(Fast) freie Hand für Heinz Fischer

FPOe-CHEF STRACHE BEI BP FISCHER
FPOe-CHEF STRACHE BEI BP FISCHERAPA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Der Bundespräsident kann allein entscheiden, wen er zum Kanzler ernennt. Doch gegen das Parlament würde er sich auf Dauer nicht durchsetzen.

Wien. Eines hört Ludwig Adamovich, Ex-Präsident des Verfassungsgerichtshofs und aktuell juristischer Berater von Heinz Fischer, gar nicht gern. Nämlich, wenn in Medien nur von der Angelobung der Regierung durch den Bundespräsidenten die Rede ist. „Das ist doch noch die alte Rechtslage von 1920. Damals hat der Bundespräsident nur angeloben dürfen“, sagt Adamovich im Gespräch mit der „Presse“. Seit 1929 aber dürfe das Staatsoberhaupt die Regierungsmitglieder auch ernennen. Ein gewichtiger Unterschied: Denn nun kann der Präsident völlig unabhängig – und damit auch losgelöst von den Wünschen der Parteienvertreter – entscheiden, welche Koalition er gutheißt und wen er zum Kanzler macht.

Die Freiheit Fischers geht so weit, dass er jeden Österreicher ab 18 Jahren zum Kanzler machen kann. Einer Partei oder gar dem Nationalrat angehören muss der Kanzler grundsätzlich nicht. Bei den Ministern hat dann zwar der Kanzler das Vorschlagsrecht, aber auch hier darf der Bundespräsident frei entscheiden, ob er jemanden zum Minister macht oder nicht. Zuletzt soll Thomas Klestil dieses Recht genutzt haben, als er bei der Bildung der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 Thomas Prinzhorn und Hilmar Kabas als nicht würdig für den Ministerposten erachtet hat. Begründen muss der Bundespräsident seine Entscheidung – zumindest rechtlich betrachtet – nicht.

Gespräche dürfen nicht zu lange dauern

Hat Fischer Adamovich schon im Zusammenhang mit der Regierungsbildung konsultiert? „Nein, wir haben darüber nicht gesprochen. Es hat sich auch keine Notwendigkeit dafür ergeben“, sagt der einstige Höchstgerichtschef. „Die Dinge sind an sich ja ziemlich klar. Das Ganze ist eine Entscheidung des politischen Ermessens.“ Rechtlich diffizil könne es nur dann werden, wenn die Koalitionsverhandlungen auffallend lange dauern, meint Adamovich. Denn die jetzige Regierung ist seit ihrer Demission am Dienstag und der neuerlichen Angelobung durch Fischer nur mehr eine „einstweilige“, wie es in der Verfassung heißt. Sie darf also nicht allzu lange im Amt sein. Wann die Zeit abgelaufen ist, liegt jedoch wieder im Ermessen des Bundespräsidenten. „Aber er könnte dann alles Mögliche machen, etwa ein Kabinett einsetzen, das aus Experten besteht“, sagt Adamovich.

Trotz aller Freiheiten muss sich der Bundespräsident gut überlegen, wen er in die Regierung holt. Denn die neue Regierung muss sich innerhalb einer Woche dem Nationalrat vorstellen. Und die Abgeordneten können dort per Mehrheitsbeschluss wieder einzelne Minister oder auch die gesamte Regierung absägen.

Wenn die Abgeordneten gar nicht mit dem Handeln des Bundespräsidenten einverstanden sind, könnten sie auch die Absetzung des Staatsoberhaupts in die Wege leiten. Das ist aber mehr ein theoretisches Szenario, zumal es dafür Beschlüsse des Nationalrats und der Bundesversammlung (National- und Bundesrat gemeinsam) sowie einer Volksabstimmung bedarf. Zudem wäre das Unterfangen auch für die Abgeordneten risikoreich: Denn entscheidet das Volk, dass es den Bundespräsidenten doch im Amt belassen möchte, würde stattdessen der Nationalrat aufgelöst werden. Neuwahlen müssten stattfinden.

Faktisch bleibt die Regierungsbildung somit eine Aufgabe, die der Bundespräsident gemeinsam mit den Parteichefs lösen muss. Die besseren Karten hat im Regierungspoker aber immer der Mann, der in der Hofburg sitzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ARCHIVBILD: SCHUESSEL/KLESTIL/HAIDER
Innenpolitik

Der Präsident zwischen Macht und Ohnmacht

Österreichs Bundespräsidenten der Zweiten Republik wollten traditionell eine Große Koalition. Durchsetzen konnten sie sich nicht immer.
Leitartikel

LEITARTIKEL: Die Tapetentür zur FPÖ geht nicht mehr zu

Heinz Fischer bleibt vermutlich der merkwürdigste Moment seiner Karriere erspart: die Angelobung einer rot-blauen Regierung. Schade eigentlich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.