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Polizei im Geburtshaus: Ist das „genau das, was Hitler wollte“?

Das Hitler-Geburtshaus in Braunau.
Das Hitler-Geburtshaus in Braunau. APA / Barbara Gindl
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Ein Dokumentarfilm über Adolf Hitlers Geburtshaus bringt seinen Wunsch ans Licht: Eine administrative Nutzung des Hauses. Filmemacher Günter Schwaiger kritisiert die Unterbringung der Polizei dort scharf.

Lange ist die Liste an Vorschlägen und Plänen dazu, was man mit dem Geburtshaus von Adolf Hitler in Braunau anfangen soll. Besonders seit 2011 die Lebenshilfe aus dem nicht behindertengerechten Bau ausziehen musste, wurde heftig debattiert. Die Lösung, die dieses Wort wohl nicht verdient, präsentierte das Innenministerium vor mehr als drei Jahren: Eine „Neutralisierung“ des großen Hauses, an dem die gelbe Farbe mehr und mehr abblättert. Ein Umbau soll das Gebäude als Polizeistation nutzbar machen (dazu kommt ein wohl kleiner Schulungsbereich für Menschenrechte). Eine Umsetzung wurde aber immer wieder verschoben.

Viel Kritik gab es daran, und die wird nun neu entfacht. Durch den Dokumentarfilm „Wer hat Angst vor Braunau?“, der am 1. September in den Kinos starten wird. Regisseur Günter Schwaiger machte nämlich in den Braunauer Archiven eine Entdeckung in Form eines kleinen Zeitungsartikels: Die „Neue Warte“ berichtete 1939, dass „der Führer“ sein Geburtshaus der Kreisleitung Braunau zur Verfügung gestellt habe und es sein „Wunsch“ sei, es für Kanzleien derselben umzubauen. Das präsentierte Schwaiger am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. 

Hitlers Wunsch wird umgesetzt

Hitler wollte also, dass das Haus administrativ genutzt wird. Und tatsächlich ist der Zeitungsschnipsel das einzige nun bekannte Dokument, in dem Hitlers Wille über den Umgang mit seinem Geburtshaus dezidiert zu Papier gebracht wurde. Dieser Wunsch werde nun umgesetzt, indem die Polizei einziehen soll, argumentiert Schwaiger. Und kritisiert scharf: „Da muss ich leider sagen: Das ist genau das, was Hitler wollte.“

Dass das Innenministerium, das 2019 die Entscheidung traf, von Hitlers Wunsch nichts wusste oder wissen wollte, ist für Schwaiger kein Ruhmesblatt: „Wie kann es sein, dass man sich nie gefragt hat, was Hitler mit dem Haus wollte, was die Nazis mit dem Haus wollten?“ Da habe man wohl den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen. Nun sei ein Umdenken dringend nötig, meint der Regisseur, der den Film als seinen „persönlichsten und emotionalsten“ bezeichnet. Man könne Fehler machen, müsse sich diese aber auch eingestehen.

Ist dieser Schluss zulässig? Lassen sich die regionale Leitung der NSDAP und die örtliche Polizeistelle auf dieser Basis vergleichen? Und kann man tatsächlich von einem Wunsch Adolf Hitlers ausgehen, wenn in einer Zeitung davon gesprochen wird? Der Historiker Oliver Rathkolb, der Mitglied der Expertenkommission zum Geburtshaus war, nennt die Sache absurd. Und spricht vom „Aufbauschen einer Zeitungsmeldung“, von der man schließlich nicht wüsste, ob sie wirklich Hitlers Wunsch entsprach.

Verschlossene Tür ist symptomatisch

Was wiederum den Braunauer Historiker Florian Kotanko, der sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte des Hauses beschäftigt und auch im Film auftritt, zum Schmunzeln brachte. Wie groß sei die Wahrscheinlichkeit, dass 1939 eine Zeitung ihre Fantasie spielen ließ, wenn es um die Wünsche Adolf Hitlers ging? Man könne jedenfalls eine Ironie der Geschichte darin sehen, dass nun die Polizei einziehe. Wie geht es nun weiter mit diesem Haus, das seit vielen Jahren einfach nur verschlossen ist? Der Film rückt es wieder in den Mittelpunkt; er sieht die versperrte Tür, die auch für die Kameras nur nach intensiver Debatte geöffnet wurde, als symptomatisch. Für einen Umgangs mit der Geschichte, der sich dem Diskurs verschließt.

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