Steuerflucht: Wie Apple ganz legal den Fiskus austrickst

Apple Fiskus
Apple Fiskus(c) REUTERS (BOBBY YIP)
  • Drucken

Eine der gewinnträchtigsten Firmen der Welt zahlt seit Jahren dank irischer Briefkastenfirmen so gut wie keine Körperschaftsteuer. Der US-Kongress ist erzürnt und zitiert Konzernchef Tim Cook vor einen Ausschuss.

Washington. Der amerikanische Computerhersteller Apple hat in den jüngsten vier Jahren mindestens 74 Milliarden Dollar (58 Milliarden Euro) verdient, ohne nur einen einzigen Cent an Körperschaftsteuer zu bezahlen: weder in in den USA noch anderswo auf der Welt.
Möglich wurde das durch den geschickten Einsatz mehrerer Briefkastenfirmen in Irland, über die das gesamte Geschäft von Apple außerhalb der Vereinigten Staaten läuft. Im Zentrum dieses Netzes steht „Apple Operations International".

Das ist ein besonders bemerkenswertes Geschöpf: eine Firma mit Sitz im irischen Cork, die aber nie auch nur einen einzigen Mitarbeiter hatte, deren drei Vorstände allesamt Apple-Angestellte sind, von denen zwei in Kalifornien leben und nur einer (zumindest auf dem Papier) in Irland. Dieser Vorstand traf sich seit der Gründung von Apple Operations International 33 Mal zu Sitzungen: 32 Mal tat man das am Apple-Konzernsitz in Cupertino, Kalifornien. Der irische Vorstand nahm bloß an sieben dieser Sitzungen teil; die Firma hat ein Bankkonto in New York, ihr Vermögen wird von einer Gesellschaft im US-Bundesstaat Nevada verwaltet, der für sein besonders flexibles Gesellschaftsrecht bekannt ist.

„Eine Absurdität"

Über diese Briefkastenfirma liefen über Jahre hinweg rund 60 Prozent der gesamten Konzerngewinne, ergab ein umfassender Bericht eines Untersuchungsausschusses des Kongresses. Und diese Briefkastenfirma ist ein sonderbares, heimatloses Geschöpf: Irland sieht Apple Operations International nicht als steuerpflichtig an, weil es keine Mitarbeiter in Irland hat und kein Geschäft betreibt. Der US-Fiskus wiederum behandelt die Firma als irisches Steuersubjekt, und auf dessen Gewinne können die USA nun einmal nicht zugreifen. Unterm Strich bedeutete das: Für diese rund 60 Prozent des weltweiten Gewinns mit dem Verkauf von iPods, iPads sowie digitalen Filmen, Liedern und Büchern zahlt Apple so gut wie keine Körperschaftsteuer.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2012 fielen zum Beispiel für 28,7 Milliarden Dollar an Gewinn, den Apple außerhalb der USA erzielte, nur 556 Millionen Dollar Steuer an. Hier knüpft der zweite, ebenso völlig legale Steuertrick an, den Apple zur Minderung seiner Abgabenlast verwendet. Wer einen Apple-Computer kauft, erwirbt natürlich eine Gerät, das in China und anderen Orten Asiens zusammengebaut worden ist. Er erwirbt aber auch das Ergebnis des geistigen Eigentums der tausenden Apple-Ingenieure in Kalifornien.

Diese geistigen Eigentumsrechte überträgt die Apple-Konzernmutter seit Jahren an die irische Briefkastenfirma. Die zahlt dafür einen konzerninternen Verrechnungspreis; in den vergangenen vier Jahren waren das laut dem Kongressbericht rund vier Milliarden Dollar.

Wenn Apple nun eines seiner Produkte über die irische Firma verkauft, fällt auf den Teil des Verkaufspreises, den dieses geistige Eigentum ausmacht, eine minimale Steuer von höchstens zwei Prozent an. Dieser Satz ist viel niedriger als der ohnehin schon geringe nominelle irische Körperschaftsteuersatz von zwölf Prozent. In der Praxis zahlt Apple über den irischen Umweg aber noch weniger als die zwei Prozent: Im Jahr 2011 fielen zum Beispiel für rund 22 Milliarden Dollar Gewinn gerade einmal zehn Millionen Dollar Körperschaftsteuer an, referierte der federführende demokratische Senator Carl Levin am Dienstag bei einer Sitzung des Untersuchungsausschusses. „Apple beutet eine Absurdität aus, die wir sonst nirgendwo sehen", zürnte sein republikanischer Kollege John McCain.

Apple-Chef verteidigt sich

Der Ausschuss lud Konzernchef Tim Cook zur Aussprache und Befragung ein. Cook verteidigte die Steuerstrategie mit dem Hinweis, dass Apple für die Einkünfte aus dem US-Geschäft allein im Jahr 2012 rund sechs Milliarden Dollar an Körperschaftsteuer gezahlt habe. Das entspreche einem effektiven Satz von 30,5 Prozent, immer noch weniger als der nominelle Satz von 35 Prozent. „Wir haben kein Geld auf einer karibischen Insel und kein Bankkonto auf den Cayman Islands", fügte Cook im Kongress hinzu.

Steuerflucht Apple ganz legal
Steuerflucht Apple ganz legal

Zur Grafik: Der Computerkonzern Apple hat laut US-Kongress ein raffiniertes Konstrukt zur Steuervermeidung aufgebaut: Eine Firma in Irland verkauft Apple-Produkte an die Niederlassungen in den Ländern, der Gewinn geht über eine zweite Firma in Irland, an die auch Gewinne aus Asien gehen, an drei Apple-Subfirmen, von denen eine (Apple Operations International) nur auf dem Papier existiert. Laut US-Kongress hat Apple mit der irischen Regierung eine Sondersteuer von nur zwei Prozent auf den Gewinn ausverhandelt. Dank dieser Konstruktion bezahlte Apple bei einem Gewinn außerhalb der USA von 28,7 Milliarden Dollar nur 556 Millionen Dollar Steuern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Steuervermeidung Apple haelt sich
International

Steuervermeidung: "Apple hält sich an die Gesetze"

Apple weicht Steuern geschickt aus, urteilt ein US-Ausschuss. Man habe im Vorjahr sechs Milliarden Dollar Steuern gezahlt, kontert Konzernchef Cook.
International

US-Firmen auf Steuerflucht

Unternehmen fusionieren mit ausländischen Firmen und verlegen ihren Sitz. Politiker wollen dem einen Riegel vorschieben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.