Urteil

Vater in Tirol getötet: 39-Jähriger in Anstalt eingewiesen

Einem 39-Jähriger wird vorgeworfen, im September 2022 seinen Vater mit einem Kampfmesser und mindestens 37 Stich- und Schnittverletzungen getötet zu haben.
Einem 39-Jähriger wird vorgeworfen, im September 2022 seinen Vater mit einem Kampfmesser und mindestens 37 Stich- und Schnittverletzungen getötet zu haben. APA / Alexandra Kreuzer
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Der Mann stand wegen Mordes vor Gericht. Der Gerichtspsychiaterin zufolge leidet er an Schizophrenie. Die Geschworenen befanden ihn deshalb mehrheitlich als unzurechnungsfähig. Die Staatsanwaltschaft sah das anders.

Ein 39-Jähriger hat sich am Dienstag am Innsbrucker Landesgericht wegen Mordes verantworten müssen. Er wurde rechtskräftig in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Die Geschworenen stellten einstimmig fest, dass der Mann im September 2022 seinen 63-jährigen Vater mit einem Kampfmesser getötet hatte. Sie folgten aber mehrheitlich den Ausführungen der Gerichtspsychiaterin, wonach der 39-Jährige unzurechnungsfähig war.

Über die Zurechnungsfähigkeit hatte im Gericht zuvor Uneinigkeit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung geherrscht, nachdem es dazu verschiedene Gutachten gab. Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner stellte die Zurechnungsfähigkeit jedoch eindeutig in Abrede. Sechs der acht Geschworenen waren ihrer Meinung.

„Gewaltfantasie, die mich benutzt hat“

„Nicht ich bin der Mörder, sondern die Gewaltfantasie, die mich benutzt hat“, beteuerte der 39-Jährige vor dem Geschworenengericht. Er ist aktuell im Landeskrankenhaus Hall untergebracht. Der Angeklagte beschrieb, dass er in der Vergangenheit schon öfter gegen Gewaltfantasien gekämpft habe. An jenem schicksalhaften Tag habe er das Gefühl gehabt, dass er die Fantasie kontrollieren könne. Daher sei er zu seinem Vater gefahren, als dieser ihn angerufen habe.

Nachdem sie gemeinsam einkaufen gewesen waren, habe ihm die Gewaltfantasie sein Vorgehen diktiert. „Kurz bevor es passiert ist, habe ich überhaupt nichts mehr gespürt“, sagte der 39-Jährige, der bereits mehrfach aufgrund seiner psychischen Erkrankung stationär behandelt worden war. Der Mann beschrieb, dass er sich nach der mutmaßlichen Tat geduscht und frisch angezogen habe - die Kleidung habe er selbst mitgenommen, weil er eigentlich zum Schutz seines Vaters in eine andere Stadt fahren wollte. Im Anschluss sei er in den Wald gegangen und wollte dort leben. Nach einer Nacht habe er aber gemerkt, dass er es dort nicht schaffe. Nach einem Suizidversuch habe er die Polizei verständigt und gesagt, dass er jemanden umgebracht habe.

„‘No na ned‘ war es ein Mord“

Der Verteidiger des 39-Jährigen hatte keinen Zweifel, dass sein Mandant nicht zurechnungsfähig war. „Er hat keinen Mord begangen“, sagte er und meinte, dass eigentlich die Voraussetzungen vorliegen würden, dass die Staatsanwaltschaft die Mordanklage zurückzieht. Er zitierte verschiedene Gutachten, die ihm Zurechnungsunfähigkeit attestieren.

Der Staatsanwalt wiederum sagte in seinem Eröffnungsplädoyer: „‘No na ned‘ war es ein Mord“. Der Angeklagte habe drei Messer dabei gehabt, wovon eines - mit 17 Zentimeter Klingenlänge - laut DNA-Abgleich für die Tat verwendet worden war. Für den öffentlichen Ankläger war klar, dass der 39-Jährige in der Lage war, „Unrecht zu erkennen und danach zu handeln.“ Daher wurde auch kein Unterbringungsantrag gestellt.

„Schizophrenie ist eine Naturgewalt“

Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner attestierte dem Angeklagten eine sogenannte „Einfache Schizophrenie“, die mit einem „völligen Versagen“ und dem „Versanden der Persönlichkeit“ einhergehe. Dies lasse sich aus der Biografie des Mannes ableiten. Kastner erklärte den Geschworenen, wie sich ein Mensch mit dieser Erkrankung fühle: „Auf einmal ist da ein Einfluss von draußen, der sein Hirn okkupiert und ihm sagt, was er tun soll. Die Schizophrenie ist eine Naturgewalt, die einen besetzt und die man sich nicht aussucht“, berichtete Kastner. Für die „Schuldunfähigkeit“ liegen „jedenfalls“ die psychiatrischen Grundlagen vor. Darüber hinaus liege seine „Gefährlichkeit zweifelsohne auf der Hand“, verdeutlichte Kastner die Schwere der psychischen Störung.

Der 63-Jährige war tot in seiner Wohnung in Innsbruck aufgefunden worden, nachdem sich Verwandte Sorgen gemacht hatten. Die Beamten waren über den Balkon in die Wohnung im Innsbrucker Stadtteil Hötting gelangt, wo sie die blutüberströmte Leiche schließlich entdeckten. Gleichzeitig kam der damals 38-Jährige in eine Innsbrucker Polizeiinspektion und gab an, jemanden getötet zu haben. (APA)

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