ÖVP: Ziel Kanzleramt mit Frühstart und Quereinsteigerin

Spindelegger
SpindeleggerAPA/ROBERT JAEGER
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Spindelegger mobilisiert für den „Kanzlerwechsel“: „Zuckerl“ für Bürger sind ausgepackt, Attacken auf Faymann abgefeuert. Raiffeisen-Managerin Steinacker soll Platz zwei auf der ÖVP-Bundesliste erhalten.

Er war vielfach belächelt worden, als Michael Spindelegger 2013 zum „Jahr der ÖVP“ ausgerufen hat. Jetzt, nach dem Erfolg bei der Volksbefragung für die Wehrpflicht und dem Halten der ÖVP-Bastion bei den Wahlen in Niederösterreich und der Rückeroberung des Landeshauptmannpostens in Salzburg durch die ÖVP, ist der Nationalratswahlkampf der Bundes-ÖVP längst voll im Gang. Das Unternehmen „Kanzlerwechsel“ läuft an zwei Fronten.

Mit den Vorschlägen für billigeres Wohnen und „leistbares Leben“ möchte die ÖVP inhaltlich die Diskussion vor der Wahl am 29. September vorgeben. Am Dienstag wurde bei der ÖVP-Treibjagd auf den Regierungspartner SPÖ die zweite Front eröffnet: Nun schießt sich ÖVP-Obmann Spindelegger direkt auf Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann ein und spricht ihm die Fähigkeit für das Amt ab.

Frau mit Wirtschaftskompetenz

Mit dem Beschluss der Bundesliste der ÖVP-Kandidaten im Parteivorstand morgen, Freitag, wird auch das personelle Angebot erweitert. Nach übereinstimmenden Informationen der „Presse“ wird die Raiffeisen-Managerin Michaela Steinacker nach Spindelegger Platz zwei auf der Liste einnehmen. Sie soll als Quereinsteigerin die Wirtschaftskompetenz der ÖVP unterstreichen und überdies signalisieren, dass für erfolgreiche Frauen Platz in der Volkspartei ist. Die Juristin, Jahrgang 1962, war 2008 in die Führungsetage der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien eingezogen. Sie ist Wunschkandidatin des ÖVP-Obmanns und war Ende der Achtzigerjahre bereits im Büro der damaligen Umweltministerin Marilies Flemming tätig.

Für das Lüften des Geheimnisses um die Kandidatenliste ist das Näherrücken der Einreichfrist bei der Wahlbehörde der Grund. Der frühe Wahlkampfstart ist bewusste Strategie, um Spindelegger als alleinigen Herausforderer im Rennen um das Bundeskanzleramt zu positionieren. Der ÖVP kommt dabei ein Umstand zugute: In Umfragen liegt Spindeleggers Partei zwar noch hinter Faymanns SPÖ auf Platz zwei, aber mittlerweile deutlich vor der FPÖ mit Heinz-Christian Strache. Das erhöht die Probleme der Freiheitlichen, macht aber auch die Strategie der SPÖ zunichte, mit der Inszenierung eines rot-blauen Duells Spindelegger medial an den Rand zu drängen.

Umsetzung ist überfällig

Mit der Vorstellung des Pakets für günstigeres Wohnen hat die ÖVP schon vor Ostern ein inhaltliches „Zuckerl“ für die Bevölkerung ausgepackt. Selbst SPÖ-intern war beklagt worden, dass die Kanzlerpartei diese Problematik verschlafen habe. Die SPÖ macht jedoch geltend, die Österreicher würden günstige Mieten weiter als rotes Kernthema sehen. Das Hauptproblem für beide Regierungsparteien ist, dass ein gemeinsames Konzept seit Ende Mai überfällig ist.

Das von Spindelegger in der Vorwoche lancierte Maßnahmenpaket für „leistbares Leben“ mit den Vorschlägen für eine Gebührenbremse und zur Senkung der Krankenkassenbeiträge war der Versuch der ÖVP, auf die populären SPÖ-Vorschläge für „Reichensteuern“ und auf das einschlägige Trommelfeuer der Kanzlerpartei im Wahlkampf zu kontern. Für die Sozialdemokraten bietet der ÖGB-Kongress dieser Tage ohnehin die Chance, beständig Vermögensteuern zu propagieren.

Ein Ausgehen der Wahlkampfmunition wird in der ÖVP dennoch nicht befürchtet. Für Anfang September wird parallel zu den TV-Duellen ein Wahlprogramm vorbereitet. Viele Urlaubstage wird es für Spindelegger im Sommer nicht geben: Er wird nämlich erneut auf Bundesländertour geschickt.

SPÖ kritisiert Oppositionsrolle

Die SPÖ zeigt sich weniger irritiert von den frühen Wahlkampfaktivitäten der ÖVP, sondern mehr darüber, dass die ÖVP in der Regierung eine Oppositionsrolle spiele. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sprach von „Doppelbödigkeit“, nachdem SPÖ und ÖVP zuerst gemeinsam im Ministerrat ein Familienpaket geschnürt haben und Spindelegger selbst unmittelbar danach den Frontalangriff auf Bundeskanzler Faymann gestartet hat.

Die SPÖ-Wahlkampfmaschinerie wird mit dem Bundesparteirat im Hochsommer, am 3. August, voll anlaufen. Zuvor setzt die Kanzlerpartei neben der Fortsetzung der Kanzlertour auf Auftritte auf der internationalen Bühne – vor allem beim Gipfel in Berlin am 3. Juli zur Jugendarbeitslosigkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2013)

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