Die Reform, die keinem wehtut

Stögers Maßnahmen sind nett, das Gesundheitssystem saniert er damit aber nicht.

Wie es um den Zustand des heimischen Gesundheitswesens bestellt ist, darüber herrscht weitgehend Einigkeit: Die Versorgung hat hohes Niveau, kostet aber auch überdurchschnittlich viel, weil zu viele Leistungen in den teuren Spitälern erbracht werden. Und auch, weil die Kosten zwischen den Spitälern (finanziert von den Ländern) und dem Bereich der niedergelassenen Ärzte (finanziert von den Krankenkassen) hin und her geschoben werden.

Das weiß man schon seit Langem, etliche Gesundheitsminister haben sich auch schon an – kläglich gescheiterten – Reformen versucht, von denen meist nicht einmal der wohltönende Name in Erinnerung geblieben ist. Kein Wunder: Es gibt kaum einen Bereich, der so sehr von gut organisierten Lobbys durchsetzt ist, die jede Veränderung als Angriff auf ihre Interessen betrachten – und dabei gar nicht erst ungeschickt vorgeben, nur im Interesse der Patienten zu agieren.


Gesundheitsminister Alois Stöger hat es angesichts dieser Voraussetzungen gar nicht mit einer radikalen Reform versucht, sondern setzt eher auf eine Art evolutionären Prozess, der niemandem wehtut. Entsprechend unaufregend wirken die ersten konkreten Maßnahmen: Zwei Gruppenpraxen pro Bundesland, flexiblere Öffnungszeiten oder etwas kürzere Aufenthaltszeiten in den Spitälern – das klingt alles sinnvoll. Sanieren wird man das Gesundheitssystem damit aber nicht können. Aber vielleicht darf sich ja ab Herbst der nächste Minister an einer tief greifenden Reform versuchen.

martin.fritzl@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2013)

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