Zinsen

WU-Experte: Kreditnehmer mit variablem Zinssatz kennen das Risiko

In Österreich sind knapp die Hälfte der Kredite für Immobilien variabel verzinst. 
In Österreich sind knapp die Hälfte der Kredite für Immobilien variabel verzinst. IMAGO/Daniel Scharinger
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Leute, die einen variablen Kredit abschließen, seien in der Regel gut informiert und wollen „ganz bewusst das Risiko eingehen“, sagt WU-Bankenexperte Stefan Pichler. Mangelhafte Bankberatung bei der Kreditaufnahme sieht er nicht.

In Österreich sind knapp die Hälfte der Kredite für Immobilien variabel verzinst. Wegen der Inflation hat der Zinsdruck für viele Kreditnehmer zugenommen. Auch politisch ist das Thema Zinsen in den vergangenen Wochen hochgekocht, Banken haben Hilfe für in Not geratene Kreditnehmer zugesagt. Für WU-Bankenexperte Stefan Pichler ist die Thematik aber eher ein volkswirtschaftlicher Nebenschauplatz.

„Die Leute, die einen variablen Kredit abschließen, sind in der Regel gut informiert und wollen ganz bewusst das Risiko eingehen“, sagte Pichler im „Ö1-Morgenjournal“ am Dienstag. Meist würden Menschen mit hohem Einkommen und hoher Bildung Kredite mit variablem Zinssatz abschließen. Der Großteil könne sich das Risiko auch leisten. Es gebe sicher Einzelfälle, die durch die Inflation in Schwierigkeiten geraten sind mit den Zinszahlungen, volkswirtschaftlich betrachtet sei das aber ein „Nicht-Thema“. Mängel bei der Bankberatung bei der Kreditaufnahme sieht Pichler nicht.

Wifo-Chef Felbermayr sieht in Debatte „Themenverfehlung“

Auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hatte am Montag im „Ö1-Mittagsjournal“ rund um die Debatte um variable Wohnkredite von einer „Themenverfehlung“ gesprochen. Die Menschen, die einen Wohnkredit aufnehmen weil sie sich eine Eigentumswohnung oder ein Haus leisten können, stammten „aus der Mitte der Gesellschaft“ und würden über Sicherheiten verfügen. „Das sind nicht die Ärmsten.“ Wichtiger wäre es aus Felbermayrs Sicht, die Zinsen für die Ärmsten im Land abzufedern, die hohe Schulden und keine Sicherheiten haben. „Dort steigen die Zinsen auch massiv.“

Für Kredite mit variablen Zinssätzen könne man außerdem bei den meisten Banken einen Zinsdeckel vereinbaren, sagte Pichler weiter. Das sei zwar etwas teurer, aber es gebe das Produkt und werde laut Pichler auch durchaus nachgefragt. Auch Kredite mit reinem Fixzinssatz seien in der Regel etwas teurer, aber „bei weitem nicht so viel, dass sie so unattraktiv wären, dass man keinen abschließt.“ Aktuell seien Fixzinskredite „gleich teuer, wenn nicht sogar billiger als variable Kredite“, sagte der WU-Experte. Generell komme das aktuelle Zinsniveau eher einer Normalisierung gleich. Eine Hochzinsphase sieht der Bankenkenner nicht.

Pichler: Holzmanns Vorschlag geht „in Richtung Überregulierung“

Den Vorschlag von OeNB-Chef Holzmann, Wohnkredite für die ersten fünf bis zehn Jahre der Laufzeit immer mit einem fixen Zinssatz zu vergeben, sieht Pichler zurückhaltend. Eine Verpflichtung dazu ginge „in Richtung Überregulierung“ so der Bankenexperte. Hinter dem Vorschlag stehe aber eine gute Idee. Denn Rückzahlungsschwierigkeiten bei Krediten würden sich nach drei bis vier Jahren nach dem Abschluss häufen und ein fixer Zinssatz zu Beginn eines Kredits würde dieses Risiko etwas rausnehmen.

In Österreich sind derzeit 42 Prozent der Wohnkredite variabel verzinst. 52 Prozent sind gemischt verzinst, also mit fixem und variablem Zinssatz. Nur sechs Prozent sind rein fix verzinst, geht aus Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) hervor. (APA)

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