Hält Schmied Daten unter Verschluss?

Haelt Schmied Daten unter
Haelt Schmied Daten unter(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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In einem anonymen Brief beklagen Mitarbeiter des ministeriumsnahen Bifie-Instituts, dass von ihnen erhobene Daten zurückgehalten werden.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) wird neuerlich mit schweren Vorwürfen konfrontiert: Sie halte wissenschaftliche Daten aus politischen Gründen unter Verschluss. Das behauptet nicht irgendjemand. Sondern Mitarbeiter des ministeriumsnahen Bildungsforschungsinstituts (BIFIE).

In einem anonymen Brief, der der „Presse“ vorliegt, berichten die Mitarbeiter, dass das BIFIE im Laufe des Vorjahrs wissenschaftliche Daten zum Bedarf an Unterstützungskräften an den Schulen erhoben habe. Das Institut wünschte sich, dass die Ergebnisse  noch im Dezember 2012 veröffentlicht würden. Dass diese bis heute nicht an die Öffentlichkeit gelangt sind, liegt laut Angaben der BIFIE-Mitarbeiter an der Ministerin. „Sechs Monate lang liegen unsere Resultate nun in der Schublade des BIFIE und der Ministerin“, heißt es in dem Brief. Ende Juni wurde dieser an Paul Kimberger, den Chef der Pflichtschullehrergewerkschaft, geschickt. Von wem der Brief genau stammt, ist unklar. Unterzeichnet wurde er mit den Worten „Mitarbeiterinnen des BIFIE (Namen trauen wir uns nicht zu nennen aus Angst um unseren Job)“.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Ministerin mit derartigen Vorwürfen konfrontiert sieht. Bereits Ende Juni äußerten die beiden Ex-Direktoren des BIFIE, Günter Haider und Josef Lucyshyn, ihren Unmut über die Vorgehensweise des Unterrichtsministeriums.
Der damals vorgebrachte Vorwurf: Schmied habe eine neuerliche Teilnahme an der OECD-Studie Talis aus politischen Gründen untersagt – und das, obwohl sich der wissenschaftliche Beirat des BIFIE klar für eine Teilnahme aussprach. Die Talis-Studie hätte ebenfalls Daten zum zum Bedarf an Unterstützungskräften erhoben. Der Unterrichtsministerin sei es zu gefährlich gewesen, derartige Ergebnisse während der Verhandlungen zum neuen Lehrerdienstrecht zu veröffentlichen, sagten sowohl Lucyshyn als auch Haider. Nachdem Österreich im internationalen Vergleich sehr wenig Unterstützungspersonal – also Sozialarbeiter und Schulpsychologen – einsetzt, hätten die Ergebnisse der Gewerkschaft in den Verhandlungen voraussichtlich Argumente geliefert. Diese Aussagen bestätigen auch die anonymen Mitarbeiter des BIFIE in ihrem Brief.

Details zu geheimen Ergebnissen

Doch warum gibt es nun trotz Absage der Talis-Studie eigentlich Daten zu diesem Thema? Als Reaktion auf die Absage der Talis-Studie habe der damalige Direktor Haider dafür gesorgt, dass „die von der Ministerin verbotenen TALIS Fragen zum Bedarf an Unterstützungskräften in anderen Untersuchungen des BIFIE 2012 untergebracht“ wurden. Nachdem das Ministerium aber auch diese Ergebnisse nicht veröffentlicht sehen wollte, entschlossen sich die Mitarbeiter nun, den zitierten anonymen Brief zu verfassen.

Dem Brief sind außerdem ausgewählte Ergebnisse beigelegt. Es zeigt sich, dass die Schulen tatsächlich einen großen Bedarf an zusätzlichem Unterstützungspersonal sehen. Laut Auswertung des BIFIE haben 69 Prozent der AHS-Unterstufen zusätzlichen Bedarf an Psychologen, bei den Hauptschulen sind es 62 Prozent (siehe Grafik).

Laut den Mitarbeitern gibt es noch mehr Daten, die flächendeckend in allen AHS, Volks- und Hauptschulen erhoben wurden. „Man müsste sie nur auswerten und bekanntgeben!“, heißt es im Brief. Das bestätigt der ehemalige BIFIE-Chef Haider: „Das sind exzellente Daten, die hier erhoben wurden. Das Problem ist, dass am BIFIE zwar wissenschaftlich gut gearbeitet wird, dass am Ende aber immer eine politische Entscheidung steht“, so Haider im Gespräch mit der „Presse“. „Im Endeffekt kann ein Politiker oder ein Mitarbeiter des Ministeriums eben gewisse Dinge verhindern.“

Schmied: Direktoren stimmten zu

Das Ministerium argumentierte schon im Juni, als derartige Vorwürfe erstmals bekannt wurden, dass hinter der Absage der Talis-Studie keine politischen, sondern sachliche und finanzielle Gründe standen. In einer aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage behauptet Schmied zudem, dass die Nichtteilnahme ohnehin gemeinsam mit Haider und Lucyshyn beschlossen worden sei. Dem widersprechen beide Ex-BIFIE-Direktoren vehement. Den neuen, anonym erhobenen Vorwurf wollte das Ministerium vorerst nicht kommentieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.9. 2013)

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