Märkte hängen an Bernankes Lippen

Bernanke
Bernanke(c) Reuters (GARY CAMERON)
  • Drucken

Obama bestätigt erstmals, dass Ben Bernanke im Jänner als Fed-Chef abtreten wird. Bis dahin muss Klarheit herrschen: Gibt es weiter „lockeres Geld“ von der Fed?

Wien/Jil. Notenbanker, schreibt das britische Magazin „Economist“, seien heute „mächtiger als Politiker“. Sie „halten das Schicksal der Weltwirtschaft in ihren Händen“. Wie richtig diese Aussage ist, wird sich heute, Mittwoch, zeigen – wenn sich Fed-Chef Ben Bernanke an die Welt wendet. Ein Schicksalstag für die Märkte.

Von Bernanke, einem der mächtigsten Männer der Welt, wird Klarheit erwartet. Klarheit über die Zukunft des Gelddruckprogramms der Federal Reserve: des Quantitative Easing. Das Hin-und Her der Fed in den vergangenen Wochen hat die Märkte in Unruhe versetzt. Erstaunlich insofern, als dass Unsicherheit das Letzte ist, was Zentralbanken provozieren wollen. Manche Marktbeobachter gehen deswegen von Differenzen innerhalb der US-Zentralbank aus. Dabei hat Bernanke sich schon in der Vergangenheit unmissverständlich ausgedrückt: Eine Verlangsamung von QE oder gar höhere Zinsen (sie liegen seit Jahren auf einem Rekordtief von 0,25 Prozent) werde es erst geben, wenn die US-Arbeitslosigkeit „deutlich“ und dauerhaft stabilisiert ist.

Vom Fed-Traumziel von 6,5Prozent Arbeitslosenquote sind die USA aber noch weit entfernt, was ein weiterer Hinweis darauf ist, dass das Hin und Her auch am heutigen Mittwoch nicht beendet werden wird. Bernanke wird beide Türen offen lassen, denn inzwischen könnte auch die Ankündigung von noch mehr Liquidität für Probleme sorgen. So sind die aktuellen Proteste in Brasilien zumindest zum Teil auf die über den Dollar importierte Inflation in aufstrebenden Schwellenländern zurückzuführen.

Klarheit über Bernankes Zukunft gab indes US-Präsident Barack Obama. Dieser sei schon „länger“ im Amt, „als er wollte“. Der Posten werde wohl im Jänner, wenn Bernankes zweite Amtszeit ausläuft, neu besetzt. Wer Chef der Federal Reserve wird, wird die Märkte bis dahin wohl zusätzlich beschäftigen. Als heiße Kandidaten werden die Ex-Finanzminister Larry Summers und Timothy Geithner genannt – sowie die aktuelle Fed-Vizechefin Janet Yellen. Zwar ist die Fed offiziell unabhängig, ihr Chef wird aber vom US-Präsidenten bestellt. Seinen Kandidaten muss Obama bis Herbst nominieren, damit dieser rechtzeitig vom Senat bestätigt werden kann. Für Bernanke hat Obama zum Abschied lobende Worte parat. Er sei in der Krise ein „außergewöhnlicher Partner der Regierung gewesen“, sagte Obama in einem Interview mit dem Fernsehsender PBS.

Draghi mit Vorstoß

Schon einen Tag vor Bernanke wandte sich am Dienstag EZB-Chef Mario Draghi an die Öffentlichkeit– mit einem eher kryptischen Statement. Die EZB würde mit „Offenheit“ weitere unkonventionelle Maßnahmen überlegen. Die Ankündigung kommt, während in Deutschland die Kritik an Draghis Aussage, er wolle notfalls „unbegrenzt“ Staatsanleihen von Euro-Krisenländern kaufen, wächst.

Das von Draghi eingeführte Anleihenkaufprogramm OMT wurde zwar noch nie genützt – hat den Euro aber trotzdem „gerettet“ und für Entlastung für Italien und Spanien gesorgt. Problem Nummer eins: Sollte Deutschland das OMT-Programm kippen, droht neue Unsicherheit über den Euro hereinzubrechen – deswegen wohl Draghis Verweis auf die unkonventionellen Maßnahmen. „Problem“ Nummer zwei: Der Euro hat seit Ende seiner Krise kräftig zugelegt und gilt wieder als „sicherer Hafen“. Das ist aber nur so lange gut, solange er im Währungsabwertungswettlauf nicht „zu stark“ wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Chinas Zentralbank loest Panik
International

Chinas Zentralbank löst Panik am Geldmarkt aus

Die Zinsen für kurzfristige Kredite schossen bis auf 25 Prozent nach oben. Die Zentralbank hat die bislang üppige Liquiditätsversorgung eingeschränkt.
Geld & Finanzen

Die Fed und China machen die Märkte nervös

Aktien, Anleihen, Gold, Öl, Silber: Am Donnerstag ging es mit den Kursen bergab. Grund ist die anhaltende Unsicherheit über die Fed-Politik. Dazu kommen schlechte Nachrichten aus China: Eine Kreditklemme droht.
Finanzmaerkte nach BernankeAnsage Talfahrt
International

Finanzmärkte nach Bernanke-Ansage auf Talfahrt

Der Fed-Chef stellte ein Ende der Geldflut in Aussicht. Edelmetalle verlieren deutlich. Der HSBC-Index für China rutscht unter die Wachstumsschwelle.
Federal Reserve
International

Zeitplan für geldpolitische Wende in USA wird konkret

Die US-Notenbank könnte die milliardenschweren monatlichen Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres beenden, sagte Fed-Chef Bernanke.
Bernanke Fed Thron
International

Wer folgt, wenn Bernanke den Fed-Thron räumt?

US-Präsident Obama hat praktisch klargestellt: 2014 wird die Fed (und mit ihr die Weltwirtschaft) eine neue Führung bekommen. Mit Janet Yellen könnte erstmals eine Frau an die Spitze der Notenbank kommen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.