Lehrerdienstrecht: Ein (zweifelhafter) Durchbruch

Lehrerdienstrecht zweifelhafter Durchbruch
Lehrerdienstrecht zweifelhafter Durchbruch(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Die Regierung wähnt sich mit den Verhandlungen auf der Zielgeraden. Auch die Gewerkschaft signalisiert Zustimmung, wenn auch nicht geschlossen. Wie es mit der Reform nun weitergeht.

Wien. Auf diesen Auftritt haben die Ministerinnen Claudia Schmied und Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) lange gewartet. Am Dienstag konnten sie endlich vor die Presse treten und den „Fast-Schon-Durchbruch“ beim Lehrerdienstrecht verkünden. Und das, obwohl eine Einigung mit der Gewerkschaft lange als unwahrscheinlich galt. Die wichtigsten Antworten.

1. Warum kam es eigentlich zum großen Fortschritt?

Gleich vorweg: Inhaltlich wirklich nachvollziehbar ist der plötzliche Durchbruch nicht. Vor allem, da die Regierung am Montag weder ein neues Angebot vorgelegt noch deutlich nachgebessert hat. Der Sinneswandel der Gewerkschaft sei durch eine intensive Auseinandersetzung mit den bereits vorgelegten Konzepten gekommen, so interpretieren das zumindest Heinisch-Hosek und Schmied. Denkbar ist aber auch, dass die ÖVP der ihr nahestehenden Gewerkschaft angesichts der anstehenden Nationalratswahl Druck gemacht hat. Ganz dürfte das nicht gelungen sein. Die stets kritische AHS-Gewerkschaft zeigte sich auch gestern skeptisch: „Wir sind noch meilenweit von einem guten Dienstrecht entfernt“, so AHS-Vertreter Eckehard Quin.

2. Welche Zugeständnisse hat die Regierung gemacht?

Die Lehrer haben der Regierung immer wieder merkliche Zugeständnisse abgerungen. Am Montag dürften es eher Kleinigkeiten, wie eine lange von den Lehrern gewünschte Job Description, gewesen sein. Zwischenzeitlich gipfelten die Machtspiele der ÖVP-dominierten Gewerkschaft darin, dass Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) von der Regierungslinie abrückte und ein eigenes Modell präsentierte, das vor allem für AHS-Lehrer attraktiver gewesen wäre. Der Vorschlag ist Vergangenheit. Die ÖVP sei auf Regierungslinie zurückgekehrt, die Gewerkschaft habe sichin Bewegung gesetzt, so die SPÖ-Ministerinnen. Ob auch die Lehrer in einzelnen Punkten nachgeben mussten, blieb vorerst unbeantwortet. Als Durchbruch könne die jüngste Runde deshalb gesehen werden, da die „Lehrer nicht mehr das ganze System infrage stellen“, so Schmied. Nun fehle nur noch die Feinadjustierung.

3. Wie geht es mit dem Dienstrecht nun weiter?

Die Details werden auf Beamtenebene geklärt. In den kommenden Tagen werden die Gewerkschafter der verschiedenen Schultypen mit den Beamten zusammentreffen. Am kommenden Dienstag soll es dann die nächste Runde auf Ministerebene geben. Das Ziel der Regierung ist es, das neue Lehrerdienstrecht noch vor der Wahl in Gesetzesform zu gießen. Damit das auch gelingt, wird es eine von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) eingesetzte Taskforce geben (siehe Bericht unten).

4. Was wird sich für die Lehrer durch das neue Dienstrecht ändern?

All jene, die jetzt schon unterrichten, sind von der Reform nicht betroffen. Das neue Dienstrecht gilt nur für künftige Lehrer. Für sie wird sich vor allem bei der Bezahlung einiges ändern. Das Einstiegsgehalt wird bei 2420 Euro brutto liegen (siehe Grafik), bisher waren es (je nach Schultyp) zwischen 2025 und 2220 Euro. Vorgesehen sind sieben Gehaltsstufen, die erste Vorrückung soll nach 13 Jahren erfolgen. Nach 39 Jahren werden Lehrer 4330 Euro verdienen. Ein Vergleich mit dem bisherigen Gehalt ist schwierig, denn künftig sollen Lehrer auch je Fach Zulagen erhalten. So wird es etwa in Hauptschule und der Unterstufe in den Fächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen zusätzlich 24 Euro pro Stunde geben. Mehr Geld sollen Lehrer auch erhalten, wenn sie Spezialfunktionen (etwa als Klassenvorstand oder als Mentor) übernehmen. Für einen Mentor gibt es zwischen 90 und 150 Euro pro Monat extra.

5. Was ist mit der Arbeitszeit? Wird sich diese erhöhen?

Die Kernarbeitszeit soll künftig 24 Stunden betragen, wobei das mindestens 22 Stunden Unterricht bedeutet. Bisher waren es 20 bis 22. Man kann sich aber etwa als Klassenvorstand (de facto alle Volksschullehrer) oder Mentor je eine Stunde Unterricht anrechnen lassen. Um auf 24 Stunden zu kommen, sollen sich Lehrer künftig wöchentlich zwei Stunden Zeit für Gespräche mit Schülern und Eltern nehmen.

6. Werden Schüler und Eltern etwas von der Veränderung spüren?

Diese zwei Stunden für Eltern- bzw. Schülergespräche sieht Heinisch-Hosek als Pluspunkt. Eine Einschätzung, die Paul Kimberger, Chefverhandler der Lehrergewerkschaft, nicht teilt. Er hofft, dass durch ein neues Dienstrecht der Job an sich attraktiver wird.

7. Woran könnte ein Abschluss vor der Wahl noch scheitern?

Es gibt noch einige Knackpunkte. Das Thema Arbeitszeit ist noch nicht vom Tisch, Verhandlungsbedarf gibt es auch beim Unterstützungspersonal. Wie viele Psychologen und Sozialarbeiter finanziert werden, ist noch nicht fix. Ministerin Schmied bringt es auf den Punkt: „Es braucht knallharten Optimismus.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.07.2013)

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