Luft- und Raumfahrttechnik

„Luna 25“ gestartet: Russlands langer Weg zur Raumstation auf dem Mond

Eine Sojus-Rakete brachte den Mondlander aus der Erdatmosphäre in Richtung Mond.
Eine Sojus-Rakete brachte den Mondlander aus der Erdatmosphäre in Richtung Mond.APA / AFP / Handout
  • Drucken

„Der Start ist gelungen“, vermeldet die russische Weltraumbehörde und hofft auf eine weiche Landung am 21.
August. Der Mondlander „Luna-25“ soll Bodenproben sammeln.

Russland hat mit der Raumsonde „Luna-25“ am Freitag erstmals seit fast 50 Jahren wieder einen Flug zum Mond gestartet. Der Raumapparat soll noch in diesem Monat am Südpol landen und unter anderem nach Wasser suchen. Die Trägerrakete vom Typ Sojus-2.1b hob wie geplant vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amurregion um 9.10 Uhr Ortszeit (1.10 Uhr MESZ) ab. Die Sonde trat plangemäß nach wenigen Minuten in den Kosmos ein.

„Der Start ist gelungen“, sagte Juri Borissow, der Chef der russischen Weltraumbehörde Roskosmos in einer Live-Übertragung des Starts. Die Reisezeit zum Erdtrabanten in rund 384.000 Kilometer Entfernung betrage viereinhalb Tage. Er hoffe auf eine weiche Landung auf dem Mond am 21. August, weil zunächst in der Umlaufbahn nach einer idealen Stelle zum Aufsetzen gesucht werde. Alles laufe reibungslos, sagte Borissow. Wegen technischer Probleme war diese erste Mission seit 1976 mehrfach verschoben worden.

Bis 2040 eigene Raumstation

„Luna-25“ ist Teil des russischen Mondprogramms. Das sieht vor, bis 2040 auch eine Raumstation auf dem Himmelskörper zu errichten. Roskosmos knüpft damit an sein 1959 gestartetes sowjetisches „Luna“-Programm an. Dabei hatten Raumsonden auch Mondgestein mit zur Erde gebracht. Eigentlich sollte die neue Sonde schon lange unterwegs sein. Erster geplanter Starttermin war 2012, zuletzt war der Mai 2022 anvisiert worden.

Laut Roskosmos soll der 1800 Kilogramm schwere Raumapparat „Luna-25“ dabei helfen, eine Technologie für eine weiche Landung zu entwickeln. Auch habe die Sonde die Aufgabe, Bodenproben vom Mond einzusammeln und zu analysieren. Zu den geplanten wissenschaftlichen Untersuchungen gehört laut dem Projektpapier weiters ein Studium der Oberflächenschichten und insbesondere des Lockermaterials im Bereich des südlichen Mond-Pols.

Die Messungen sollen nicht zuletzt Aufschluss über den Zustand der Exosphäre des Himmelskörpers zu unterschiedlichen Tageszeiten geben - ein Mondtag und eine Mondnacht entsprechen jeweils etwa 14,5 Tagen auf der Erde. Am Mond schwanken die Temperaturen laut Roskosmos zwischen minus 170 Grad und plus 120 Grad Celsius. In der polaren Exosphäre würden dynamische Prozesse eines Zusammenspiels von kosmischen Teilchen und Mondstaub ablaufen. „Der Mondstaub schafft viele Probleme und Gefahren für die technischen Systeme.“

Mikropartikel des Staubs seien giftig und von hoher chemischer Aktivität. Deshalb seien die Untersuchungen wichtig für eine mögliche spätere Erkundung des Mondes durch den Menschen vor Ort. Auch eine mögliche radioaktive Gefahr wird geprüft. Die Mission ist auf ein Jahr angesetzt.

Bodenproben aus einer Tiefe von bis zu 40 Zentimetern

Ermitteln soll die russische Sonde aber vor allem auch den Anteil von Wasser im Boden. Die Raumforscher erwarten laut Roskosmos, dass der Wasseranteil im Lockermaterial verschwindend gering ist, weil bei Sonnenlicht und hohen Temperaturen alles verdunstet. Unter dieser Decke des abgelagerten Materials (Regolith) gebe es aber einen Dauerfrostboden. Die Wissenschaftler rechnen damit, dort und in dauerhaft schattigen Regionen Wassereis zu finden.

„Luna-25“ soll ebenfalls Bodenproben einsammeln - und kann dafür bis zu 40 Zentimeter in die Tiefe vordringen. Weitwinkelkameras fotografieren die Umgebung und die Landschaften, deren Aufnahmen über Radiokanäle zu einem Forschungszentrum auf der Erde gesendet werden können.

Zu Sowjetzeiten hatte die stolze Raumfahrtnation mehrfach Geschichte geschrieben. Die Sowjetunion war das erste Land im All und hatte 1961 auch den ersten Menschen in den Kosmos geschickt. Schon 1959 erreichte sie auch als erstes Land der Welt die Oberfläche des Mondes. Bei dem Wettlauf der Systeme um die Erkundung des Weltalls waren dann aber die USA das Land, dem 1969 mit Apollo 11 die erste bemannte Mondmission gelang.

Ukraine-Krieg beendete Zusammenarbeit mit europäischer Raumfahrtagentur

Ursprünglich hatte Roskosmos mit der Europäischen Raumfahrtagentur Esa an dem russischen Mondprogramm gearbeitet. Nach Russlands Invasion in die Ukraine vor mehr als 17 Monaten beendete Esa die Zusammenarbeit mit Moskau. Kremlchef Wladimir Putin, der den Krieg begonnen hatte, will mit dem jetzigen Start der Mondmission auch zeigen, dass das Land trotz der Sanktionen des Westens wegen des Krieges weiter in der Lage ist, seine wissenschaftlichen Projekte durchzuziehen.

In der fernöstlichen Region Chabarowsk evakuierten die Behörden am Freitag vor dem Start kurzzeitig ein Dorf, weil die erste Raketenstufe der Sojus dort aufschlagen könnte. Wenig später konnten die etwa 18 Bewohner in ihre Wohnungen zurückkehren. Roskosmos kündigte bereits die nächsten Missionen „Luna-26“ bis 2027, „Luna-27“ bis 2028 und „Luna-28“ bis 2030 an.

Auch Indien will nach dem gescheiterten Versuch (im Jahr 2019) einer Mondlandung vor vier Jahren nun - am 23. oder 24. August - die Sonde „Chandrayaan-3“ landen lassen. Eine sanfte Landung schafften bisher nur die USA, die Sowjetunion und China. (APA/DPA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.