Mein Freitag

In der Reisetasche liegt eine tote Spinne

Der beste Kaffee ist der erste an der italienischen Raststätte. Hier fängt der Urlaub an.

Vielleicht liegt es an der Einsamkeit des Kanaltals, vielleicht an den vielen Tunneln, die einem einiges an Konzentration abringen, jedenfalls ähnelt das Erreichen der ersten Tankstelle nach der italienischen Grenze dem Besuch eines Volksfests. Es geht offensichtlich auch vielen anderen so. Diese Raststätte hat eine lange Tradition. Sie ist ein Schlaraffenland, mit mehreren Kilo schweren Schleckern für Kinder, zwischen Matchbox-Autos, Flummis und Wasserpistolen. Für die Älteren gibt es Prosecco im Magnumformat, Prosciutto und Parmesan in Ziegeln, alles überbordend, unmäßig, großartig. Nur der Espresso ist klein. Und der beste im ganzen Urlaub.

Den Griechen freut es, wenn ihm ein „Efkaristo“ entgegengestammelt wird. In Italien sorgen die Versuche, die Landessprache zu verwenden, ähnlich wie in Frankreich maximal für ein müdes Lächeln. Wohl schon zu oft „questo“ und hilfloses Herumgefuchtel ertragen. Und zu oft erklärt, dass man zuerst an der Kassa bezahlen muss, bevor man drangenommen wird. Auch die Vermieterin reagiert später auf die eingestreuten italienischen Vokabel recht knapp. Olga ist aus Russland und spricht lieber Englisch. Der Urlaub ist Balsam für die Seele, aber definitiv kein Sprachkurs.

Zurück daheim hat man den italienischen Schlager noch im Ohr, den man dort nie gehört hat. Die Straßen sind leer und jene, die sie benützen, brüllen einander mit hochroten Köpfen nieder. Die Reizschwelle liegt niedrig, wenn es so heiß ist und man aus seiner Haut nicht rauskann. Irgendwer wird schon etwas dafür können.

Aus dem Buch rieselt Sand, und in der Reisetasche liegt eine tote Spinne. Lieber hätte man ein paar Steine mitgebracht, aber die Ermahnung, es zu lassen, war zu laut. Die Herbstmode in den Geschäften will wieder Beige einmahnen. Diesmal nicht.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

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