So wienerisch muss man Beckett spielen

Warten auf Godot
Warten auf Godot(c) Bernhard Mrak
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Das 3raum-Anatomietheater begann seine „Warten auf Godot“-Tournee in Nickelsdorf. Grillen begleiten es.

„Man kann nichts dafür.“ – „Was man auch tut.“ – „Man bleibt, wie man ist.“ – „Was man auch anstellt.“ – „Im Grunde ändert sich nichts.“ – „Da kann man nichts machen.“ Was für ein wienerischer Dialog der beiden tragikomischen Helden in „Warten auf Godot“! Wenn man ihn richtig spricht, nämlich locker, ohne Theatralik, ohne Pausen, aber mit Rhythmus, dann hat er fast etwas von einem Couplet an sich.

Hubsi Kramar und Oliver Vollmann sprechen ihn genauso. Sie spielen „Warten auf Godot“ also genauso, wie man „Warten auf Godot“ spielen muss, wenn's nach den Wienern geht. Und warum sollte es nicht einmal nach denen gehen? Kramar, der das Stück (nicht zum ersten Mal) inszeniert hat, entscheidet sich – vielleicht ist auch das sehr wienerisch – für keine eindeutige Deutung, er lässt die religiösen Töne genauso zu wie die existenziellen und sozialen, dumpfe Trauer wie jähe Komik; er feilt nicht am Irrwitz, in den Beckett die Dialoge immer wieder auflaufen lässt. Er verweigert nicht einmal die Langeweile, mit der dieses Stück natürlich auch spielt. Seine Inszenierung ist also, um es einmal ganz altväterlich zu sagen, vorbildlich werktreu.

Vom Breisgau in die Poebene

Genau in diesem Sinn hat er die deutsche Übersetzung (von Elmar Tophoven) subtil und respektvoll adaptiert. Versteht sich, dass Wladimir und Estragon nicht gelbe und weiße Rüben, sondern Karotten und Rüben essen. Den Breisgau hat er in die Poebene verlegt, auch das passt gut.

So wie „Warten auf Godot“ in die schöne Arena des Kleylehof, der bei Nickelsdorf liegt, dort, wo die Grillen einander gute Nacht wünschen, und zwar lautstark, was vielleicht der beste Soundtrack für dieses Stück ist. Der Baum, an dem sich zu erhängen die beiden träumen, erinnert im ersten Akt ein bisschen an eine Giacometti-Skulptur. Eine andere Plastik soll die rätselhafte Passage illustrieren, in der Wladimir fragt: „Woher kommen all diese Leichen?“

Ja, sie ahnen stückweise, sie sind halb wissende Clowns, voll Hoffnung und Überdruss, und sie spielen das Spiel, in das sie geworfen sind, virtuos. Bevor das Spiel im Spiel kommt: Oliver Vollmann ist ein herrlich herrischer Pozzo, Hannes Lengauer ein getriebener Lucky, bei dem man nicht recht begreift, was ihn treibt – und das soll man auch nicht begreifen. So wenig wie die prophetische Rolle des Kindes (entzückend: Fiona Imnitzer). Gutes Theater. tk

Weitere Termine: 10.8. in Nickelsdorf, 13.8. in Fresach (Kärnten), 16. und 17.8. in Thernberg (NÖ), 22., 23. und 24.8. in der Seestadt Aspern (Wien).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2013)

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