Achten Sie auf Ihr Aussehen. Aber nur, wenn Sie ein Mann sind

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Abercrombie & Fitch will nur „Models“ beschäftigen. Nun ermittelt die Pariser Antidiskriminierungsbehörde.

Ob Mike Jeffries tatsächlich etwas gegen weniger hübsche Menschen hat oder das nur aus PR-Gründen sagt, ist nicht geklärt. Jedenfalls fallen Sprüche wie „Wir wollen unsere Sachen nur an gut aussehende, coole Menschen vermarkten“ relativ häufig. Jetzt hat der Boss der US-Bekleidungskette Abercrombie&Fitch die französische Antidiskriminierungsbehörde am – vermutlich gelifteten – Hals. Die Rekrutierung von Mitarbeitern scheine auf „diskriminierenden Kriterien, unter anderem dem Aussehen, zu beruhen“. Deshalb werde man die Auswahl der Verkäufer unter die Lupe nehmen.

Das wäre gar nicht nötig, denn Jeffries hat es längst zugegeben: „Wir stellen gut aussehende Menschen ein, denn diese ziehen andere gut aussehende Menschen an.“ Deshalb heißen die Verkäufer bei Abercrombie auch „Models“. Ein kniffliger Fall. Denn während bei Models das Aussehen als Kriterium legitim sein könne, liege der Fall bei Verkäufern anders, argumentiert die Antidiskriminierungsstelle.

In Österreich hätte Jeffries wenig zu befürchten. „Rechtlich gesehen sehe ich da keine Diskriminierung“, sagt Ingrid Moritz von der Arbeiterkammer. Es sei denn, man schließe damit bestimmte Zielgruppen aus. Benachteiligung nach Geschlecht, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Alter und sexueller Orientierung untersagt das Gleichbehandlungsgesetz. Informell gibt es freilich längst einen Ausdruck für Diskriminierung aufgrund der physischen Erscheinung: Lookism. Und wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis Lookism europaweit unter Strafe gestellt wird.

Die deutsche Grünen-Politikerin Marianne Burkert-Eulitz wäre darüber wohl höchst erfreut. Sie hat ein Problem damit, dass bei Schönheitswettbewerben weniger schöne Menschen keine Chance haben, berichtete im Mai eine Berliner Zeitung. Der Anlass war eine Misswahl für Jugendliche. „Jugendliche, die nicht groß und schlank sind, werden ausgegrenzt. (...) Das entspricht doch nicht dem Menschenbild“, echauffierte sich Burkert-Eulitz. Jeder solle eine Chance bei einem Schönheitswettbewerb haben.

Dass Schönheit aber auch ein Nachteil sein kann, wusste schon ein vermeintlicher Fan eines ehemaligen Finanzministers dieses Landes: Zu jung, zu intelligent, zu schön, zu erfolgreich soll der Besagte sein. Bundeskanzler Werner Faymann ist dank seiner Haare – ein „perfekter dichter, melierter Wald“ – einer der zehn modischsten „World Leader“, befindet „Vanity Fair“. Ob es ihm nützt, wird die anstehende Wahl zeigen.

Für Männer ist gutes Aussehen tendenziell ein Vorteil. Eine Studie der israelischen Ben-Gurion-Universität ergab, dass attraktive Männer öfter zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden, wenn sie ihre Bewerbung mit einem Foto versehen. Bei Frauen war das Ergebnis genau umgekehrt: Gut aussehende Bewerberinnen erhielten deutlich mehr Absagen als ihre weniger attraktiven Konkurrentinnen. Bei Abercrombie & Fitch haben es die Forscher offenbar nicht versucht.

Mail an: jeannine.hierlaender@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2013)

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