Tage der Transformation

Ein Festival für Menschen, die sich engagieren

Intendant Jakob Brossmann richtet sich an „Menschen, die sich engagieren“.
Intendant Jakob Brossmann richtet sich an „Menschen, die sich engagieren“.Jana Madzigon
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Jakob Brossmann leitet die Tage der Transformation. Das Festival in Melk will der Zivilgesellschaft helfen, „unwahrscheinliche Allianzen“ zu bilden.

Da ist Axel Schmidt, der beim Naturschutzbund Moor-Renaturierungen durchführt. Erich Lux, ein Baumeister, der irgendwann befunden hat, dass die Arbeit seines Unternehmens auch gut für seine Mitarbeiter, die Umwelt und die Region sein sollte und sich seither mit Gemeinwohlökonomie beschäftigt. Edith Siebenstich von jenem Verein, der aus dem zufällig zusammengewürfelten Klimarat entstanden ist.

Oder Wolfgang Bernhuber. „Ein freundlicher Herr“, sagt Jakob Brossmann, „der sein Wissen anderen Menschen zu Verfügung stellt und schon 400 Solarprojekte begleitet hat“. Die vier Menschen zählen zu den heurigen „Protagonisten des Wandels“, die das Festival Tage der Transformation gerade in den Mittelpunkt rückt. „Es sind Menschen, die in der Zivilgesellschaft große Dinge bewegen“, sagt Intendant Jakob Brossmann. „In der Zivilgesellschaft fehlt oft die Anerkennung dafür, wie dieses Engagement unsere Gesellschaft voran bringt, aber auch am Laufen hält. Es sind hunderttausende, die sich ehrenamtlich engagieren, von der Bewahrung der Umwelt bis zur Erkämpfung von Minderheitenrechten.“

Auch der Verein Globart selbst zählt mit seinen rund 80 Mitgliedern so gesehen zur Zivilgesellschaft. 1997 vom Musiker Bijan Khadem-Missagh als „Denkwerkstatt für Zukunftsthemen“ gegründet, wurde er zuletzt 21 Jahre von Heidemarie Dobner geleitet. Im Vorjahr übernahm Brossmann von ihr die Intendanz. Er selbst hat an dem Format 2016 zum ersten Mal teilgenommen, als er mit seinem vielfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Lampedusa im Winter“ eingeladen war.

Wie man am besten anfängt

Zuvor, noch bevor klar war, dass es mit ihm und dem Dokumentarfilm etwas werden könnte, hatte er im Puppentheater gearbeitet. Sein Vater hat eine der ersten freien Kompanien gegründet, Brossmann arbeitete früh mit. Bis heute baut er die Bühnenbilder für Nikolaus Habjan, gemeinsam bringen sie im Dezember  „Wo die wilden Kerle wohnen“ ins Museumsquartier.

Es war vor allem sein Film über die Flüchtlingsinsel Lampedusa, der seine Neugier auf jene Zivilgesellschaft geweckt habe, erzählt er, die er nun bei den Tagen der Transformation ins Zentrum rückt. Dabei werden die Protagonistinnen, heuer von Filmemacher Christoph Schwarz, auch künstlerisch porträtiert. „Das gibt uns die Möglichkeit, ihre Geschichten noch einmal ganz anders zu erzählen und das Publikum zu berühren“, sagt Brossmann. In Workshops kann man die Protagonisten dann auch näher kennen lernen.

Titel des heurigen Festivals: „Anfängerinnen“. „Weil wir die letzten einer Generation sind, die unsere bisherige Lebensform unbeschwert gelebt hat, und gleichzeitig die ersten, die eine neue Lebensweise entwickeln müssen.“ Passend dazu hat Stephanie Jaksch, die nach einer Karriere als Verlagschefin gerade neu anfängt, die Festschrift geschrieben. Dazu gibt es Vorträge von den Philosophinnen Svenja Flaßpöhler, der Chefredakteurin des deutschen Philosophie Magazins, und Eva von Redecker, die gerade ein „richtungsweisendes“ Buch zum Thema Freiheit in Zeiten der ökologischen Krise vorgelegt habe, „das voller positiver Visionen ist“. Künstler Edgar Honetschläger zeigt eine Ausstellung im Pavillon des Stiftsparks, Pianistin und Komponistin Verena Zeiner begleitet die Tage musikalisch. Und Ilija Trojanow kommt: Für die Weltpremiere seines utopischen Romans „Tausend und ein Morgen“.

All das klinge vielleicht etwas kleinteilig, sagt Brossman, „aber letzten Endes ist es das Ziel, dass die Menschen kommen und gestärkt mit Mut wieder nach Hause gehen.“ Denn gefordert seien alle. Allein schon in der ökologischen Krise, „aber das ist nicht der einzige Bereich, wo wir als Gesellschaft vor großen Herausforderungen stehen. Zu sehen, was für großartige Dinge schon passieren, dass man nicht alleine ist in den Mühen der Ebene, das ist sehr wichtig im Moment.“

Und es seien gerade Kultur- und Diskursräume, die dazu beitragen könnten, „dass auch unwahrscheinliche Allianzen entstehen.“ Für seinen Kinofilm „Gehört, gesehen“ über den Radiosender Ö1 habe er sich viel mit Medien beschäftigt. „Da wird einem klar, wie weit fortgeschritten die Blasenbildung ist, aber auch, welches Potenzial die Begegnung hat.“ Sein erstes Projekt als Globart-Intendant im Vorjahr war ein Theaterstück im AKW Zwentendorf, von dessen Verhinderung Zeitzeugen erzählten. „Dabei hat man deutlich erlebt, welche Macht die Zivilgesellschaft hat. Und wie wichtig solche Allianzen sind, über die Grenzen der eigenen Weltanschauung hinaus.“

Auf einen Blick

Jakob Brossmann ist Bühnenbildner (u. a. für Nikolaus Habjan), Filmemacher und Intendant der Tage der Transformation. Von 31. 8 bis 2. 9. in Stift Melk. Thema: Anfängerinnen. Ein Festivalpass kostet 210 Euro (Essen an der gemeinsamen Tafel inklusive, für zivilgesellschaftlich Engagierte gibt es Rabatt). Auch einzelne (Halb-)Tage sind buchbar, ebenso die Buchpremiere von Ilija Trojanow (Freitag, 20 Uhr). www.globart.at

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