EU-Bericht: "Es gibt Zweifel am Willen der Verwaltung"

EUBericht gibt Zweifel Willen
EUBericht gibt Zweifel Willen(c) EPA
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Brüssel sieht das griechische Reformprogramm "weitgehend auf Schiene". Damit die Sanierung gelingt, müssten die Steuern effizienter eingetrieben werden – und das scheint in Athen alles andere als gut anzukommen.

Brüssel. Der Juli klingt in Griechenland mit optimistischen Noten aus. Während in Washington der IWF seinen 1,7Mrd.Euro schweren Anteil an der nächsten Tranche des internationalen Hilfskredits freigab, übte sich in Athen Yannis Stournaras in demonstrativer Zuversicht, was die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen anbelangt. Nach Ansicht des griechischen Finanzministers könnte der boomende Fremdenverkehr der Konjunktur im laufenden Jahr einen unverhofften Schwung verleihen und die prognostizierte Rezession von 4,2 Prozent des BIPs geringer ausfallen lassen als befürchtet.

Vorsichtiger Optimismus ist dieser Tage auch aus Brüssel zu vernehmen. „Das griechische Reformprogramm ist weitgehend auf Schiene“, heißt es im jüngsten, inoffiziellen Krankenbericht der EU-Kommission, der als ein sogenanntes „occasional paper“ Nummer 159 erschienen ist. Stichtag des 235-seitigen Konvoluts war der 25.Juli, es ist somit die aktuellste vorliegende Bestandsaufnahme. Die Brüsseler Behörde empfiehlt darin die Überweisung einer weiteren Tranche des EU-Hilfskredits nach Athen – über die nächste Zahlung wird im Oktober entschieden. Insgesamt soll das überschuldete Land 173 Mrd. Euro von EU, EZB und IWF bekommen.

Positiv stimmen vor allem der Bankensektor und die Arbeitskosten. Nach Ansicht der Kommission ist die Sanierung der vier größten Institute des Landes so gut wie abgeschlossen, die Geldhäuser verfügen nun über gut gefüllte Kapitalreserven und können nun (so die Hoffnung) an die Kreditvergabe schreiten. Und der Fall der Lohnstückkosten macht die Produktion billiger sowie die griechischen Exporte wettbewerbsfähiger. Gemäß Brüsseler Berechnungen sollen Ausfuhren die Wirtschaft ab 2014 ankurbeln, für 2014 wird ein Plus von 0,6 Prozent erwartet – nach fünf Jahren Rezession.

Damit dieses Szenario auch eintritt, müssen allerdings mehrere Voraussetzungen erfüllt werden – und das ist der weniger optimistische Teil des Reports, denn es ist noch gar nicht ausgemacht, dass Athen dieses Kunststück gelingt. Prämisse Nummer eins ist die Verkleinerung des aufgeblähten Staatssektors, der Ressourcen verschlingt und ökonomische Kräfte bindet. Die internationalen Vorgaben punkto Abbau des Beamtenapparats bis zu einem Stand von 450.000Stellen haben die Griechen im ersten Halbjahr jedenfalls nicht erfüllt. Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: „Die Regierung hat ihre Reformzusagen bekräftigt“, heißt es in dem EU-Bericht trocken.

„Semiautonome“ Steuerbehörde

Voraussetzung Nummer zwei hängt direkt mit der Verwaltungsreform zusammen: der Aufbau einer schlagkräftigen, „semiautonomen“ Steuerbehörde – nach Ansicht der Kommission gibt es allerdings „Zweifel am Willen der griechischen Verwaltung, Steuereinnahmen effizient einzutreiben“. Die Folge: Die ab 2014 erwarteten Überschüsse im Primärhaushalt (also vor dem Schuldendienst) sind alles andere als sicher – „unter den aktuellen makroökonomischen Bedingungen wird für das Jahr 2015 eine Lücke von 1,75 Prozent des BIPs erwartet“, heißt es. 2016 soll der Fehlbetrag gar zwei BIP-Prozent betragen.

Sollte diese Befürchtung eintreten, müssten die internationalen Helfer ihren Fahrplan über den Haufen werfen. Denn ohne Primärüberschuss kann Athen seinen gigantischen Schuldenberg nicht abtragen – der einzige Ausweg wäre dann wohl ein Schuldenschnitt. Griechenlands Staatsschuld soll heuer auf 175,5 Prozent der Wirtschaftsleistung klettern.

EUBericht gibt Zweifel Willen
EUBericht gibt Zweifel Willen(c) Die Presse / PW

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2013)

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