Asylkonflikt: Votivkirche geräumt

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Zwei Dutzend Asylwerber und Aktivisten besetzten erneut die Votivkirche. Die Erzdiözese beantragte die Räumung durch die Polizei - diese verlief weitgehend friedlich.

Wien. Kurz vor Weihnachten letzten Jahres marschierte eine Gruppe von Asylwerbern aus Traiskirchen nach Wien und besetzte die Votivkirche. Erst zweieinhalb Monate später und nach heftigem politischem Hickhack nahmen die Besetzer das Angebot an, ins Servitenkloster zu übersiedeln.

Kurz vor der Nationalratswahl versuchten einige dieser Asylwerber erneut, mediale Aufmerksamkeit zu erringen, und besetzten gestern, Sonntag, erneut die Votivkirche. Doch diesmal verlief alles anders: Gegen 15 Uhr war die Kirche geräumt – friedlich. Damit nicht neuerlich Personen eindringen können, wurde die Kirche für mindestens eine Woche gesperrt.

Es waren 17Asylwerber und zehn Sympathisanten, die gestern nach der Vormittagsmesse die Kirche nicht mehr verließen und sie für besetzt erklärten. Sie würden sich im Servitenkloster nicht mehr sicher fühlen, erklärten sie als Motiv. Außerdem wollten sie erneut auf die drastische Situation der Asylwerber in Österreich aufmerksam machen und wollten mit Kardinal Schönborn sprechen.

Vor dem Gotteshaus, das derzeit saniert wird, versammelten sich einige Dutzend Sympathisanten, die Parolen wie etwa „Abschiebung ist Folter!“ riefen und „sofortiges Bleiberecht für alle“ forderten.

Gleichzeitig formierten sich rund um die Kirche etwa 50 Polizisten, die vorerst einmal das Ergebnis der Gespräche zwischen Polizei- und Kirchenvertretern mit den Asylwerbern abwarteten. Doch die Ausgangslage der Verhandlungen war diesmal eine andere, denn die Erzdiözese hatte zu Mittag eine Räumung der Kirche beantragt. Michael Prüller, Sprecher der Erzdiözese bezeichnete das Vorgehen der Flüchtlinge zwar als einen Akt der Verzweiflung. „Es hat aber keinen Sinn, solche Verzweiflungshandlungen ewig aufrechtzuerhalten.“ Außerdem müsse man berücksichtigen, dass die Votivkirchen-Pfarrgemeinde unter der vergangenen Besetzung stark gelitten habe.

Keine Schubhaft

Den Besetzern wurde schließlich noch einmal das Angebot gemacht, freiwillig die Kirche zu verlassen: Die Personalien würden nicht aufgenommen, und sie könnten auch eine Pressekonferenz abhalten. Auch Grüne und Caritas appellierten an die Asylwerber, die Kirche zu verlassen. Doch alle Angebote wurden abgelehnt. Etwa ein Dutzend Polizisten ging sodann in die Kirche und begann mit der Feststellung der Identität jedes Einzelnen. Danach wurden sie aus der Kirche geführt. Die Aktion verlief weitgehend friedlich, eine Aktivistin musste aus der Kirche hinausgetragen werden. Schubhaft wurde über keinen verhängt, sagte Polizeisprecher Roman Hahslinger. Vor der Kirche gab dann ein Asylwerber nach dem anderen Statements ab. Sie hätten das Vertrauen in Kirche und Caritas verloren, sagten sie und kündigten weitere Aktionen an – ohne konkret zu werden. Anschließend gingen die meisten ins Servitenkloster zurück. Ob diese Besetzungsaktion strafrechtliche Konsequenzen hat, war vorerst nicht klar.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sagte, dass die Aktivisten hinter den Asylwerbern mittlerweile völlig entrückt zu sein schienen. Für FP-Chef Heinz-Christian Strache war diese Aktion eine gute Gelegenheit, das endgültige Scheitern der österreichischen Asylpolitik zu konstatieren und die Flüchtlinge „Mitglieder der Asyl- und Bettelmafia“ zu nennen.

Auf einen Blick

Ende vergangenen Jahres besetzten Asylwerber die Votivkirche. Kirche und Caritas setzten sich für sie ein und versuchten, einen Kompromiss mit der Polizei zu erringen. Am 3. März ziehen die Flüchtlinge ins Servitenkloster. Gestern, Sonntag, haben 17 Asylwerber erneut die Kirche besetzt. Nach wenigen Stunden wurde sie friedlich von der Polizei geräumt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2013)

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