Filmfestspiele in Venedig eröffnen zum 70. Mal

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70 Kurzfilme von 70 Regisseuren - das ist das Motto der diesjährigen Filmfestspiele in Venedig. Die Grand Dame feiert ab kommenden Mittwoch ihr 70. Jubiläum.

"Vergangenheit und Zukunft des Kinos an einem Ort vereinen" - das möchte der neue Festivalleiter Alberto Barbera bei der heurigen Biennale in Venedig erreichen. Das 70. Jubiläum steht ins Haus, der Blick an den Anfang des ältesten Filmfestivals der Welt sowie in die nächsten Jahre soll das diesjährige Fest begleiten. Ab kommenden Mittwoch, 28. August, versammeln sich wieder Stars à la George Clooney oder Christoph Waltz für eineinhalb Wochen am Lido - Debüts einiger junger Regisseure inklusive.

Ältestes Filmfestival der Welt

Ihren Anfang sollte die Biennale am 6. August 1932 haben. Damals trafen sich Filmbegeisterte auf der Terrasse des Luxushotels Excelsior in Venedig und schauten sich ein Schwarz-Weiß-Werk an: "Dr. Jekyll und Mr. Hyde". Das mag auf den ersten Blick wenig spektakulär erscheinen, tatsächlich sollte dies der Auftakt für das mittlerweile älteste Filmfestival der Welt sein: die Internationalen Filmfestspiele von Venedig.

Nach Unterbrechungen, vor allem während des Zweiten Weltkriegs, entwickelten sich die Festspiele zu einem glamourösen Treffpunkt der Filmwelt. Doch das Gelände auf dem Lido platzt seit Jahren aus allen Nähten, sogar eine Art Zirkuszelt muss regelmäßig als Kino herhalten.

Frischer Wind am Lido

Der neue Festivalleiter Alberto Barbera, seit 2012 im Amt, bemüht sich um frischen Wind, auch im diesjährigen Programm. Auf den ersten Blick ist da zwar wenig Neues zu erkennen: Von 20 Wettbewerbsbeiträgen stammen 18 - wie so oft bei den großen Festivals - von Männern, die meisten sogar von Regisseuren jenseits der 50. Dazu gehören etablierte Regiegrößen wie Stephen Frears, Hayao Miyazaki und Terry Gilliam - allesamt 72 Jahre alt. Dennoch gibt es Debüts und mehrere jüngere Regisseure, die für so manch spannende Neuentdeckung gut sein könnten.

Goldener Löwe heiß begehrt

Einer der Jungregisseure könnte solch eine Neuentdeckung sein: der Kanadier Xavier Dolan (24), der mit "Tom a la ferme" ein Familiendrama vorlegt.

Ebenfalls ein Novum: Um den Hauptpreis, den Goldenen Löwen, konkurrieren zum ersten Mal zwei Dokumentationen. "Im modernen Kino gibt es immer mehr Überschneidungen zwischen fiktionalen Filmen und Dokumentationen", erklärte Barbera kürzlich, und diesen Trend wolle das Festival betonen. So wirft nun zum Beispiel Oscar-Preisträger Errol Morris in "The Unknown Known" einen kritischen Blick auf den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und dessen Verwicklungen in den Irakkrieg.

Insgesamt konkurrieren 20 Filme um den Hauptpreis, den Goldenen Löwen. Ein österreichischer Beitrag findet sich heuer nicht darunter.

Gilliam-Streifen: Christoph Waltz als Hacker

Internationale Filmstars haben sich auch dieses Jahr wieder zahlreich angekündigt: George Clooney und Sandra Bullock eröffnen das Festival mit "Gravity", einem im All spielenden Drama. Lindsay Lohan ist in einem US-Thriller zu sehen und Scarlett Johansson stellt das Alien-Stück "Under the Skin" vor.

Christoph Waltz und Matt Damon werden für Gilliams "The Zero Theorem" über einen Computer-Hacker erwartet, und Jungstar Zac Efron gerät in "Parkland" in das Chaos nach der Ermordung des US-Präsidenten John F. Kennedy.

Besonderes zum 70. Jubiläum

Zum Jubiläum hat sich das Festival außerdem einen besonderen Clou ausgedacht: 70 Kurzfilme von 70 Regisseuren aus der ganzen Welt werden während der diesjährigen Ausgabe gezeigt. Außerdem wurden zahlreiche Beiträge historischer Wochenschauen restauriert und sollen ebenfalls auf dem Lido zu sehen sein.

International besetzte Star-Jury

Eine internationale Jury wird beim Filmfestival Venedig die Hauptpreise des Wettbewerbs verleihen. Präsident der Jury ist der italienische Regisseur Bernardo Bertolucci: Der 73-Jährige feierte mit Werken wie dem Epos "Der letzte Kaiser" und "Der letzte Tango in Paris" mit Marlon Brando international Erfolge. Er gewann unter anderem zwei Oscars.

Neben Bertolucci gehören acht weitere Filmschaffende und Künstler zur Jury, darunter die deutsche Schauspielerin Martina Gedeck (51, "Das Leben der Anderen"), die französische Schauspielerin Virginie Ledoyen ("8 Frauen"), die britische Regisseurin Andrea Arnold ("Fish Tank") und der Chilene Pablo Larrain, der für sein Drama "No" zur Pinochet-Diktatur in diesem Jahr für einen Oscar nominiert war.

Mit von der Partie ist auch Carrie Fisher, bekannt durch ihre Rolle der Prinzessin Leia aus der ersten "Star Wars"-Trilogie, der japanische Komponist Ryuichi Sakamoto ("Merry Christmas, Mr. Lawrence"), der chinesische Schauspieler und Regisseur Jiang Wen ("Devils on the Doorstep") und der franko-schweizer Kameramann Renato Berta.

Die 20 nominierten Filme im Wettbewerb:

FILM REGISSEUR
Es-Stouh (The Rooftops) Merzak Allouache (Algerien, Frankreich)
L'intrepido Gianni Amelio (Italien)
Miss Violence Alexandros Avranas (Griechenland)
Tracks John Curran (Australien)
Via Castellana Bandiera Emma Dante (Italien, Schweiz, Frankreich)
Tom a la ferme Xavier Dolan (Kanada, Frankreich)
Child of God James Franco (USA)
Philomena Stephen Frears (Großbritannien)
La jalousie Philippe Garrel (Frankreich)
The Zero Theorem Terry Gilliam (Großbritannien, USA)
Ana Arabia Amos Gitai (Israel, Frankreich)
Under the Skin Jonathan Glazer (Großbritannien, USA)
Joe David Gordon Green (USA)
Die Frau des Polizisten Philip Gröning (Deutschland)
Parkland Peter Landesman (USA)
Kaze tachinu (The Wind Rises) Hayao Miyazaki (Japan)
The Unknown Known Errol Morris (USA)
Night Moves Kelly Reichardt (USA)
Sacro Gra Gianfranco Rosi (Italien)
Jiaoyou (Stray Dogs) Tsai Ming-liang (Taiwan, Frankreich)

(APA/dpa/Red.)

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