Wagner

Tenor Stephen Gould beendet seine Karriere

Stephen Gould beim Dresdner Opernball in St. Petersburg am 31. August 2019
Stephen Gould beim Dresdner Opernball in St. Petersburg am 31. August 2019 VISTAPRESS / Lana Yassi via www.imago-images.de
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Stephen Gould war der „Held vom Dienst“ in allen heiklen Tenorfragen, die Richard Wager und Richard Strauss gestellt haben. Nun zieht er sich zurück.

„Ich werde mich erst einmal voll und ganz auf meine Gesundheit konzentrieren und danach meinen zweiten Traum erfüllen: Ich möchte junge talentierte Sänger in Meisterklassen unterrichten“, so kommentiert der US-amerikanische Tenor Stephen Gould seine Zukunftspläne. Auf den internationalen Opernbühnen, wo er seit vielen Jahren erste Wahl für das schwere Fach des Heldentenors war, möchte er nicht mehr erscheinen. Am Freitag hat Goulds Agentur den Abschied des Sängers verkündet. Zuletzt hatte er bereits seine Auftritte bei den Bayreuther Festspielen – verhältnismäßig kurzfristig – aus gesundheitlichen Gründen abgesagt.

Nicht nur in Bayreuth war Gould über lange Jahre unverzichtbar. Er galt als „Iron Man“ im Heldenfach, bei den Wagner-Festspiele ebenso wie in den großen Opernhäusern der Welt. In. Bayreuth war er in allen wichtigen Heldenpartien zu erleben, vom Tannhäuser bis zum Parsifal, um in Wagners Chronologie zu bleiben. Als Tristan oder in den beiden Siegfried-Rollen im „Ring des Nibelungen“ war er für die Intendanten weltweit stets erste, eine Zeitlang wohl die einzige qualitativ wirklich höchstwertige Wahl.

„Ich blicke voller Dankbarkeit auf meine rund dreißigjährige Karriere und die Begegnung und Zusammenarbeit mit vielen herausragenden künstlerischen Persönlichkeiten in wichtigen Opernproduktionen und Konzertprojekten rund um den Globus zurück, und der Abschied fällt mir außerordentlich schwer“, lässt Gould seinen Verehrern via Agentur ausrichten.

Beginn als „Phantom der Oper“

Gould kam 1962 und in Roanoke, Virginia, zur Welt. Als er in Bayreuth debütierte, war er 42 und am Beginn einer Karriere, die allen, Intendanten, Kollegen und dem Publikum den Atem raubte. Allen, nur nicht ihm selbst. Die Luft ist Gould nämlich auch angesichts der ärgsten Strapazen seines wahrhaft strapaziösen Fachs nie ausgegangen. Die Lungen gestählt hat er übrigens keineswegs, wie andere Kollegen, mit einem wohl definierten vokalen Crescendo von Mozart über Verdi und Puccini bis Wagner und Strauss. Vielmehr übte er Geduld und Ausdauer bei Andrew Lloyd Webbers Ausflug ins Opernhaus: Gould sang über Jahre Tag für Tag das „Phantom der Oper“ – sonntags auch zweimal, wenn der Broadway-Spielplan das diktierte.

Dieses „Phantom“ arbeitete sich dann aus dem Verließ in die reale Opernwelt hoch: Seinen ersten Ton als „ernster“ Tenor gab Gould in einer Aufführung von Beethovens „Fidelio“ von sich. „Gott, welch Dunkel hier“, hatte er da zu singen. Von da an führte der Weg ans Licht, bis hin zu den strahlenden C-Dur-Klängen im Finale des „Siegfried“, das die meisten Tenöre nur mit Mühe überstehen, weil sie nach drei Stunden sängerischer Schwerarbeit plötzlich einer völlig ausgeruhten Sopran-Kollegin gegenüberstehen. Stephen Gould war in der jüngeren Vergangenheit der einzige Tenor, der auch diese Herausforderung ohne hörbare Anstrengung überstand. Auch in Wien, wo man ihn zum „Österreichischen Kammersänger“ ernannte, eine der vielen Ehrungen, die dem Künstler zuteilgeworden sind. (APA/sin)

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