Fußball-WM: "Mission ist noch nicht beendet"

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Eine Art Liebeserklärung von Österreichs Teamchef Marcel Koller nach dem 2:1-Sieg in der WM-Qualifikation gegen Schweden. David Alaba ist längst mehr als nur ein Segen für den gesamten heimischen Fußball.

Als Fußballtrainer hat man eine helle Freude, wenn man auf so einen Spieler zurückgreifen kann. Er widerspricht nicht, er erfüllt nicht nur seine Aufgaben, sondern er macht mehr. Verlässlich, gewissenhaft, aber auch mit einer großen Portion Selbstvertrauen. Für ihn war es die erfolgreichste Saison, die er sich überhaupt vorstellen kann, er ist Meister geworden, er hat den Cupsieg geholt – er ist zum Champions-League-Sieger avanciert. Und mit dem österreichischen Nationalteam hat er dank 2:1-Sieg über die Schweden die Chance auf die WM-Teilnahme 2014 in Brasilien gewahrt. In Irland hat er mit dem späten Ausgleich seinen Anteil daran, gegen das „Tre Kronor“-Team hat er mit dem verwandelten Elfmeter die Partie gedreht, ihr die entscheidende Wende gegeben.

David Alaba tut nicht nur der österreichischen Nationalmannschaft gut, er ist eine wichtige Bereicherung für den gesamten heimischen Fußball. Der bald 21-Jährige ist der beliebteste Botschafter für Rot-Weiß-Rot, er hat die Herzen der Fans im Sturm erobert. Bei den Bayern wird er von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ als „Kronjuwel“ bezeichnet, in Wien vielleicht als Tausendsassa. Und die Münchner hegten den Verdacht, ihr linker Außenverteidiger könnte zum Heilsbringer für das Team werden. Zumindest, so die Beobachtung, wurde er in den Medien so gesehen. Heilsbringer wäre dann vielleicht doch zu viel, Schlüsselfigur im Kampf um den Sieg auf jeden Fall.

Er rackerte, versuchte das Spiel zu ordnen. Aber zu Beginn stand auch der Triple-Sieger auf verlorenem Posten. Als es dann Elfmeter für die Gastgeber gab, da war Alaba zur Stelle. „Ich bin als Elferschütze auf dem Zettel gestanden“, sagt er. „Also habe ich mir den Ball genommen und ihn reingehaut.“ So einfach klingt das. „Sicher ist man ein bisschen nervös, aber sobald du vor dem Elfer stehst, ist die Nervosität weg. Man versucht sich nur noch zu konzentrieren.“ Ohne Hilfe der Fans, so meint er, wäre das alles nicht möglich gewesen.

David Alaba spielt gern im Team, das sieht man ihm an. Er strahlt so eine Zuversicht aus, dass seine Mentalität fast schon als Wiener „Mir san mir“-Mentalität durchgeht. Und von seinem Kumpel Ribery hat er schon so einiges gelernt. So schüchtern, wie sich Alaba manchmal gibt, ist er gar nicht. Eher ein kleiner Schelm, wenn man ihn lässt. Gern wird von Uli Hoeneß, dem Bayern-Präsidenten, die Geschichte von einem anonymen Anrufer übers Münchner Nachtleben erzählt. Als ihn Hoeneß mit dem Vorwurf konfrontierte, hat der 20-Jährige geantwortet: „Herr Präsident, darüber muss ich erst nachdenken.“ Ein paar Tage später erfolgte die Aufklärung: „Da muss Ribery mit einem anderen Schwoarzen unterwegs gewesen sein...“

Farbtupfer. Der Jungstar, der angeblich bei Arsenal willkommen wäre, dort sogar auf seiner Lieblingsposition wie im Team spielen dürfte, ist eine Art Anti-Arnautović. Die Erfolge des Bayern-Legionärs haben den suspendierten Werder-Profi aus der Schusslinie genommen. Das war gut so, denn der Exzentriker gehörte ebenso zu den Gewinnern des Abends. Möglich, dass Teamchef Marcel Koller Marko Arnautović die weitere Karriere an der Weser gerettet hat, der Spieler selbst agierte uneigennützig wie selten zuvor. Und vor allem taktisch diszipliniert. „Er hat in jedem Spiel ein Ferserl drin“, sagt Koller. „Aber das gehört zu seinem Spiel.“ Entscheidend sei nun eines – Konstanz. „Und nicht nur Farbtupfer.“

Dem Schweizer ist mit dem Schlusspfiff ein Stein vom Herzen gefallen, er herzte Assistenten und Spieler, selten hat man Marcel Koller so ausgelassen beobachtet. Fast wäre man geneigt gewesen, so etwas wie Euphorie in seinem Tun zu erkennen. „Das ist eine geile Truppe“, ließ sich der 52-Jährige am Tag nach dem Erlebnis im Prater entlocken. „Und zwar nicht nur die elf Mann, die auf dem Platz stehen. Am liebsten würde ich alle bringen, aber auch ich kann nur elf aufstellen. Das ist eigentlich das Beschissenste am Trainerjob.“ In der Euphorie fallen dann selbst bei Koller Worte, die er sonst meidet. Aber auch das ist Fußball. „Manchmal ist es Bauchgefühl, manchmal hat es taktische Gründe. Aber du musst es den Spielern ja auch erklären, das kann schlaflose Nächte bereiten.“

Gegen die Schweden hat Marcel Koller alles richtig gemacht. Als Held der Fußballarbeit sieht er sich nicht. „Jubeltrubel durch die Gegend zu laufen, das bin ich nicht. Dann ist die Gefahr groß, dass du die Dinge nicht mehr so konsequent machst und nachlässig wirst. Ich bin lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass wir noch nichts erreicht haben.“ Das stimmt so auch wieder nicht ganz. Denn die Fußballfans sind wieder stolz auf ihr Nationalteam. „Aber die Mission ist noch lange nicht zu Ende.“ Auch seine nicht. Sie soll 2013 nicht enden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2013)

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