Strafen für ungebetene Werbeanrufe

Strafen fuer ungebetene Werbeanrufe
Strafen fuer ungebetene Werbeanrufe(c) FABRY Clemens
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Ein Callcenter-Chef fasste wegen Verfälschung der Telefonnummer 3700 Euro Geldstrafe aus. Auch sonst ist die Rechtsprechung des VwGHs hier recht streng.

Wien. Anrufe von Callcentern stören praktisch immer. Ob es um eine Umfrage oder die Bewerbung eines neuen Produkts geht, spielt dabei gar keine Rolle. Verärgern kann bei der Gelegenheit auch, dass der Anruf auf dem Display als anonym angezeigt wird.

Entweder man verweigert solche Anrufe aus Prinzip – dann hilft manchmal nur das Handyausschalten gegen das nervige Dauerklingeln. Oder man hebt ab, weil man wissen will, wer sich hinter „Unbekannt“ verbirgt. Und hat dann immerhin die Chance, dem Ärgernis rasch ein Ende zu bereiten. Einem Ärgernis, das es aber so gar nicht geben dürfte: die Nummer zu unterdrücken – genau das untersagt das Telekommunikationsgesetz (TKG) ausdrücklich.

Und nicht nur das allein. Wer zu Werbezwecken anruft, darf seine Rufnummer auch nicht verfälschen. Was unter einer Verfälschung zu verstehen ist, konkretisierte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) jüngst in der Entscheidung 2013/03/0052. Es ging um einen Fall, in dem ein Callcenter bei seinen Anrufen nicht seine eigene Nummer angab, sondern die seines Auftraggebers – auch das ist laut VwGH unzulässig und kann als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro geahndet werden. Im konkreten Fall fasste der Geschäftsführer des Callcenters 3700 Euro Strafe aus.

Werbeanrufe nur mit Einwilligung

Das Telekommunikationsgesetz will auch verhindern, dass Teilnehmer zu Werbegesprächen quasi gedrängt werden – und womöglich auch zu einem Vertragsabschluss. Wer zu Werbezwecken anruft, muss deshalb vorher die Einwilligung des Gesprächspartners einzuholen. Ob es sich bei dem Angerufenen um einen Konsumenten oder Unternehmer handelt, macht dabei keinen Unterschied – das stellte der Verwaltungsgerichtshof in einer anderen kürzlich veröffentlichten Entscheidung (2013/03/0048) klar.

Für die Zustimmung gibt es keine gesetzlichen Formerfordernisse. „Es muss aber jedenfalls klar sein, wozu man seine Einwilligung gibt. Also vor allem, welches Unternehmen die Telefonnummer nützen darf, um wofür zu werben“, so AK-Expertin Daniela Zimmer. Zwar kann man auch mündlich und theoretisch sogar konkludent zustimmen – also stillschweigend durch ein entsprechendes Verhalten. Der Spielraum dafür sei aber sehr eng, sagt Rechtsanwalt Lutz Riede, der bei Freshfields Bruckhaus Deringer im Bereich IP/IT tätig ist. „Das Verhalten des Nutzers muss eindeutig als Einwilligung zum Erhalt von Werbeanrufen bzw. E-Mails oder SMS zu verstehen sein.“ Es dürfe kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass der Nutzer genau das meint.

Ohne ausdrückliche Erklärung wird das selten der Fall sein. Dazu kommt, dass es, so Riede, „im Streitfall in aller Regel am Unternehmer liegen wird, das Vorliegen einer konkludenten Zustimmung zu beweisen“. Das sei regelmäßig schwierig, zumal die Rechtsprechung der Gerichte und Behörden „tendenziell nutzerfreundlich“ sei. Zu bejahen sei es allenfalls im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung.

Für bestehende Kunden gelten überhaupt eigene Regeln:Hat der Unternehmer im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss vom Kunden elektronische Kontaktdaten bekommen, darf er ihm auch ohne vorherige Einwilligung Werbepost oder -SMS für seine eigenen (ähnlichen) Produkte oder Dienstleistungen schicken. Er muss es dem Empfänger aber – bei der Datenerhebung und bei jeder übermittelten Nachricht – ermöglichen, weitere elektronische Werbung problemlos und kostenfrei abzulehnen. „Diese Ausnahme gilt aber nicht für Telefonanrufe zu Werbezwecken“, so Riede. Diese sind auch bei bestehenden Kunden ohne vorherige Zustimmung tabu.

Generell rät der Experte Unternehmen, die Einwilligung des Nutzers immer ausdrücklich einzuholen und zu dokumentieren. „Unter praktischen Gesichtspunkten – Stichwort Beweisbarkeit – ist eine schriftliche Einwilligung, ob elektronisch oder auf dem Postweg, immer die bessere Alternative.“

Die Tatsache, dass ein Teilnehmer – der selbst Unternehmer ist – in einem Telefonverzeichnis oder im Internet seine Kontaktdaten samt Unternehmensgegenstand veröffentlicht hat, kann laut VwGH nicht als konkludente Zustimmung interpretiert werden. Und auch wenn jemand für seine eigene Tätigkeit Werbung macht, heißt das noch lang nicht, dass er schlechthin damit einverstanden ist, Werbeanrufe zu erhalten.

Verträge gelten trotzdem

Verträge, die im Zuge von unerlaubten Werbeanrufen („Cold Calls“) zustande kommen, sind aber grundsätzlich trotzdem gültig. Diesbezüglich gibt es allerdings eine Ausnahme für Konsumenten: Werden einem Verbraucher Wetten oder Gewinnspiele aufgeschwatzt, ist das nichtig, wenn die vorherige Zustimmung zu dem Anruf fehlt. Dasselbe gilt, so AK-Konsumentenschützerin Zimmer, wenn die Zustimmungsklausel zu unbestimmt gefasst ist.

Bei sonstigen Geschäftsabschlüssen – etwa Aboverkäufen per Telefon – ist der Vertrag nicht unwirksam. Konsumenten haben aber ein erweitertes Rücktrittsrecht: „Die Rücktrittsfrist beginnt dann nicht mit dem Vertragsabschluss, sondern faktisch erst mit dem Erhalt der ersten Rechnung zu laufen“, so Zimmer. Hat das Unternehmen bestimmte Informationspflichten – etwa über das Rücktrittsrecht – nicht eingehalten, beträgt die Frist außerdem nicht bloß die sonst obligaten sieben Tage, sondern drei Monate.

Durch die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, die bis zum Jahresende umzusetzen ist, könnte die Regelung noch konsumentenfreundlicher werden: Sie sieht ab Mitte 2014 eine Option für die Länder vor, die Rechtsgültigkeit von Telefonverträgen an eine schriftliche Bestätigung zu binden. „Wir hoffen, dass das in Österreich so umgesetzt wird“, sagt Zimmer. Gespräche darüber gebe es, einen konkreten Begutachtungsentwurf noch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)

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