Interview

Rapperin Verifiziert: „Nur weil ich eine Frau bin, bin ich keine Frauen-Botschafterin“

Mit dem Erfolg kam der Sexismus: Die Wiener Deutschrapperin „Verifiziert“.
Mit dem Erfolg kam der Sexismus: Die Wiener Deutschrapperin „Verifiziert“.Clemens Fabry
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80 Prozent des Programms am Frequency ist männlich besetzt. Eine der wenigen eingeladenen Frauen ist die Rapperin Verifiziert.

Lange Zeit waren die typischen Inhalte im Deutschrap sexistisch geprägt. Misogynie und Drogenverherrlichung finden hier nach wie vor ein großes Publikum. In diesem Biotop hat sich mittlerweile aber eine Blase gebildet: Immer mehr junge Rapperinnen und Rapper thematisieren gesellschaftliche Missstände, Feminismus und psychische Krankheiten. In der Branche bewegt sich also durchaus etwas. Leicht haben es Frauen trotzdem nicht, sich in der Deutschrap-Szene durchzusetzen.

Die Wiener Musikerin Verena, bekannt als Verifiziert, ist eine der wenigen, die es geschafft hat. In ihren Text romantisiert sie gerne Alltagssituationen, musikalisch grenzt sie sich vom Mainstream ab. Bisher produzierte sie ihre Songs mit Freunden. Erst seitdem sie eine breitere Bekanntheit erreicht hat, wurde sie mit Sexismus in der Musikbranche konfrontiert, erzählt sie.

Beispiele fallen ihr dazu genügend ein. „Man muss als Frau viel mehr aufpassen, was man macht“, erzählt sie. „Eine Sache, die mich zum Beispiel sehr aufregt, ist, dass mir vorgeworfen wurde, mein Album nur mit Männern geschrieben und produziert zu haben. Meine Antwort war nur, ob sie das schon mal einen Mann gefragt haben! Schließlich arbeitet ein Großteil der männlichen Künstler nur mit Männern. Und da ist es einfach nie Thema. Kein Mann muss sich dafür rechtfertigen. Frauen anscheinend aber schon.“

McDonalds und die „woke“ Rapperin

Andere Rapperinnen werden wegen ihre Kollaborationspartner kritisiert, sagt Verifiziert. Zum Beispiel Shirin David mit McDonalds – eine „woke“ Rapperin passe nicht zu einer Fastfood-Kette, die für kapitalistische Ausbeutung bekannt sei, heißt es da etwa. Die Zusammenarbeit von Rapper Raf Camora mit demselben Konzern werde dagegen regelreicht gefeiert.

Verifiziert stört noch anderes: Wie man als weibliche Rapperin auf Festivals behandelt werde, von abschätzigen Kommentaren bis hin zu übergriffigen Fotografen – das sei fernab der Lebensrealität der männlichen Kollegen. Und der Grund, weshalb viele ihrer Kolleginnen über Empowerment und Feminismus schreiben. Nicht so Verifiziert: „Nur weil ich eine Frau bin, muss ich keine Frauen-Botschafterin sein“. Ermächtigend wirke sie schon allein mit ihrer Existenz in der männlich dominierten Branche. Das Schönste für sie sei zu sehen, wie sich viele Mädchen und Frauen dadurch inspirieren lassen, selber Musik zu machen.

Darum geht es Verifiziert vor allem: Freude zu haben beim Musikmachen. Und dabei noch die Themen anzusprechen, die ihr am Herzen liegen. Bei der jungen Generation kommt das gut an. Am Samstag ist sie am Frequency Festival mit ihrer neuen Single Stadtlabyrinth zu sehen. „Ich lade auch drei Freundinnen ein, die Songs spielen. Damit will ich zeigen, dass es mehr Musikerinnen gibt, als die wenigen, die auf dem Line-Up stehen.“ Denn Frauen sind auf Festivalbühnen noch immer unterrepräsentiert: Rund 80 Prozent des heurigen Frequency-Programms wurde mit Männern besetzt.

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