Morgenglosse

Die Feinde am Golf und die neue Weltordnung

Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian zu Gast in Saudiarabien.
Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian zu Gast in Saudiarabien. APA / AFP / Handout Iranian Foreign Ministry
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Saudiarabien geht auf den Erzrivalen Iran zu – und verhandelt zugleich über Versöhnung mit Israel. Das alte System gerät in Bewegung. Und dabei spielen China, Putin und aufstrebende Regionalmächte ihre ganz eigene Rolle.

Viel deutlicher hätte der Aufruf zu militärischer Gewalt nicht ausfallen können: „Hackt der Schlange endlich den Kopf ab“, soll bereits 2008 der mittlerweile verstorbene saudische König Abdullah in Washington gefordert haben. Die „Schlange“, die ist aus Sicht der saudischen Herrscher das Regime des Erzrivalen Iran. Es gab sogar Phasen, da drängte das Königreich am Golf noch massiver auf einen US-Angriff auf den Iran, als sogar Israel das tat.

So wie in Israel fürchtet man auch in Saudiarabien, dass die Führung in Teheran an Atomwaffen gelangen könnte. Und das vor dem Hintergrund eines strategischen Machtkampfes, den die Rivalen am Golf seit vielen Jahren erbittert gegeneinander führen. Der Konflikt zog eine Blutspur durch die ganze Region – von Syrien bis in den Jemen, wo ein saudisch-iranischer Stellvertreterkrieg zu einer der schlimmsten humanitären Katastrophen des Jahrzehnts führte.

USA und Europäer sind nur Zaungäste

Doch jetzt stehen die Zeichen – zumindest vorerst – auf Entspannung. Zum ersten Mal seit vielen Jahren besuchte ein iranischer Außenminister Saudiarabien. Und bereits im Juni war der saudische Außenminister zu Gast in Teheran. Beide Länder haben einen Prozess gestartet, um ihre Beziehungen zu normalisieren. Dass der Vermittler bei diesem Tauwetter China ist, zeigt, wie neue selbstbewusste Player in der internationalen diplomatischen Arena um ihren Platz kämpfen. Die USA und die Europäer waren hier nur Zaungäste.

Es ist eine Art von neuer Weltordnung, die sich hier abzuzeichnen beginnt. Darin bleiben zwar alte, wichtige Allianzen im Kern bestehen. Doch aufstrebende Regionalmächtige wie etwa die Türkei und nun auch Saudiarabien unter ihrem ehrgeizigen Kronprinzen Mohammed bin Salman wollen sich mehrere Optionen offen lassen. Bin Salman bleibt ein Verbündeter der USA, will aber zugleich ein gutes Einvernehmen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin. Er geht nun auf den Iran zu – und verhandelt zugleich über eine offizielle Aussöhnung mit Israel. Und für ein mögliches Abkommen mit Israel verlangt er als Gegenleistung noch stärkere Sicherheitsgarantien der USA – für den Fall, dass es doch noch irgendwann zum Krieg mit dem Iran kommen sollte. Wer Partner oder Rivale, Freund oder Feind, ist, kann sich in dieser neuen Ordnung wieder sehr rasch drehen.

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