Wort der Woche

Klimafreundlicherer LKW-Verkehr

Die Dekarbonisierung des Gütertransportes ist eine große Herausforderung. Neue, auch ungewöhnliche Ideen für einen klimafreundlicheren LKW-Verkehr sind gefragt. 

Der Straßenverkehr ist mit 28 Prozent der CO2-Emissionen unverändert das große Sorgenkind der Klimapolitik: Das Verkehrsaufkommen ist längst wieder auf Vor-Corona-Niveau; ein leichter Rückgang des Treibstoffabsatzes 2022 ist laut Umweltbundesamt v. a. auf den gesunkenen Tanktourismus infolge höherer Dieselpreise zurückzuführen. Während sich indes bei PKW durch die Elektromobilität ein Weg zu einer klimafreundlicheren Mobilität auftut, sind emissionsarme LKW noch Zukunftsmusik. Und da wirklich wirksame Maßnahmen – kürzere Transportwege, Verlagerung auf die Schiene – langfristige Strukturänderungen erfordern, sind auch ungewöhnliche Ideen gefragt.

Viel diskutiert wird derzeit z. B. „LKW-Platooning“ (engl. für „Trupp“). Dabei bilden LKW Konvois mit geringem Abstand und koordinieren per WLAN ihre Geschwindigkeit; in Europa ist dies – noch – nicht erlaubt. Durch die Verminderung des Luftwiderstandes im Windschatten anderer LKW sinkt der Spritverbrauch um zehn Prozent und mehr. Die Sache hat aber laut Forschenden um Huailei Cheng (Hong Kong Polytechnic University) einen Haken: Ein LKW-Platoon belastet die Straße viel stärker als einzeln fahrende Fahrzeuge – weil der Asphalt sich nach der Überfahrt eines LKW nicht wieder erholen und kleinere Risse dank seiner Zähflüssigkeit verschließen kann. Daher muss die Fahrbahndecke häufiger saniert werden, die Bauarbeiten machen zumindest die Hälfte der CO2-Einsparung wieder zunichte (Nature Communications, 15. 8.). Und: Die Kosten, die Transporteure sparen, werden den Straßenerhaltern umgehängt.

Mit einem anderen ungewöhnlichen Vorschlag namens „Perpetual motion electric truck“ lässt nun eine Forschendengruppe um Julian David Hunt (IIASA Laxenburg) aufhorchen. Dahinter steckt die Idee, dass bergab fahrende LKW die Bremsenergie in elektrischen Strom umwandeln und in Batterien speichern – das beherrscht jedes Elektroauto. Die Energie könnte am Zielort ins Netz eingespeist oder, mit künftigen E-LKW, für eine Bergfahrt ohne Beladung genutzt werden. Die Forschenden haben berechnet, dass sich das energetisch ausgeht, wenn die Last (bei fünf Prozent Steigung und 60 km/h) zumindest 1,32 Mal schwerer ist als der leere LKW (Journal of Energy Storage, 14. 8.). Ein solches (teilweises) perpetuum mobile ließe sich überall dort realisieren, wo Güter in größeren Höhenlagen produziert und ins Tal transportiert werden – z. B. im Bergbau oder in der Forstwirtschaft.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com
www.diepresse.com/wortderwoche

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.