Der 300-Mio.-Euro- Erlös aus dem Verkauf sei das Minimum, das jetzt in die Modernisierung der warenhäuser fließen soll, sagt Handelsexperte Roeb.
Karstadt-Eigner Nicolas Berggruen und Signa hatten am Montag angekündigt, dass der Tiroler Rene Benko 75,1 Prozent am operativen Geschäft der Karstadt-Luxushäuser um das KaDeWe in Berlin übernimmt, auch die Mehrheit an den 28 Sport-Filialen fällt an Benko (>>>mehr dazu). Die Immobilien selbst gehörten ihm bereits. Im Gegenzug fließen rund 300 Millionen Euro, die Berggruen in das Karstadt-Kerngeschäft investieren will. Die Kartellbehörden müssen der Transaktion noch zustimmen.
Der deutsche Handelsexperte Thomas Roeb sieht in dem Teilverkauf die "letzte Chance für Karstadt". Dass nun 300 Millionen Euro in die Modernisierung fließen sollen, hält der Professor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg für "das Minimum, was man braucht, um die Warenhäuser wieder auf die Spur zu bringen", wie er der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag sagte. Bei den 83 "normalen" Warenhäusern des Essener Unternehmens ortet er einen erheblichen Investitionsstau. Die von Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen verkauften Teile hält er für das letzte Tafelsilber des Konzerns. Allerdings sei ungewiss, ob der für die Investitionen vorgesehene Millionenbetrag wirklich ausreiche.
Auch Marco Atzberger vom EHI Retail Institute äußerte im Interview mit n-tv, dass es für Berggruen und Karstadt jetzt zur Nagelprobe kommen werde, ob die 300 Mio. Euro tatsächlich in die Karstadt-Warenhäuser reinvestiert werden, wo auch dringender Investitionsbedarf bestehe. Oder verschwinde das Geld innerhalb der großen Karstadt-Gruppe. Ein Überleben von Karstadt hänge davon ab, ob in das richtige Konzept investiert werden, denn grundsätzlich seien Warenhäuser heute in einer schwierigen Situation, sagte der EHI-Experte.
ver.di fordert auch von Benko Tarifverträge
Auch die deutsche Gewerkschaft ver.di meldet sich nach dem Eigentümerwechsel zu Wort. Sie will durchsetzen, dass auch die an den Benko verkauften Teile des angeschlagenen Karstadt-Konzerns wieder Kollektivverträge anerkennen. Ziel der Gewerkschaft sei es, dass die gesamte Karstadt-Gruppe in die Tarifbindung zurückkehre, betonte ein Sprecher am Dienstag. Damit muss sich Benkos Signa-Holding darauf einstellen, dass ver.di auch für die Luxus- und Sporthäuser des Konzerns Tarifverträge fordert. Die Gewerkschaft sei bereit, darüber auch mit Benko oder Vertretern seiner Signa-Holding zu reden, betonte der Sprecher.
Das Karstadt-Management hatte im Mai eine "Tarifpause" für den Konzern bis 2016 verkündet - die Beschäftigten würden damit etwa nicht von künftigen Kollektivvertragserhöhungen im Handel profitieren, das Management spart sich millionenschwere Lohnerhöhungen.
Die Pläne stießen auf heftigen Widerstand bei den rund 20000 Mitarbeitern und der Gewerkschaft ver.di. Lange herrschte Funkstille. Nun wurde aber für den 23. und 24. September die erste Runde für die Verhandlungen zwischen Karstadt und ver.di angesetzt, zwei Wochen später soll das nächste Treffen stattfinden.
(APA/Reuters/dpa)