"Tiefschlag": SPÖ warnt vor "12-Stunden-Arbeitstag"

"Tiefschlag": SPÖ warnt vor "12-Stunden-Arbeitstag"APA/ANDREAS PESSENLEHNER
  • Drucken

Der Vorschlag der ÖVP zur Arbeitszeit-Flexibilisierung würde eine "Lohnkürzung durch die Hintertür" bedeuten, kritisiert Kanzler Faymann. Die Volkspartei spricht von "Panikattacken" der SPÖ.

[Linz/Wien/APA/Jaz] Lohnrunden erinnern seit jeher an einen Schaukampf. So wird der Gegner schon im Vorfeld lauthals kritisiert, es wird gedroht und mit Maximalforderungen um sich geworfen. Nach einigen Verhandlungsrunden findet sich dann jedoch immer ein für beide Seiten akzeptabler Kompromiss, und alle können friedlich nach Hause gehen.

Seit einigen Jahren ist das Hauptthema der Lohnrunden nicht mehr die jährliche Lohnerhöhung, sondern die von den Arbeitgebern gewünschte Flexibilisierung der Arbeitszeit. Dies wird auch heuer so sein. Dieses Jahr dürften die Drohungen, die Kritik und die Maximalforderungen aber noch deutlich lauter und schriller ausfallen – denn dieses Jahr wurde das Thema auch von SPÖ und ÖVP für den Wahlkampf der Ende September stattfindenden Nationalratswahlen entdeckt.
So gab Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) mit Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Rainer Wimmer, dem Chef der Gewerkschaft Pro-Ge, am Freitag eine Pressekonferenz zu dem Thema. Darin kritisierten sie den jüngsten Vorstoß von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nach einer Erhöhung der erlaubten täglichen Höchstarbeitszeit von derzeit zehn auf zwölf Stunden.

„Lohnkürzung durch Hintertür“

Ein „Zwölf-Stunden-Arbeitstag“ sei wegen der entfallenden Überstundenzuschläge für die Arbeitnehmer eine „Lohnkürzung durch die Hintertür“. Er sei gegen solche „sozialen Tiefschläge“, so Faymann. Und Sozialminister Hundstorfer konstatierte (Achtung: Wahlkampf), dass für die ÖVP die 3,5 Millionen Beschäftigten in Österreich anscheinend immer uninteressanter würden. Denn laut Berechnungen der SPÖ würden sie pro Jahr eine Mrd. Euro verlieren, wenn Überstunden nicht nach den derzeitigen Regeln vergütet würden.

Die Kritik an der Kritik durch die ÖVP lies naturgemäß nicht lang auf sich warten. Eigentlich gab es sie bereits im Vorfeld: So meldete sich Mitterlehner bereits eineinhalb Stunden vor Beginn der SPÖ-Pressekonferenz per Aussendung zu Wort: Die Behauptungen der SPÖ würden zeigen, „dass die SPÖ weder Wirtschafts- noch Arbeitsplatzkompetenz hat und dafür in die Kernkompetenz Angst und Panik zurückfällt“, heißt es darin. Es gebe auch keinerlei Forderungen nach einem Zwölf-Stunden-Arbeitstag oder einer verpflichtenden Mehrarbeit, sondern die Idee eines Zeitwertkontos, „das die Möglichkeit schafft, Auftragsspitzen im Betrieb leichter abzudecken, und gleichzeitig längere Freizeitstrecken ermöglicht“.

Schon heute können bis zu 80 Überstunden – mit einem Zeitzuschlag von 25 Prozent – ein Jahr lang aufgehoben werden. 40 Stunden können in das nächste Jahr mitgenommen werden, der Rest muss als Zeitausgleich konsumiert oder mit 50 Prozent Zuschlag ausbezahlt werden. Die Arbeitgeber wünschen sich längere Durchrechnungszeiträume. Ob dieses heikle Thema im Wahlkampf ohne Emotionen diskutiert werden kann, ist jedoch mehr als fraglich.

Kritik an All-in-Verträgen

Doch nicht nur die tägliche Maximalarbeitszeit beschäftigt die Politik. So kritisierte Hundstorfer erst diese Woche sogenannte All-in-Verträge, bei denen Überstunden pauschal abgegolten werden. 20 Prozent aller Österreicher hätten bereits solche Verträge, obwohl sie ursprünglich nur für Führungskräfte vorgesehen waren. Hundstorfer will daher zumindest mehr verpflichtende Transparenz, also ein ausgewiesenes Grundgehalt und eine genaue Bezeichnung, für wie viele Überstunden das Pauschale gilt. Mit dem Wahlkampf habe dieser Vorstoß jedoch nichts zu tun, so der Sozialminister.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Heinisch-Hosek: Mehr Arbeitszeit wäre für Frauen "zynisch"
Politik

SPÖ: Höhere Arbeitszeit wäre für Frauen "zynisch"

Frauenministerin Heinisch-Hosek wirft der ÖVP vor, sie wolle "starre Rollenbilder wiederbeleben". Sie fordert erneut einen Papa-Monat auch in der Privatwirtschaft.
Symbolbild
Innenpolitik

Programm-Check: Gefangen in der Arbeitszeitdebatte

Die ÖVP will mit neuen Arbeitszeitregeln den Wirtschaftsstandort stärken, die SPÖ einen Anschlag auf die Arbeitnehmer abwehren.
Flexiblere Arbeitszeiten für ÖVP "Gebot der Stunde"
Politik

Flexiblere Arbeitszeiten für ÖVP "Gebot der Stunde"

VP-Chef Spindelegger will sich nicht auf eine tägliche Maximalarbeitszeit festlegen. Solche Vorschriften würden an einer modernen Arbeitswelt vorbeigehen.
12-Stunden-Arbeitstag bleibt Zankapfel (Archivbild: Innenministerin und ÖAAB-Obfrau Johanna Mikl-Leitner)
Home

12-Stunden-Arbeitstag bleibt Zankapfel

ÖAAB-Chefin Mikl-Leitner sagt, dass die ÖVP flexiblere Arbeitszeiten und keinen generellen 12-Stunden-Tag will. Sie SPÖ sieht einen „Zick-Zack-Kurs".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.