelshäuser fertigen lassen, sind berüchtigt für schlechte Arbeitsbedingungen und mangelhafte Sicherheitsvorkehrungen. Schon mehrfach gab es Feuer mit vielen Opfern. Im November waren bei Bränden mindestens 120 Menschen ums Leben gekommen.

Die eingestürzte Fabrik
Die eingestürzte Fabrik(c) REUTERS (ANDREW BIRAJ)



Hinzu kommt, dass im Großraum Dhaka oft ohne Genehmigung Häuser errichtet und dabei Bauvorschriften ignoriert werden. Vor acht Jahren brach im selben Viertel bereits eine Textilfabrik zusammen. Damals kamen Dutzende Menschen um.

In den rund 4500 Kleiderfabriken des Landes produzieren vor allem Frauen unter oft schwierigen Bedingungen Waren für westliche Bekleidungskonzerne. Bangladesch ist nach China der zweitgrößte Textilproduzent der Welt. Die Branche erwirtschaftet 80 Prozent des Jahresexports des asiatischen Landes von 24 Milliarden Dollar (18,48 Milliarden Euro).

In dem nun zerstörten Gebäude soll laut dem Textilproduktions- und Exportverband Bangladeschs auch die Firma Ether-Tex nähen lassen haben, die unter anderem für C&A und Kik produzierte. Beide Kleidungshandelsunternehmen erklärten am Mittwoch, nicht in der Unglücksfabrik produziert zu haben. Die Geschäftsbeziehung mit Ether-Tex endete für C&A demnach im Oktober 2011. Die Firma Kik teilte mit, dass sie in dem eingestürzten Gebäude nicht produzieren ließ. "Zu der Firma Ether-Tex besteht keine Geschäftsbeziehung. Letztmalig wurde hier im Jahr 2008 produziert."

(APA/Reuters/dpa)

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