Im Alter: Freude an Fremdsprachen

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Alexandra Edlinger zeigt, warum Fremdsprachen ältere Menschen bereichern. Doch Vorurteile über »Alter und Lernen« behindern sowohl die Lehrer wie die Lerner.

„Obwohl lebenslanges Lernen und aktives Altern moderne Schlagworte sind, gibt es im deutschsprachigen Raum kaum Studien über das Lernen von Fremdsprachen im Alter“, sagt Alexandra Edlinger. Sie hat für ihre Dissertation (Uni Graz, Sprachwissenschaft, Betreuer: Hanspeter Gadler) in der Urania in Graz ältere Teilnehmer von Sprachkursen befragt (27Personen, 55bis 75 Jahre, nicht mehr berufstätig). Zudem legte sie Fragebögen vor, führte Sprachtests durch, um Lernniveau und Selbsteinschätzung der Leute zu erfahren (in Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch). „Ich wollte wissen, welche Faktoren wichtig sind, damit ältere Menschen eine neue Sprache als Bereicherung erleben“, so Edlinger.

Bisher fehle es Lehrpersonen an Didaktik, um auf Senioren eingehen zu können. „Wenn ein Kurs explizit für Senioren ausgeschrieben ist, kommt keiner: Die älteren Menschen wollen nicht diskriminiert und segregiert werden.“ Edlinger analysierte, welche früheren Berufs- und Lernerfahrungen für den Fremdsprachenerwerb im Alter von Vorteil sind, welche Lebenssituation die Menschen in den Kursen haben und welche Lernmethoden ihnen am liebsten sind. Die Ergebnisse zeigen drei Gruppen von Lernertypen: „Plurilinguale“ hatten ihr ganzes Leben mit Sprachen zu tun, waren teils selbst Sprachlehrer oder haben Freude an Sprachen. „Socialiser“ suchen in den Kursen soziale Kontakte bzw. nutzen die Sprache, um Kontakt mit Freunden und Angehörigen im Ausland zu halten. Dem „Berufsmenschen“ war schon während der aktiven Zeit Weiterbildung wichtig, dieser Typ (100 Prozent Männer) will die Sprach- und Fortbildung im Alter aufrechterhalten. „Die Sprachtests zeigten, dass ältere Menschen das gleiche Sprachniveau erreichen wie jüngere.“ Aber die Vorurteile sind so in den Köpfen, dass viele Ältere sagen: „Ich merke mir das nicht mehr so wie früher.“ Der Lernerfolg zeigt das Gegenteil: „Hier sollte Lehrerfortbildung ansetzen, um diese Stereotype vom schlechten Sprachenlernen im Alter aufzubrechen“, sagt Edlinger. Auch generationenübergreifendes Lernen gehört mehr gefördert, sodass sich in altersheterogenen Kursen nicht nur die Jungen zusammentun und Ältere mit Älteren lernen.

Edlinger arbeitet nun in der Sprachkursorganisation für Migranten, ist aber immer noch interessiert an dem Thema „Alter und Diskriminierung“. Derzeit sucht sie für die Veröffentlichung der Arbeit einen Verlag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2013)

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