Telekom: Liebesgrüße aus Mexiko

Carlos Slim
Carlos Slim(c) REUTERS (HENRY ROMERO)
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Großaktionär Carlos Slim will die niederländische KPN ganz übernehmen. Dann dürfte er auch bei der Telekom Austria aufstocken. Das brächte hohe Synergien. Von Hedi Schneid

Sein Vermögen ist heuer um rund acht Mrd. Dollar geschrumpft – Aktienkurse gehen nicht immer nur nach oben. Aber wenn man Carlos Slim heißt und mit einem Vermögen von gut 70 Mrd.Dollar der reichste Mensch der Welt ist, dann sind solche Verluste verschmerzbar. Da zählt schon mehr, dass auch in Slims Heimat Mexiko Monopole nicht mehr so erwünscht sind, und sein Telekomkonzern America Movil nicht mehr so frei schalten und walten kann wie bisher. Was liegt also näher, als sich nach neuen Ufern umzusehen?

Der überbesetzte europäische Telekom-Markt bot sich für einen Raider vom Format Slims förmlich an: Nachdem er 2007 bei der Telecom Italia kein Glück hatte, gelang ihm im Vorjahr ein Doppelschlag: America Movil kaufte sich erst bei der niederländischen KPN ein und danach bei der Telekom Austria. Beide Engagements waren aus finanzieller Sicht ein Desaster: Für die KPN-Beteiligung von 29,8 Prozent zahlte er acht Euro pro Aktie – am Freitag war das Papier trotz Kurssprunges 2,3Euro wert. Für die Telekom Austria (mit 26,8 Prozent ist er zweitgrößter Aktionär nach der ÖIAG) legte er 9,50 Euro hin – jetzt kostet die Aktie 5,7 Euro.

Ziel ist die Mehrheit

Jetzt nützt Slim die Gunst der Stunde – und die niedrigen Kurse: Er will die KPN komplett schlucken. Ein Deal, der – so er gelingt – auch weitreichende Folgen für die Telekom Austria haben dürfte. Denn Analysten und Experten erwarteten schon im Vorjahr, dass sich Slim nicht mit der Minderheit begnügt. Bei allen Beteiligungen von den USA bis Argentinien hält sein Konzern nie weniger als 88Prozent. Da die Telekom auf dem Balkan fest verankert ist, die KPN wiederum in Deutschland (E-Plus) und Belgien (Base), wäre der Mexikaner in vier europäischen Kernländern und so gut wie ganz Südosteuropa fest verankert. Das würde enorme Synergieeffekte schaffen, die die unter Margendruck stehenden Unternehmen dringen notwendig haben.

Mit der KPN-Übernahme würde Slim aber noch ein Ziel erreichen: den geplanten Verkauf der deutschen KPN-Tochter E-Plus an O2, die Tochter von Erzfeind Telefónica, zu vereiteln. In Finanzkreisen geht man davon aus, dass er es schafft: Die KPN-Aktionäre demonstrierten schon mit dem Kurssprung Zustimmung und dürften sich von seinem Angebot von 2,40Euro je Aktie umgarnen lassen. Womit die KPN mit 10,3 Mrd. Euro bewertet wird. Zwar gibt es noch Hürden – eine Stiftung kann eine feindliche Übernahme der KPN verhindern. Aber bisher hält die Stiftung still.

Wenn Slim erst bei der KPN das Sagen hat, kann er außerdem den von ihm gar nicht geschätzten Konzernchef Eelco Block absetzen. Die Möglichkeit, Manager zu tauschen, hätte er auch bei der Telekom. Der Hilfe von Ronny Pecik, der America Movil im Aufsichtsrat vertritt, kann Slim sicher sein.

Preiskampf untergräbt Margen

Der Zeitpunkt für Übernahmen in Europas Telekomsektor könnte nicht besser sein. Die Aktienkurse sind sehr niedrig. Nach dem Handyboom mit zweistelligen Wachstumsraten sind die Märkte gesättigt. Die Konzerne liefern sich jedoch weiter Preisschlachten und untergraben so ihre Margen. Außerdem drücken die Vorgaben der EU-Wettbewerbshüter zum Roaming die Erträge. Nicht zuletzt kosten Frequenzen und der Ausbau der nächsten Handygeneration sowie der Glasfaser-Breitbandnetze Milliarden. Den Konzernen bleibt daher nichts anders übrig, als Big Spender an Bord zu holen oder zu fusionieren.

Bisher hat man bei der Telekom Austria wenig vom „Slim-Effekt“ gespürt, sieht man vom jüngsten Kurssprung von mehr als neun Prozent ab. Wie der Konzern auf Slims Pläne reagiert, wird schon heute, Montag, thematisiert, wenn Konzernchef Hannes Ametsreiter die Halbjahreszahlen vorlegt. Richtig spannend wird es nach dem 25.September. Da läuft die einjährige Frist ab, innerhalb der ein Kaufangebot dem ursprünglichen Einstiegspreis entsprechen muss („Die Presse“ berichtete exklusiv am 31.Mai). Danach wird es für Slim billiger.Geld hat der Unternehmer ungeachtet des KPN-Offerts aber noch genug. Gegen die KPN ist die Telekom ohnedies ein Schnäppchen: Der Marktwert beträgt 2,536 Mrd. Euro.

Auf einen Blick

Carlos Slims Übernahmeangebot für die niederländische KPN hat auch Folgen für die Telekom Austria, von der der Mexikaner 26,8Prozent besitzt. Auch hierzulande dürfte er à la longue die Mehrheit anstreben. Das würde den europäischen Konzernen die dringend benötigten Synergieeffekte bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2013)

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