Der 63-jährige Karl Sevelda folgt Herbert Stepic als Chef der Raiffeisen Bank International nach. Eine Änderung der Strategie ist aber nicht geplant.
Wien/Ag./Nst. Es ist knapp zwei Wochen her, dass einer der mächtigsten Banker dieses Landes seinen Rücktritt erklärt hat. Seit dem gestrigen Freitag steht nun fest: Auf den ehemaligen Vorstand der Raiffeisen Bank International, Herbert Stepic, wird Karl Sevelda folgen. Der 63-Jährige ist im Raiffeisen-Reich freilich kein Unbekannter. Sevelda ist seit 15 Jahren im Konzern aktiv, 2010 wurde er zu Stepics Stellvertreter ernannt. Sevelda galt als Favorit für die Stepic-Nachfolge. Sein Avancement an die Raiffeisen-Spitze ist also keine große Überraschung.
Eigentlich hätte Sevelda 2015 in Pension gehen sollen. Dann wäre er 65 Jahre alt. Doch daraus wird nun nichts. Sein Vertrag wurde vom Raiffeisen-Aufsichtsrat nun bis Mitte 2017 verlängert. In den vergangenen Tagen war immer wieder kolportiert worden, dass Sevelda möglicherweise nur ein Übergangskandidat sei, bis ihm jemand anderer, ein Jüngerer nachfolgt.
Doch Sevelda erklärte bei einer gestern einberufenen Pressekonferenz, er plane seinen Vertrag bis zum Ende der Laufzeit zu erfüllen. Schließlich wäre er auch mit 67 Jahren noch ein „Jüngling“. Christian Konrad, einst Raiffeisen-Generalanwalt, habe sich mit 69 Jahren aus dem Amt verabschiedet, ebenso wie der Chef der Raiffeisenbank Oberösterreich, Ludwig Scharinger.
Stepic hat Osteuropa-Geschäft aufgebaut
Stepic hat Ende Mai seinen Rücktritt bekannt gegeben. Er war über private Geschäfte in Steueroasen gestolpert, nachdem sein Name in den sogenannten OffshoreLeaks, einem Datensatz mit Namen von mutmaßlichen Steuersündern, aufgetaucht war. Um einen Imageschaden von der Bank abzuwenden, hat er seine Funktion zur Verfügung gestellt.
Sevelda sagte am Freitag, Stepic hinterlasse ihm ein geordnetes Haus, in dem es Aufgaben zu lösen gebe. Künftig soll die Bank in Ländern wie etwa Österreich, Russland, Polen oder Tschechien wachsen.
In Märkten, in denen man nicht das nötige Potenzial sehe, wolle man Volumen und Geschäftsumfang reduzieren. Zudem müsse man auf der Kostenseite seine Hausaufgaben machen. Was das bedeutet? Die Kreditlastigkeit müsse mancherorts verringert und im Gegenzug andere Bankprodukte angeboten werden. Weiters gelte es, Synergien zu heben. Den Abbau von Mitarbeitern schließt Sevelda in diesem Zusammenhang nicht aus.
Kapitalerhöhung steht im Raum
Stepic baute die Raiffeisen einst zu einem großen Spieler in der Region Zentral- und Osteuropa aus. Er war der erste westliche Banker, der sich in die Region vorwagte. Schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs gründete er dort Tochtergesellschaften. Erste Bank und Bank Austria folgten erst später.
Eine Abkehr der Strategie wird unter Sevelda nun nicht erfolgen. Warum auch, fragte Sevelda. Schließlich seien konzernrelevante Entscheidungen in der Vergangenheit vom gesamten Vorstand, also auch von ihm, mitgetragen worden. In jüngster Zeit hatte es intern Diskussionen über die künftige Ausrichtung der Bank gegeben.
Die RBI hat im ersten Quartal dieses Jahres zwar einen Gewinn ausgewiesen. Doch der lag (unter Berücksichtigung von Sondereffekten) um 71 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Wie die Bank in ihrem kürzlich veröffentlichten Quartalsbericht mitteilte, bleibt die Lage in einigen ihrer Märkte angespannt. Darüber hinaus dürften die Vorsorgen für faule Kredite auch heuer das Niveau des Vorjahres erreichen. Und dieses lag bei einer Mrd. Euro.
Abgesehen davon hat die Bank im Zuge der Finanzkrise Staatshilfen im Volumen von 1,75 Mrd. Euro erhalten. Das Geld hat das Institut bislang noch nicht zurückbezahlt. Bisher gebe es auch noch „keinen Rückführungsplan“.
Seit Längerem steht hingegen schon eine Kapitalerhöhung bei der RBI im Raum. „Ja, das ist eine mögliche Option“, hieß es am Freitag. Wann diese durchgeführt werden soll, ließ das Institut jedoch offen. Der im Vergleich zum Vorkrisenniveau stark zurückgegangene Börsenkurs könnte aber ein Hemmschuh sein.
Für den studierten Sozial-und Wirtschaftswissenschaftler Sevelda, der seine Karriere als Banker in der Creditanstalt begann, „ist die Änderung jedenfalls ein Quantensprung“. Er benötige nun eine Orientierungsphase – werde sich aber bemühen, Stepics Werk fortzusetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2013)