Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer enthüllt das „System Haider“: Er habe 2003 den Wunsch des Kärntner Landeshauptmanns erfüllt und dem FPÖ-Werber Gernot Rumpold einen Auftrag zukommen lassen.
Wien. Im Vorverfahren hatte er die Untreuevorwürfe noch bestritten, vor der versammelten (Prozess-)Öffentlichkeit machte Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer (60) am Mittwoch reinen Tisch: Der Angeklagte nannte Kärntens früheren Landeshauptmann Jörg Haider als jenen Politiker, der ihn „im Spätsommer 2003“ telefonisch um einen heiklen Gefallen gebeten habe: Haider habe ungeniert für seinen Freund, den FPÖ-Werber Gernot Rumpold, interveniert.
Die Telekom solle Rumpold einen Auftrag zuschanzen, habe der Landeshauptmann gemeint. Und sein Ansinnen mit diesen Worten verstärkt: „Ihr tät's ma a Riesenfreud' mach'n!“ Also machte die Telekom Austria (TA) dem „mächtigen Politiker“ (Zitat Fischer-Anwalt Otto Dietrich) diese „Riesenfreude“. Und überwies Rumpold für vier „Konzepte“ 600.000 Euro brutto. Fischer: „Es war mir unangenehm. Aber da Nein zu sagen war schwer.“
Somit hat der frühere Spitzenmanager (Fischer ist bereits wegen der Telekom-Aktienaffäre erstinstanzlich zu drei Jahren Haft verurteilt worden) vor dem Strafrichter jenes Phänomen enthüllt, das mittlerweile als „System Haider“ (siehe auch Seite 2) durch die Aufarbeitung mehrerer Korruptionsfälle geistert. In der Anklageschrift wird Haider (er starb im Oktober 2008 bei einem Autounfall) gleichsam als Mitangeklagter geführt.
„Alle wesentlichen Entscheidungen“ rund um die damaligen FPÖ-Finanzen seien „mit Haider abgestimmt“ gewesen. So auch der Vergleich zwischen Rumpold und der FPÖ, der nach dem Telekom-Deal sehr rasch zustande kam. Zur Erklärung: Als der Auftrag der Telekom an Rumpolds Agentur MediaConnection erging, lief ein erbitterter Streit zwischen der FPÖ und Rumpold. Der Werber pochte bei der Partei auf die Überweisung noch offener Honorare. Laut Staatsanwalt Herbert Harammer habe Rumpold damals 1,5 Millionen Euro gefordert. Mit Einlangen des Telekom-Geldes wurde diese Forderung fallen gelassen.
Zurück zu Fischers Geständnis: Dieses ist genau betrachtet ein Teilgeständnis. Ja, er habe 2004 „im falsch verstandenen Interesse des Unternehmens“ Haiders Wunsch erfüllt. Aber es sei ausgemacht gewesen, dass Rumpold für das Geld Marketingkonzepte liefere. Er, Fischer, habe allerdings in Kauf genommen, „dass die Konzepte nicht das wert sind, was die Telekom dafür bezahlt“. Für völlig wertlos habe er die Papiere aber nicht gehalten. Daher umfasst das Untreuegeständnis nicht die volle Schadenssumme (laut Anklage 600.000 Euro). Das Geld will der Staatsanwalt nun, wie berichtet, bei der FPÖ „abschöpfen“ lassen.
„Eurofighter an Land gezogen“
Rumpold (55) bekennt sich nicht schuldig. Er fordert einen Freispruch. Sein Anwalt, Markus Singer, pocht darauf, dass Rumpold Konzepte geliefert und damit sehr wohl eine Leistung erbracht habe. Zur Beauftragung durch die TA sagte Singer: „Man wollte den Rumpold. Er war damals der Beste im Land.“ Die Referenz des Haider-Freundes sei der Eurofighter-Deal gewesen. Diesen habe Rumpold „an Land gezogen“. Auch habe der FPÖ-Werber die Partei „von einem Erfolg zum anderen geführt“. Als mit dem Bruch innerhalb der FPÖ Herbert Haupt ans Ruder gekommen war, habe Rumpold „erkannt, dass die Truppe um Haupt Banausen und Blindgänger sind“ – „einfach Loser“ (Verlierer, Anm.).
Von den anderen drei Angeklagten bekannte sich Ex-Telekom-Prokurist Michael G. (58) so wie Fischer teilweise schuldig. Ex-FP-Bundesgeschäftsführer Arno Eccher (51) und Ex-FP-Finanzreferent Detlev Neudeck (57) blieben bei „nicht schuldig“. Prozessfortsetzung heute, Donnerstag.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2013)