Will Smith: „Da knallen Welten aufeinander“

Will Smith
Will Smith (c) EPA (PETER FOLEY)
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Will Smith hat mit „After Earth“wieder einen Science-Fiction-Film gedreht. Und wieder stand er gemeinsam mit Sohn Jaden vor der Kamera.

Will und Jaden Smith sind das perfekte Vater-Sohn-Gespann: Im Film „After Earth“ (ab 7. Juni in Österreich im Kino) ist Will Smith als General mit seinem Teenagersohn, verkörpert von Jaden Smith, wieder einmal als letzter Mensch auf Erden unterwegs. Im Interview erklärt Smith, dass sich die Vater-Sohn-Beziehung im Film gar nicht so sehr von der echten unterscheidet.

In „Independence Day“ haben Sie als erster afroamerikanischer Held eines großen Blockbusters Filmgeschichte geschrieben. Sehen Sie das heute als Ihre größte Leistung?

Will Smith: Ich denke, das war schon eine Leistung. Vorher erzählte man mir immer wieder, ein schwarzer Hauptdarsteller würde in dieser Art Film international nicht funktionieren. Für mich war das schon immer eine lächerliche Theorie. Ich glaube, Zuschauer wollen in erster Linie einen guten Film sehen. Welche Hautfarbe der Hauptdarsteller hat, ist völlig egal. Und wenn ein Schwarzer in einem Film gut ist, kommen die Zuschauer. Wenn er schlecht spielt, hat er versagt. Aber ich habe das Gefühl, das, woran ich möchte, dass sich die Nachwelt erinnert, habe ich bis jetzt noch gar nicht getan.

Wie meinen Sie das?

Ich bin immer noch auf der Suche nach dieser Aufgabe. Und ich befinde mich gerade in einer Phase der Wandlung, in der ich viele Fragen und kaum Antworten habe. Ich fühle mich gerade wie eine Raupe, die sich verpuppt. Wer weiß, als was ich nach dieser Metamorphose wieder herausschlüpfe?

Suchen Sie nach dem Sinn des Lebens?

Mein Leben verändert sich sehr. Dieser Prozess hat vor drei Jahren angefangen. Der Auslöser war meine Tochter, die mich zwang, Prinzipien zu überdenken und mich herausgefordert hat.

Wie sah diese Herausforderung aus?

Das hört sich gewaltig an, aber es ging um mein ganzes Universum, um meine Vorstellung vom Konzept Familie. Ich bin in einem sehr militärisch organisierten Haus groß geworden. Für mich gibt es einen Chef, der die Richtung vorgibt. In der Familie erfüllt jeder seine Pflichten. Meine Tochter Willow hatte mit „Whip My Hair“ einen richtigen Hit, wir gingen auf Tour, alles lief wunderbar. Und dann sagte die Kleine nach ein paar Auftritten: Das hat Spaß gemacht, aber jetzt habe ich keine Lust mehr. Ich wurde nervös und war fassungslos. Ich sagte ihr: Nein, Süße. Vor uns liegen noch zwei Monate, wir müssen Termine einhalten. Für mich war das eine echte Krise.

Weil Sie als Jugendlicher ganz andere Ambitionen hatten?

Genau! Ich hatte Ambitionen, und bei mir stand immer die Idee des Überlebens im Vordergrund. Ich wollte mit allen Mitteln etwas aus meinem Leben machen. Bei mir ging es immer darum, den feindlichen Hügel zu erobern, um meine Flagge oben aufzustellen. Und wenn wir einmal beschlossen haben, etwas durchzuziehen, dann tun wir das um jeden Preis. Dann ist es egal, wie du dich fühlst, ob du hungrig oder verletzt bist. Das ist zweitrangig, bis die Flagge oben weht. Anschließend kannst du machen, was du willst.

Wie haben Sie das mit Ihrer Tochter gelöst?

Ich musste an den Wurzeln meiner Prinzipien arbeiten und lernen zu akzeptieren, dass es andere Arten von Erfolg gibt. Willow hatte eine tolle Zeit, das ist ja auch etwas wert. Es muss nicht die Nummer eins sein. Ich meine, sie ist zehn Jahre alt. Und bis zu dem Punkt, an dem sie nach Hause wollte, waren ihre Auftritte wirklich gut. Ich musste akzeptieren, dass sie jetzt andere Pläne hat. Das war nicht einfach, mich hat das zunächst verunsichert.

Was haben Sie daraus gelernt?

Es existieren auch andere Dinge im Leben als die Nummer eins der Kinocharts oder ein weltweiter Hit. Da sind diese stillen Siege. Eine positive Erfahrung kann genauso viel oder mehr wert sein als kommerzieller Erfolg.

Sie könnten es also verkraften, wenn Ihr neuer Film „After Earth“ kein Erfolg wird?

Darüber habe ich auch nachgedacht, als wir mit diesem Projekt anfingen. Und mir war irgendwann klar, mein Sohn Jaden und ich werden uns nach dieser gemeinsamen Arbeit näher sein als zuvor. Und auch das wäre es wert gewesen, selbst wenn der Film nicht so erfolgreich werden sollte, wie wir natürlich hoffen. Das klingt jetzt für Sie vielleicht alles ganz einleuchtend. Aber für mich war das ein großer Schritt.

Wie verändert sich Ihre Sicht aufs Leben?

Mein 40. Geburtstag war eine Zäsur. Da habe ich Bilanz gezogen. Ich habe alles im Leben erreicht, was ich mir gewünscht habe. Aber ich musste mir ein dickes Fell zulegen. Meine Gefühle habe ich oft unterdrückt. Aber gerade mit meiner Tochter erlebe ich jetzt dieses hohe Maß an Gefühlen und Sensibilität. Mit einer Tochter ändert sich alles im Leben eines Mannes. Sie fordert diesen Teil ein, den ich unterdrücken musste. Heute kann ich mich mit meinen Kindern auf einer anderen emotionalen Ebene austauschen.


Viele Ihrer Kollegen sehen schauspielerische Ambitionen ihrer Kinder mit gemischten Gefühlen. Sie fördern Ihre Kinder in dieser Richtung. Haben Sie Angst, dass sie unter die Räder kommen?

Ich bin im Familiengeschäft aufgewachsen. Mein Vater war Eisfabrikant und beim Militär, er dachte sehr militärisch. Alles, was ich über das Leben weiß, habe ich gelernt, als ich mit ihm gearbeitet habe. Wir haben Eis geliefert, wurden bar bezahlt und kauften mit diesem Geld unser Essen. Dieses Muster von Arbeit, um zu überleben, ist in mir verankert. Ich kenne keine andere Art von Erziehung. Wenn du nicht jeden Tag da bist, um deinem Kind im richtigen Moment eine Lektion zu erteilen, wie soll das funktionieren?

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie wie jetzt mit Jaden auf Filmtour sind?

Ich bin froh, dass wir das gemeinsam machen. Ich werde Jaden in kritischen Situationen begleiten. Man wird ihm große Fragen über sein Leben oder die Menschheit stellen. Es gibt keine bessere Gelegenheit, ihm etwas beizubringen. Klar, der Beruf hat negative Aspekte. Aber die positiven überwiegen.

Sie werden ihn irgendwann seinen eigenen Weg gehen lassen müssen, oder?

Das war eine meiner Erfahrungen bei der Arbeit an „After Earth“. Im Film spielen wir ganz ähnliche Rollen, in denen sich unsere privaten Themen spiegeln. Ich bin ein General, der sich mit seinem Teenagersohn in einer Situation befindet, in der es um Leben und Tod geht. Da knallen Welten aufeinander, die des Teenagers und die seines Vaters. Für Jaden und mich war das eine gute Gelegenheit, über viele Dinge zu sprechen, gerade weil wir vordergründig über unsere Rollen sprachen.

War es hart für Ihren Vater, Sie loszulassen?

Ich hatte das Glück, dass ich mit meinem ersten eigenen Job mein Elternhaus verlassen habe. Mein Vater musste ja in den ersten Jahren weiter in seinem Geschäft arbeiten. Das war mein Vorteil. Denn mein Vater hätte garantiert nichts, aber auch gar nichts von dem erlaubt, was ich damals getan habe.

Verlangen Sie auch viel von Ihrem Sohn?

Auch da habe ich umgedacht. Meiner Frau war es wichtig, dass wir da eine andere Strategie finden. Als Jaden „Karate Kid“ gedreht hat, habe ich produziert. Da war ich dann der General. Ich habe ihm Sachen gesagt wie: „Du hast Verpflichtungen und Verantwortung. Das Einkommen all dieser Menschen hier basiert auf deiner Leistung.“ Bei „After Earth“ habe ihn wie einen Ko-Star behandelt, nicht wie meinen Sohn.

Wie reagieren Sie, wenn Jaden einmal nicht so funktioniert, wie Sie es sich vorstellen?

Früher war ich sehr streng. Diesmal wollte ich nur, dass er sich beim Dreh gut fühlt. Und siehe da: Wenn etwas nicht funktionierte, wollte er sogar mit seinem Vater sprechen. Diesmal hat er mich als Beschützer gesehen.

Steckbrief

Willard Christopher Smith wurde am 25.September 1968 in Philadelphia geboren und wuchs dort in gutbürgerlichen Verhältnissen auf. Seit seinem zwölften Lebensjahr ist Smith als Rapper aktiv, sein Durchbruch als Schauspieler gelang ihm Anfang der 1990er-Jahre mit der Serie „Der Prinz von Bel-Air“.

Seit 1997 ist er mit Jada Pinkett Smith verheiratet. Sohn Jaden und Tochter Willow sind ebenfalls als Schauspieler aktiv.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2013)

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