"Die bessere Hälfte": Brave Eva, promisker Zeus

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Die Ausstellung im Kunsthistorischen Museum will mit 80 Exponaten das Thema Paarbeziehung beleuchten. Ein schwieriges Unterfangen.

Beginnen wir bei Adam und Eva. Zumindest vom christlichen, jüdischen und islamischen Standpunkt aus ist das nur folgerichtig: Adam und Eva waren das allererste Paar, die Urahnen schlechthin, und die kleine Schau im Kunsthistorischen Museum, die sich dem Thema „Die bessere Hälfte“ verschrieben hat, erzählt seine Geschichte. Wie Eva aus der Seite des Adam schlüpft, während der selig schläft (ein kleines Alabasterbild von Hans von Aachen).

Adam, der noch zu überlegen scheint, ob er in den Apfel beißen soll (Lucas Cranach d. Ältere). Dann werden die beiden aus dem Paradies vertrieben, Eva weinend, während Adam halb tröstend, halb beschützend die Hand auf ihre Schulter legt. Und schließlich zeigt die Ausstellung, wie die beiden ihr Leben danach fristen: Die kleine Familie hält Rast an einer Quelle, der ältere Bub spielt unter einem Baum, der andere nuckelt an Evas Brust. Adam, ganz der sorgende Vater, schöpft Wasser (Veronese, um 1580/88). Noch scheinen die beiden nicht sesshaft geworden zu sein, Ackerbau und Viehzucht kommen erst später.

Leda, Europa, Io und Ganymed

Ein monogames Familienidyll und schuldbehafteter Sex einerseits. Andererseits: Der ausschweifende Zeus bzw. Jupiter. Was dessen Abenteuer betrifft, hat sich die Schau um Vollständigkeit bemüht: Eine Marmorstatuette zeigt Leda, wie sie versonnen den Hals des Schwanes kost. Über die von ihrem Vater in ein Verlies gesperrte Danäe kam der Gott als Goldregen und zeugte Perseus. Für Europa verwandelte er sich in einen weißen und zutraulichen Stier, dieses Motiv ziert eine Schale. Natürlich dürfen die beiden Correggios aus dem Kunsthistorischen Museum nicht fehlen: „Jupiter und Io“ (Jupiter als Wolke mit einer zupackenden Hand!) und „Entführung des Ganymed“, beide entstanden um 1530.

Zeus war wandlungsfähig, was die Künstler inspirierte. Und er hat nichts ausgelassen, was seine Gemahlin Hera verbitterte: Andries Cornelius Lenz hat sie gemalt, als sie einmal ihren Gemahl überlistete. Interessant: Polytheismus und Promiskuität scheinen hier Hand in Hand zu gehen, die Monogamie bringt feste Beziehungen. Oder zumindest Triebverzicht und die Fokussierung auf die Familie: Schon Echnaton, der in Ägypten den Eingottglauben erfand, ließ sich mit Frau und Kindern porträtieren.

Die meisten Bilder der Schau zeigen natürlich repräsentative Werke: Fürsten, Könige, Kaiser. Hübsch ein Täfelchen mit den Porträts von Philipp dem Schönen und der Erzherzogin Margarete als Kinder: Es entstand, als Maximilian der I. die beiden nach Spanien zu vermählen suchte. Das Täfelchen tat seinen Dienst: Philipp ehelichte Johanna von Kastilien, die nach seinem Tod rasend geworden sei vor Schmerz und als „die Wahnsinnige“ in die Geschichte einging. Margarete heiratete Johannas Bruder.

Auch zwei Frösche sind ein Paar

Kurios: Ein Altartäfelchen, das die heilige Dorothea und die Maria Magdalena in moderner Aufmachung zeigt, aufgeputzt mit edlen Stoffen und Geschmeide. Vor ihnen sitzen zwei Dominikanermönche. Auch das sind Paare. Außerdem als Paare gelten: zwei kämpfende Frösche, zwei ähnlich aussehende Kaiserporträts, zwei Rüstungen, zwei Allegorien, zwei Philosophen...

Die Ausstellung hat sich eines spannenden Themas angenommen – und es verspielt: Weil man das Thema allzu weit fasste (ein Paar Schuhe, ein Paar Ohrringe – was kann uns das sagen? Dass der Mensch zwei Ohren und zwei Füße hat?). Weil zu viele Kuratoren offenbar eine Ausstellung verderben. Weil achtzig Exponate (darunter zwei Rüstungen und zahlreiche Münzen und Schmuckstücke) einerseits zu wenig sind, um das Thema zu beleuchten. Andererseits aber immer noch zu viel für den kleinen Sonderausstellungsraum in der Gemäldegalerie: Die schöneren Exponate kommen so nicht zur Wirkung.

Um für die Ausstellung zu werben, hat sich das KHM etwas Besonderes einfallen lassen: eine Karte für Paare, wobei dieser Begriff wie in der Schau selbst bewusst weit gefasst wird. Bis zum 8. September gibt es Jahreskarten zum Preis für 55 Euro, so lange läuft auch „Bessere Hälften“ (täglich 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2013)

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