Mit absehbarem Ende

(c) Reuters (JESSICA RINALDI)
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Pop-up-Stores erreichen langsam die Bundesländer. Auch dort profitieren nicht nur junge Labels, sondern ganze Grätzel von der temporären Nutzung leer stehender Lokale.

Zentrale Lage, außergewöhnliche Gestaltung, hippe Nachbarn und geringe Mieten – das sind wohl die Hauptkriterien für das erste eigene Geschäft aufstrebender Kreativer. Doch selbst wenn das passende Lokal gefunden ist, bleiben die Kosten gerade für junge Labels und Designer meist nicht leistbar. Oft fehlt Startkapital, und ob der eigene Shop überhaupt funktionieren wird, ist ungewiss. Wohl auch ein Grund, weshalb sich das Konzept der Pop-up-Stores nach wie vor beliebt ist: Kleine wie große Labels bieten ihr Sortiment über einen begrenzten Zeitraum in einem eigens angemieteten Lokal an – oft nur ein paar Tage, Wochen oder Monate. Stark limitiertes und speziell zusammengestelltes Sortiment sowie eine ausgefallene Location locken Kunden. Und so plötzlich, wie sie „aufgepoppt“ sind, verschwinden sie auch wieder.

Das japanische Modelabel Comme des Garçons hat es 2004 in einem Berliner Hinterhof vorgemacht, seitdem tauchen Pop-up-Stores vor allem in Großstädten verstärkt auf. Hierzulande waren sie bisher den Wienern vorbehalten, langsam bahnen sich die Kurzzeitläden ihren Weg in die Länder.

Etwa nach Salzburg, wo das Designduo Barbara Gollackner und Michael Walder mit seinem Label Undpartner und gemeinsam mit dem Möbelhändler Interior+Solutions derzeit den ersten Pop-up-Store der Stadt betreibt. „Das Tolle ist, dass man mit wenig Kapital und relativ spontan testen kann, wie eigene Designs oder Produkte ankommen. In Salzburg sind Pop-up-Stores auch um einiges spannender als etwa in Berlin, wo so etwas viel öfter passiert“, sagt Barbara Gollackner.


Standort Abrisshaus. Auf der Suche nach einem Standort stießen Undpartner auf ein ehemaliges Lebensmittelgeschäft in einem Abrisshaus, das lange leer stand. „Als Innenarchitekten konnten wir vieles selbst machen. Wir haben etwa die Wände belassen, wie sie waren, einfache Bodenplatten verlegt“, erzählt Gollackner. Vor der Eröffnung im Dezember mussten Strom und Wasser wieder angeschlossen und einige Produkte serienreif gemacht werden. „Wichtig ist vor allem die Werbung. Wir waren sehr aktiv und haben Abendveranstaltungen wie unsere Vortragsreihe ,Salon Undpartner‘ im Store veranstaltet, auch andere Künstler stellen bei uns aus“, so Gollackner, die gerade an einem Konzept für den Abschluss im Juni feilt.

Suche nach Leere. Die Zwischennutzung des Lokals bis zum Abriss des Hauses komme bei den Kunden sehr gut an, vor allem, weil der Store so „überhaupt nicht nach Salzburg“ aussehe, meint die Designerin: „Die Kombination Pop-up und Abrisshaus ist für Salzburg extrem innovativ.“ Bisher gab es nur ein Pop-up-Restaurant.

Passende Leerstände zu finden ist aber nicht immer leicht. „Gerade in guten Lagen bleiben Lokale nicht lange leer. Wir gehen meist durch die Straßen und schauen, ob etwas frei ist. Wenn man neu und unbekannt ist, ist eine zentrale Lage das Um und Auf, da man auf Laufkundschaft angewiesen ist“, sagt Pamela Glück, die gemeinsam mit Christine Schlögl unter dem Green-Fashion-Label „better b. good“ fair und biologisch hergestellte Mode designt und vertreibt. Ende November haben die beiden Oberösterreicherinnen den ersten Pop-up-Store in Linz in einem ehemaligen Friseursalon am Graben veranstaltet. „Die Lokale können alt und heruntergekommen sein, sollten aber Chic und Flair haben, etwa alte Backsteinbauten oder Lokale mit sehr hohen Räumen“, meint Glück.


Werbung via Web. Ihr Atelier haben die 28-jährigen Wahlwienerinnen im 18.Bezirk, wo sie auch ausstellen. Verkauft wird online und auf Designmärkten. „Die Pop-up-Stores machen wir in Linz. Dort ist das Konzept neu und wird besser aufgenommen. Linzer Kunden sollen die Möglichkeit haben, unsere Mode live zu sehen, nicht nur online oder in Wien“, so Glück. Die Einladung läuft vor allem via Facebook.

Ihre zweite Linie Lieblingsleiberl, Shirts mit Aufdrucken, ist nur in den Pop-up-Stores und auf Märkten erhältlich, als „Anreiz fürs Vorbeikommen“. Im März fand der zweite Linzer Pop-up-Store der beiden in Kooperation mit zwei kleineren Labels statt, weitere sind geplant. „Ich glaube, dass Pop-up in Österreich noch ein paar Jahre funktioniert. Es hat Sinn, dass sich Labels zusammenschließen, etwa Mode, Schmuck und ein Musiker, um gemeinsam ein Konzept zu überlegen“, meint Glück.

Auch Sonja Weinstabel glaubt an das Konzept, das mittlerweile nicht mehr nur im Modebereich, sondern auch als Pop-up-Kochabend oder Guerilla Bakery funktioniert. Die Wienerin begann 2008 mit den ersten Pop-up-Stores in Wien. „Mein erster hat aus der Not heraus stattgefunden, weil mir ein langfristig geplantes Lokal abgesprungen ist. In einem Waschsalon im siebten Bezirk, den ich zufällig entdeckte, waren die alten Maschinen eine besondere Kulisse“, erzählt Weinstabel, die immer wieder mit dem Fahrrad durch Wien fuhr, um Standorte aufzuspüren.

Nach dem erfolgreichen Pop-up im Waschsalon, den sie für drei Monate nutzen konnte, gründete sie das Label „whatatf“ (What about the future?) und veranstaltete unterschiedliche Concept Stores in Wien, oft in Kooperation mit Künstlern, DJs und Designern. „Viele Locationbesitzer sind mir extrem mit der Miete entgegengekommen, weil leere Geschäfte schlecht für das Grätzel sind“, sagt Weinstabel.


Wiener Schwellenangst. Dass sich Pop-up-Stores für Besitzer und Grätzel lohnen können, zeigt das Beispiel des Waschsalons. Immer mehr Leute hätten gefragt, ob das Lokal zu vermieten sei. Dennoch sei das Publikum in Wien weniger offen als in Berlin. „Die Wiener haben eine Schwellenangst“, meint Weinstabel, die heute im Management einer Handelsimmobilie tätig ist. Pop-up-Stores veranstaltet sie nicht mehr. „Vom Pop-up allein kann man nicht leben. Ich sehe das Konzept aber noch immer positiv, weil es eine günstige Möglichkeit gibt, sich zu präsentieren.“ Man müsse aber aufpassen, dass man nicht „einer von vielen“ werde.

Vorreiter

Interior Design Pop-Up Store in der Untersbergstrasse 12 in 5020 Salzburg hat noch bis Ende Juni geöffnet.

Undpartner. Das Designteam Barbara Gollackner und Michael Walder veranstaltet in Salzburg auch Pop-up-Cooking sowie die Vortragsreihe „Salon Undpartner“. Der Store wurde bis Juni verlängert. www.undpartner.at

Better b. good. Die Oberösterreicherinnen Pamela Glück und Christine Schlögl designen unter anderem T-Shirts, Tanktops und Strickwesten. Produziert wird fair und biologisch mit Gots-Siegel.
www.betterbegood.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2013)

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