"Bildungspflicht" bis 18 gefällt Regierung

Bildungspflicht gefaellt Regierungsparteien
Bildungspflicht gefaellt Regierungsparteien(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Jugendliche, die am Ende der Schulpflicht nicht genug können, sollen weiter unterrichtet werden. SPÖ und ÖVP sind an der Idee aus dem Integrationsbericht interessiert.

Derzeit gibt es eine neunjährige Schulpflicht: Diese endet durch Zeitablauf, was die Schüler tatsächlich können, ist nicht entscheidend. Laut dem Integrationsbericht 2013 von Staatssekratär Sebastian Kurz sollen Jugendliche, die am Ende ihrer Schulpflicht Lesen, Schreiben und Rechnen nicht ausreichend beherrschen, künftig so lange weiter unterrichtet werden, bis sie Mindeststandards erreicht haben. Damit würde es eine "Bildungspflicht" bis maximal 18 Jahre statt der traditionellen Schulpflicht geben.

SPÖ und ÖVP interessiert

Eine Reform der Schulpflicht in ähnlichem Sinn fordern schon länger die Sozialpartner, die ebenfalls für die Koppelung an Bildungsziele eintreten. "Wir sind sehr interessiert, dass das nach der Wahl in einer großen Koalition umgesetzt wird", hieß es aus dem Büro von Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ). Auch die ÖVP "kann dem Vorschlag einiges abgewinnen", wie Generalsekretär Hannes Rauch sagte.

Offen ist, wo eine solche Ausbildung stattfinde könnte und wer sie finanzieren müsste, heißt es aus dem Unterrichtsministerium. Sie könnte etwa Teil einer Lehrausbildung sein - für die Unternehmen mitzahlen - oder Teil der öffentlichen Schule. Die Debatte darüber solle aber eher nach der Wahl geführt werden, "nicht in der Aufregung eines Wahlkampfs", hieß es weiter.

Motivation bei manchen gering

Die Idee sei grundsätzlich gut, denn eine Reform sei dringend notwendig, sagt die langjährige AHS-Direktorin Heidi Schrodt von der Initiative "Bildung grenzenlos" im Ö1-Morgenjournal. Je später man etwas lerne, desto schwieriger werde es. Ideal sei frühe Förderung - aber was bis zum Ende der Schulpflicht verpasst wurde, solle man trotzdem nachholen.

Das Bildungsangebot sollte allerdings als "erstrebenswert" angeboten werden, und nicht als Zwangsmaßnahme, so Schrodt: "Wenn man ohnehin nicht gerne in die Schule gegangen ist, muss man noch drei Jahre länger bleiben - da wird die Motivation gering sein. Aber grundsätzlich sollten wir als wohlhabende Nation darauf schauen, dass unsere Jugendlichen die Schulen als gebildete Menschen verlassen."

Heidi Schrodt verweist auf Schweden: Da endet die offizielle Schulpflicht mit 16 Jahren, aber das Recht auf Schule gibt es bis 19 Jahre, und 98 Prozent bleiben auch in der Schule.

Grüne und Team Stronach dagegen

Das Team Stronach ist von dem Vorschlag weniger eingenommen. "Das ist ein pädagogischer Schildbürgerstreich, der lediglich vertuschen soll, dass das Pflichtschulsystem in Österreich extrem ineffizient ist", heißt es vom Bildungssprecher. Der Vorschlag einer Schulverlängerung sei erstens nicht finanzierbar und zweitens sinnlos.

"Dieser Vorschlag ist weltfremd und unausgegoren", sagt auch der Grüne Bildungssprecher Harald Walser. "Wer nach neun Jahren nicht sinnerfassend lesen und schreiben kann, wird es durch eine zwangsweise verlängerte Beschulung wohl auch nicht schaffen." Man dürfe während der Schulpflicht nicht wertvolle Zeit verstreichen lassen und dabei zusehen, wie Kinder die angestrebten Bildungsziele nicht schaffen. 

"Kurzfristig brauchen wir gerade in sogenannten Brennpunktschulen zusätzliche Lehrkräfte für Stütz- und Förderunterricht, damit benachteiligte Kinder und Jugendliche während und nicht nach ihrer Schulpflicht Lesen und Schreiben lernen", betont Walser. Mittelfristig plädiert er für eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen.

(APA)

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