Wenn Batman einzieht: Fledermäuse und ihre Quartiernot

Die große Hufeisennase beim Falterfang - Fledermäuse sind nützlich, weil sie auch Schädlinge fressen.
Die große Hufeisennase beim Falterfang - Fledermäuse sind nützlich, weil sie auch Schädlinge fressen.(c) Dietmar Nill (Dietmar Nill)
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"Batlife Österreich" kümmert sich darum, dass die geflügelten Säuger ein Zuhause haben. Davon profitieren auch die Gastgeber. Burg Lockenhaus feiert das einjährige Bestehen seiner Fledermaus-Ausstellung.

"Das ist wie mit den Sauriern", erklärt Friederike Spitzenberger, Präsidentin von Batlife Österreich. "Fledermäuse sind für Kinder faszinierend". Keine Spur also mehr von Vorurteilen wie "die fliegen ja in die Haare, beißen oder saugen Blut". Das habe sich geändert als die ersten Fledermausfilme ins Fernsehen gekommen sind. Je jünger das Publikum, desto weniger Berührungsängste gebe es. Und das ist gut für das in Europa besonders geschützte Tier.

Denn den einzigen fliegenden Säugetieren stehen immer weniger Quartiere zur Verfügung. Der Lebensraum der Fledermäuse wird kleiner. Während die Dachböden alter Gebäude häufig wegen der Taubenplage verschlossen werden, gibt es in Neubauten meist keine geeigneten Dachräume für Fledermäuse. Ein Problem, dem sich der Verein "Batlife Österreich" angenommen hat. Zwischen 250 und 300 Mitglieder zählt der Verein unter der Führung Spitzenbergers. Die Zoologin leitete bis zu ihrer Pensionierung die Säugetiersammlung des Naturhistorischen Museums.

Neben den finanziellen Unterstützern sind etwa ein Viertel der Mitglieder sogenannte Quartierbetreuer. Diese kümmern sich ehrenamtlich und in ihrer Freizeit um das Schicksal "ihrer" Fledermauskolonie. Die Gesetze sehen vor, dass niemand, der keine Genehmigung dafür hat, die Fortpflanzungskolonien der Fledermäuse betreten darf. Daher gehen die Profis von "Batlife Österreich" einmal im Jahr die wichtigsten Fortpflanzungsstätten - etwa 50 bis 60 im Burgenland - ab. "Die Quartierbetreuer berichten, wenn sich etwas ändert oder wenn es Probleme mit der Kolonie gibt", sagt Spitzenberger.

Fledermausparadies Burgenland

28 Fledermausarten gelten in Österreich als heimisch - 25 davon haben im Burgenland ihren Lebensraum gefunden. "Das Burgenland bietet die landschaftliche Vielfalt", erklärt Spitzenberger. "Der Geschriebenstein ist ein Ausläufer der Alpen, im Norden gibt es mit dem Steppensee und dem Seewinkel eine pannonische Situation, im Mittel- und Südburgenland gibt es wunderbare Wälder, die mit Fischteichen durchsetzt sind." Für Fledermäuse, die vor der Jagd trinken und die zahlreichen Insekten bei den Gewässern erbeuten können, ein ideales Jagdgebiet.

Bei den Erhebungen des Vereins 2005 ist der Schwund der Tiere offensichtlich geworden. "Damals habe ich mir gedacht, da muss man jetzt wirklich schnell etwas tun. Weil, wenn es es mit dem Quartierverlust so weiter geht, dann wird es für manche Arten wirklich kritisch." So rückte Spitzenberger mit ihrem Team den Erhalt des Lebensraums der Fledermäuse in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. "Es ist uns gelungen, den Quartierverlust auf fast Null einzudämmen." Dafür nahm der Verein auch Kontakt mit dem Bauamt der Erzdiözese Eisenstadt auf. Viele der 312 potenziellen Fledermausquartiere im Burgenland sind Kirchen. "Ich bin damals klopfenden Herzens hingegangen", erinnert sich Spitzenberger. Aber bei Bischof Paul Iby trat man offene Türen ein. Iby schrieb einen Brief an seine Pfarren und bat um den Schutz der Tiere in den Gotteshäusern.

Bis zu 3000 Tiere in einer Kolonie

Die größte Kolonie Österreichs ist in Neumarkt im Tauchental beheimatet. 3000 Weibchen der Mausohrfledermäuse ziehen dort ihre Jungen auf. Das ist die einzige hiesige Art, die so große Kolonien bildet. Allerdings ist die Gruppe eben auch deshalb so groß, weil immer weniger Quartiere zur Verfügung stehen. In Neustift bei Güssing und in Wiesfleck haben sich Kolonien mit jeweils etwa 2000 Mausohrweibchen niedergelassen. Die Burg Lockenhaus beherbergt die größte Wimperfledermauskolonie Österreichs. Sie umfasst bis zu 1000 Weibchen. Aber nicht nur im Burgenland sind die fliegenden Säugetiere zu finden. Auch in den Großstädten hat die Fledermaus einen Lebensraum gefunden, vor allem die Alpen- und die Weißrandfledermaus. Diese Arten waren ursprünglich in mediterranen Städten heimisch und haben sich mit den steigenden Temperaturen auch hierzulande angesiedelt. Sie wurden Mitte der 1990er Jahre erstmals in Wien festgestellt.

Fledermäuse im Dachstuhl - Was tun?

Dennoch sind Fledermäuse nicht nur in der Stadt manchmal ungebetene Gäste, wenn auch ohne Grund, wie Spitzenberger sagt. "Eine große Aufgabe von Fledermausschutzorganisationen ist es, zu den Leuten zu gehen und ihnen zu sagen, dass die Tiere völlig harmlos sind und dass sie nichts anderes tun als ihnen lästige Insekten wegzufressen und dass sie bitte bleiben dürfen, weil sie in großer Quartiernot sind." Immer mehr Leute würden das verstehen. "Fledermäuse sind sehr quartiertreu" und beziehen in der Saison zwischen Mai und Ende August ihre Bleibe immer wieder. Das Gesetz verbietet es außerdem, die Kolonien zu vertreiben oder gar zu stören. Wer wirklich nicht will, dass sich eine Fledermausgruppe im Dachstuhl ansiedelt, dem bleibt nur, nach dem Auszug der Kolonie die Zuflugsmöglichkeiten zu versperren. Das sei erlaubt, aber nicht "in" wie die Fledermausexpertin schmunzelnd versichert.

Anders verhält sich die Situation mit solchen Fledermausarten, die sich in Zwischen- und Hohlräumen der Fassade aufhalten. Diese Weibchengruppen würden oft nur wenige Wochen an einem Ort bleiben. Und mit dem folgenden Argument, seien die Leute besonders gut zu überzeugen, die Tiere als Mitbewohner zu akzeptieren: "Der Kot, den sie produzieren, ist ein guter Dünger. Es ist durch persönliches Reden leicht, Verständnis für Fledermäuse zu erringen", meint Spitzenberger.

Jubiläum: Fledermaus in Lockenhaus

Seit einemJahr widmet sich eine eigene Ausstellung dem Leben der Fledermäuse auf der Burg Lockenhaus im Burgenland, wo auch die größte Wimperfledermauskolonie des Landes jeden Sommer einzieht. Die Ausstellung - kuratiert von Spitzenberger - feiert am 23. Juni ihr einjähriges Bestehen mit zahlreichen Attraktionen vor allem für die jüngeren Besucher. Die Kolonie wird (in der gesamten Saison) per Kameras beobachtet - betreten werden darf sie nicht. Dafür gibt es eine Installation in einem abgedunkelten Raum, in dem man das Gefühl bekommt, als ob man inmitten eines jagenden Fledermausschwarms stehen würde.

Auch in Wien sind Fledermäuse Thema. Wem die Reise nach Lockenhaus zu weit ist, kann auch im Schloss Neugebäude bei den Fledermaustagen vorbeischauen. Am 9. und 23. Juli sowie am 6. und 27. August 2013 gibt es dort von 17:30 bis 18:30 Kinderprogramm. Und auch im Tropenhaus des Tiergartens Schönbrunn sind Verwandte der heimischen Fledermäuse zu Hause. "Die Fledermäuse sind weg aus dem Schmuddeleck", sagt Spitzenberger.

Fledermaus in Lockenhaus

Die Ritterburg Lockenhaus ist die Heimat von Mitteleuropas größter Wimperfledermauskolonie. Mit einer interaktiven Ausstellung wird auf die Lebensumstände der vom Aussterben bedrohten Tierart aufmerksam gemacht. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Naturpark Geschriebenstein Lockenhaus und Burg Lockenhaus mit Unterstützung von LEADER und Batlife.

Die Ausstellung feiert am 23. Juni das einjährige Bestehen. Von 14 - 17 Uhr steigt die große Geburtstagsfeier von "Betsi, der Burgfledermaus". Die Fledermaus-Ausstellung ist täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet.
www.fledermaus-lockenhaus.at

www.batlife.at

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